Die sozialwissenschaftliche Forschung wendet sich seit einigen Jahren verstärkt dem Thema Fachkräftemangel in personenbezogenen Dienstleistungsberufen zu. Besonders betroffen sind die Berufsfelder Kindertagesbetreuung und Altenpflege. In diesem Zusammenhang wird auch über die Möglichkeiten und Risiken von Quereinstiegen diskutiert.

In den Bundesländern existieren hierzu unterschiedliche Regelungen und Ansätze, deren Auswirkungen bisher nicht systematisch beobachtet werden. Angesichts der parallel geführten Professionalisierungsdebatte in beiden Berufsfeldern wird jedoch vielfach befürchtet, dass die Öffnung für Quereinstiege in Richtung einer Dequalifizierung wirkt und zu einer Qualitätseinbuße in Kindertages- bzw. Pflegeeinrichtungen führt. Es besteht daher ein Bedarf an empirischen Erkenntnissen zu den Effekten verschiedener Modelle von Quereinstiegen sowie zu Rahmenbedingungen, die gewährleisten, dass die hohen fachlichen Anforderungen in beiden Berufsfeldern erfüllt werden können.

 

Die Studie untersucht unter einer arbeitsmarktpolitischen Perspektive, welche Gruppen durch Maßnahmen zum Quereinstieg angesprochen werden, wie sie in das neue Arbeitsfeld einmünden, welche Erfahrungen sie machen und welche Perspektiven sich ihnen langfristig bieten. Unter einer professionstheoretischen Perspektive wird beleuchtet, wie Qualifizierungspfade gestaltet werden und welche Spannungen, aber auch Anknüpfungspunkte Quereinstiege im Hinblick auf die geforderte Kompetenzorientierung beider Berufsfelder aufweisen. Hierbei wird an die Debatte um die geschlechtsspezifische Konstruktion der genannten Berufe und die Professionalisierungsdebatte angeknüpft. Unter einer organisationstheoretischen Perspektive werden schließlich die Auswirkungen von Quereinstiegen auf den Mikrokosmos der Einrichtungen in den Blick genommen. Es wird gefragt, welche Dynamiken in den Teams und welche Anforderungen an Arbeitsorganisation und Personalentwicklung sich durch eine heterogene Belegschaft ergeben.

Die Untersuchung basiert auf qualitativen Fallstudien, die Quereinstiege in die Berufsfelder Kindertagesbetreuung und Altenpflege aus der Perspektive der Quereinsteigenden sowie aus der Perspektive von Einrichtungsträgern und Pflegedienstleitungen beleuchten. Hierbei werden verschiedene Muster des Quereinstiegs einbezogen, die zunächst auf Basis einer bundesweiten Bestandsaufnahme identifiziert werden. Mittels problemzentrierter Interviews werden ca. 20 Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen zu Motiven, durchlaufenen Qualifizierungswegen, Erfahrungen im neuen Arbeitsfeld und beruflicher Identität befragt. Parallel dazu werden Experteninterviews mit Einrichtungsleitungen in der Kindertagesbetreuung sowie Leitungen von Pflegediensten, die Quereinsteigende beschäftigen, durchgeführt und deren Erfahrungen erhoben. Die Auswertung der problemzentrierten Interviews erfolgt rekonstruktiv in Anlehnung an die dokumentarische Methode; die Experteninterviews werden inhaltsanalytisch ausgewertet.

Der demografische Wandel führt in Deutschland nicht nur zu einer stetigen Alterung der Bevölkerung, sondern auch zu einer sinkenden Zahl an Erwerbspersonen. Die sozialen Dienstleistungsberufe als „helfende Professionen“ sind von diesen Entwicklungen doppelt betroffen: Die Fachkräfte sind bereits jetzt Mangelware, während die Zahl ihrer Klienten ungebremst wächst. Ähnlich wie in der Altenpflege stellt sich auch in der Kindertagesbetreuung daher zunehmend die Frage der Qualität und ihrer Sicherung. Das Spannungsverhältnis zwischen Arbeitskräftebedarf einerseits und Professionalisierungsbemühungen andererseits eröffnet eine sich heterogen entwickelnde Ausbildungslandschaft, die gleichermaßen Quereinstiege wie Akademisierung ermöglicht. Die eintägige Konferenz wirft einen interdisziplinären Blick auf Ausbildungswege, Kompetenzprofile und Qualitätsansprüche. Veranstaltet wird sie gemeinsam vom Deutschen Jugendinstitut, der Alice-Salomon-Hochschule Berlin und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Berlin.

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