Download Flyer: Informationsverhalten

Für Kinder ist das Internet inzwischen zu einer wichtigen Informationsquelle geworden, die sie neben, aber auch anstelle der traditionellen Printmedien nutzen. Über die Informationsbedürfnisse der Kinder und über ihr Suchverhalten, insbesondere auf Suchmaschinen, ist aber nur wenig bekannt. Soll Kindern das Internet als Quelle für Information und Wissen erschlossen werden, ist zunächst ihr Informationsbedarf und -ziel sowie ihr Rechercheverhalten zu ermitteln, damit über die Vermittlung von gezieltem "Funktionswissen" ihre Internetkompetenz gestärkt werden kann. Es soll also die Förderung der Informationskompetenz der Kinder nicht auf die Handhabung der digitalen Technik und der Suchmaschinen reduziert werden, wie von Medienpädagogen häufig befürchtet. Die technisch-praktischen Fertigkeiten sind im Kontext des Informierens immer mit kognitivem Verstehen und der Bewertung der Informationen - zumindest mit Blick auf den persönlichen Nutzen - verknüpft. Nimmt man die bildungs- und gesellschaftspolitischen Befürchtungen ernst, mit mangelnden Informationskompetenzen bliebe die Wissensdistribution und Meinungsbildung dem Diktat der Suchmaschinen überlassen, dann ist es notwendig, dass die schulischen und außerschulischen Bildungsinstitutionen die Informationskompetenz der Kinder zwar mit Werkzeugen aus der Erwachsenenwelt, aber doch auf kindgerechten Suchmaschinen fördern.

Zielsetzung

Anhand von Suchmaschinenprotokollen sollen die Zugangswege der Kinder zu Kindersuchmaschinen, ihre Suchanfragen und ihre Trefferauswahl analysiert werden. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, welche Interessen und Themen der Kinder durch Kindersuchmaschinen bedient werden. Gleichzeitig geht es aber auch darum herauszufinden, durch welche Voraussetzungen und Bedingungen die Informationskompetenz der Kinder gefördert werden kann. Eine Online-Befragung sowie Recherchen mit 6- bis 13-jährigen Kindern werden deshalb die quantitative Auswertung der Suchmaschinenprotokolle ergänzen. Damit soll aufgedeckt werden, welche Informationen sich Kinder über die Kindersuchmaschinen erschließen und wie sie dies mit den verfügbaren Suchwerkzeugen tun. Vor dem Hintergrund, dass viele Kinder im ungeschützten Raum der allgemeinen Suchmaschinen recherchieren, wird zudem der Frage nachgegangen, ob sich das Informationsverhalten von Kindern auf Erwachsenen- und Kindersuchmaschinen unterscheidet und inwieweit die Auswahl der Suchmaschinen interessegeleitet oder sozial bedingt ist. Es soll erforscht werden, inwieweit eine Medienpädagogik für und mit Kindern aufgefordert ist, sich verstärkt der Vermittlung technologischen Wissens zu öffnen, damit die Kinder das Suchen im Netz nicht nur begreifen, sondern auch beherrschen können. Kindersuchmaschinen sind digitale Kinderbibliotheken, die den Kindern den Zugriff auf ausgewählte Internetangebote ermöglichen. Es obliegt also den Erziehenden, sich die nötigen Recherche- bzw. Informationskompetenzen anzueignen, damit Kinder diese Angebote überhaupt und auch angemessen wahrnehmen können.

Die Untersuchungsschwerpunkte liegen auf den folgenden Fragestellungen:

  • Von welchen Kindern werden Kindersuchmaschinen, von welchen allgemeine Suchmaschinen genutzt?
  • Wie ist das Suchmaschinenangebot für Kinder gestaltet und aus medienpädagogischer Perspektive zu bewerten?
  • Wonach suchen Kinder, wie verhalten sie sich auf Suchmaschinen, wie gehen sie mit den Suchwerkzeugen um?
  • Welche Anforderungen stellen Suchmaschinentechnologie und „Suchmaschinenlogik“ an Kinder und welches Wissen benötigen Kinder, um sie erfolgreich nutzen zu können?
  • Wie beurteilen Kinder die Suche auf Kindersuchmaschinen und auf allgemeinen Suchmaschinen? Sind sie in der Lage, dabei auch ihr eigenes Suchverhalten, die Suchergebnisse und deren Informationsgehalt zu reflektieren?
  • Können Kindersuchmaschinen die Suchinteressen der Kinder bedienen und tragen sie mit ihrem inhaltlichen Zuschnitt entscheidend zur Wissensdistribution bei?
  • Werden Informationsbedürfnisse und Rechercheziele von Mädchen und Jungen, insbesondere im Übergang von der Vorpubertät zur Pubertät, durch das Suchen auf Kindersuchmaschinen eingeschränkt und führt dies ggf. zu einer Abwanderung zu „unsicheren“, allgemeinen Suchmaschinen?

 Die Analyse des Informationsverhaltens der Kinder im Netz wird in Kooperation mit den Betreibern der Kindersuchmaschinen "Blinde Kuh", "fragFinn" und "Helles Köpfchen" durchgeführt, die ihre Logfiles für diese Untersuchung zur Verfügung stellen. Das Rechercheverhalten der Kinder wird in Zusammenarbeit mit den Kinderredaktionen von jugendschutz.net (Mainz) und SIN - Studio im Netz (München) untersucht. Die repräsentativen Daten zur Suchmaschinennutzung werden im Rahmen der "KIM-Studie 2010" vom Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zur Verfügung gestellt.

Konzeption und Methoden

In einer Wissens- und Informationsgesellschaft ist es unabdingbar, die Informationskompetenz der Menschen zu fördern. Informationskompetenz umfasst neben den Recherchefertigkeiten, die rationale Auswahl, kritische Evaluation, produktive Weiterverarbeitung sowie gesellschaftspolitische Verortung und soziale Verantwortung im Umgang mit Informationen; insofern ist Informationskompetenz ein Teilbereich der Medienkompetenz. Ohne Frage muss die Fähigkeit der Individuen zur interaktiven Nutzung von Wissen und Information bereits im Kindesalter gefördert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Kinder lernen, sich nicht nur mit einer singulären Informationsquelle zu behelfen. Dies setzt aufseiten der Anbieter voraus, dass sowohl die Diversität als auch die Transparenz der Suchmaschinen gewährleistet ist. Kindersuchmaschinen haben sich darüber hinaus im besonderen Maße den Fragen des Kinder- und Jugendmedienschutzes zu stellen und diese für sich selbst zu lösen. Information und Medienpädagogik gehen auf den Kindersuchmaschinen eine gesellschaftspolitische Verbindung ein, die aus Sicht sowohl der Erwachsenen als auch der rechtlichen Normen definiert, was kindgerecht ist.

Aus Subjektperspektive geht es weniger um das Kindersuchmaschinenangebot an sich, als vielmehr darum, nach was Kinder suchen, das heißt um die Informationsbedarfe, die Kinder selbst formulieren. Diesem inhaltlichen Verhältnis von "Angebot und Nachfrage" entspricht auf der methodischen Seite, das Verhältnis von Suchwerkzeugen auf den Datenbanken und Recherchekompetenzen der Kinder. Die Frage, ob Kinder auf Suchmaschinen die Informationen finden können, die sie suchen, ist deshalb auf zweifache Weise zu untersuchen: einerseits aus Perspektive der objektiven und andererseits der subjektiven Erschließung von Informationen. Letzteres umfasst nicht nur die Fähigkeit zu "suchmaschinengerecht" formulierten Suchanfragen, sondern auch die zur Auswahl und Bewertung der Ergebnisse für den Recherchezweck.

Bei der Durchführung der Studie wird sowohl mit quantitativen als auch qualitativen Erhebungsmethoden gearbeitet:

  • Angebotsanalysen
    Inhaltsanalytische Deskription deutschsprachiger Kindersuchmaschinen: Selbstdarstellung, Elterninformationen, Erklärung zum Kinder- und Datenschutz, Interface und Zusatzangebote für Kinder. Evaluation des Contents durch Testanfragen. Expertengespräche mit den Anbietern der Suchmaschinen "Blinde Kuh", "fragFinn" und "Helles Köpfchen" zu ihren pädagogischen Konzepten, zur Generierung der Suchmaschineninhalte und Technik der Suchwerkzeuge.
  • Gruppeninterviews
    Gespräche mit 6- bis 13-Jährigen Kindern über ihre Rechercheerfahrungen und zu ihren Suchmaschinenpräferenzen (Kinder- und Erwachsenen-Suchmaschinen). Diese zielen einerseits darauf, Fragen für die quantitativen Erhebungen zu generieren und anderseits darauf, Kinder aufzufinden, die von Haus aus nur allgemeine Suchmaschinen nutzen. Aus Letzteren wird eine Kontrollgruppe für die teilnehmende Beobachtung der Nutzer von Kindersuchmaschinen gewonnen.
  • Logfile-Analysen
    Quantitative Analyse der Suchanfragen und des Rechercheverhaltens von Kindern auf Kindersuchmaschinen. Ermittlung des Informationsbedarfs. Verwendungsanalyse der Angebote auf der Benutzeroberfläche (Unterhaltungs- und Sachangebote sowie meinungsbildende Inhalte).
  • Quantitative Befragungen
    Online-Befragung der Zielgruppe Kinder auf den Suchmaschinen "Blinde Kuh", "fragFinn" und "Helles Köpfchen" zu Anlässen, Zugang, Kontexten und Verwendung von Recherchen. Erhebung repräsentativer Referenzdaten zur Suchmaschinennutzung. Entwicklung eines Fragenkomplexes - gemeinsam mit dem Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest - im Kontext der "KIM-Studie 2010", um die Reliabilität der Daten aus der Onlinebefragung prüfen zu können.
  • Teilnehmende Beobachtungen
    Durchführung von Internetrecherchen mit Kindern auf Kindersuchmaschinen, aber auch auf allgemeinen Suchmaschinen (Kontrollgruppe). Die Beobachtungsschwerpunkte liegen auf den Auswahlkriterien der Kinder bei der Entnahme und Weiterverarbeitung von Informationen, die Aufschluss über die Informationskompetenz, die sog. "Big 6 Skills", im Kindesalter geben. Dabei wird auch die "Usability" der Suchmaschinen aus Kinderperspektive berücksichtigt. Die Auswertung erfolgt mit Hilfe einer intersubjektiven Inhaltsanalyse.

Ergebnisse

Geplant ist, Grundlagen für die Entwicklung medienpädagogischer Handreichungen zum Umgang mit Suchmaschinen und insbesondere zur Förderung der Informationskompetenz von Kindern zu erarbeiten. Diese werden sowohl die Kinderperspektive auf das Informieren im Internet enthalten (Befragungsergebnisse) als auch die Besonderheiten des Rechercheverhaltens der Kinder beschreiben (Beobachtungsergebnisse). Nicht zuletzt werden die Rahmenbedingungen der Erreichbarkeit digitaler Dokumente für Kinder aus Anbieterseite aufgezeigt, um pädagogische Erwartungen und Anforderungen an das zielgerichtete und sichere Recherchieren von Kindern im Netz realistisch einschätzen zu können.

 

Das Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) der Europäischen Union gefördert.

 

Kontakt

+49 89 62306-592
Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2
81541 München

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