Kinder von 0-3 Jahren in Deutschland nach Corona
Das Projekt „Kinder von 0-3 Jahren in Deutschland nach Corona“ ist Teil der Fachgruppe 4 „Frühe Hilfen“ der Abteilung „Familie und Familienpolitik“ im Deutschen Jugendinstitut (DJI). Das Projekt wird vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH), getragen von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut (DJI), aus Mitteln der Bundesstiftung Frühe Hilfen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.
Forschungsergebnisse aus verschiedenen Disziplinen, von der Entwicklungspsychologie bis zur Public Health, haben wiederholt gezeigt, dass frühkindliche Erfahrungen für die menschliche Entwicklung von entscheidender Bedeutung sind (Shonkoff/Garner 2012). Die Corona-Pandemie hat den Alltag vieler Familien mit jungen Kindern stark beeinflusst (Racine u.a. 2022). Im Rahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ der Bundesregierung wurde die Studie „Kinder in Deutschland 2022 – KiD 0-3 2022“ in einer Kooperation zwischen dem NZFH, DJI und dem NZFH, BZgA auf den Weg gebracht und durchgeführt. Es handelt sich dabei um eine erweiterte Replikation der Studie „Kinder in Deutschland – KiD 0-3 2015“ (Eickhorst u.a. 2015).
Folgende zentrale Forschungsfragen werden untersucht:
- Wie geht es Familien und Kindern während bzw. nach Corona?
- Wie ist die Verteilung von familialen Belastungslagen und Ressourcen in Deutschland?
- Wie sieht die Inanspruchnahme von Unterstützung für Familien aus und wie hilfreich sind diese Angebote?
Die Studie „KiD 0-3 2022“ soll mithilfe repräsentativer Daten Aufschluss über die Verbreitung familiärer Belastungen und Ressourcen sowie die pädiatrische Einschätzung zum Gesundheitsstatus und Entwicklungsstand der Kinder nach der Corona-Pandemie bieten. Weiterhin sollen mithilfe der Studie aktualisierte Daten zur Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten erhoben und Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie hilfreich diese Angebote für Familien sind. Zudem soll erfasst werden, wie es Familien mit Kleinkindern während bzw. nach der Pandemie geht und auch einen ersten Einblick in mögliche Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine auf die Situation von Familien mit jungen Kindern in Deutschland geben.
Im Rahmen des Aktionsprogramms werden neben der Studie „KiD 0-3 2022“ zwei weitere Teilprojekte umgesetzt: Zum einen wird ein Evaluationstool zur Bewertung der Nutzung und Akzeptanz digitaler Angebote in den Frühen Hilfen von Ländern und Kommunen entwickelt, um daraus Rückschlüsse für den Stand des Ausbaus und die Weiterentwicklung von digitalen Angebote ziehen zu können. Zum anderen wurde eine systematische Literaturrecherche zu Belastungen von Familien durch Corona durchgeführt (Ghezih u. a. eingereicht). Da bisher wenig dazu bekannt war, wie Eltern die pandemischen Einschränkungen erlebten und wie sich Unterstützungsangebote im Laufe des pandemischen Geschehens veränderten, sollten Forschungsbefunde zu Familien mit Kindern zwischen 0 und 3 Jahren bzw. 0 und 5 Jahren gesichtet werden. So sollten Familien mit hoher psychosozialer Belastung identifiziert und den aufgrund der Corona-Pandemie gestiegenen Unterstützungsbedarf besser eingeschätzt werden. Während die beiden Teilprojekte Ende 2022 abgeschlossen werden, wird die Studie „KiD 0-3 2022“ zunächst bis Ende 2023 weitergeführt.
„Evaluationstool“
Für die Entwicklung des Evaluationstools wurden Landeskoordinierende der Frühen Hilfen zu bestehenden digitalen Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern befragt, um eine Übersicht über bestehende Angebote und deren Zielsetzung, die bisherigen Zielgruppen (Familien, Fachkräfte, andere) und etwaige Evaluationsbemühungen in den Kommunen zu gewinnen. Anschließend wurde ein Evaluationstool zur Bewertung der Angebote in Rücksprache und mit verschiedenen Feedbackschleifen mit den Kommunen erstellt. Das Evaluationstool soll den Kommunen in Kürze zur Verfügung gestellt werden.
„Systematische Literaturrecherche zu psychosozialen Belastungen von Familien mit jüngeren Kindern während Corona“
Um eine Übersicht über die internationale Literatur zu erhalten, wurde eine systematische Literaturrecherche mit verschiedenen Begriffen in unterschiedlichen Suchmaschinen, wie etwa PubMed und APA PsycArticels durchgeführt. Mithilfe der systematischen Suche und Einschlusskriterien konnten schließlich 14.776 Treffer erzielt werden, wovon schließlich 20 Artikel mit N=17.995 Familien zur Beantwortung der Forschungsfragen verwendet werden konnten. Die Ergebnisse werden in einem wissenschaftlichen Beitrag zusammengefasst und in Kürze veröffentlicht.
Studie „KiD 0-3 2022“
Innerhalb eines repräsentativ ausgewählten Sample an Kinder- und Jugendarztpraxen wurden ein Elternteil im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen (U3 bis U7a) befragt. Die Mütter und Väter füllten einen Online-Fragebogen zu familialen Belastungen, Ressourcen sowie der Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten aus. Zusätzlich füllte die Kinderärztin oder der Kinderarzt einen kurzen Dokumentationsbogen zur ärztlichen Einschätzung des Gesundheits- und Entwicklungsstand des Kindes aus. Die Durchführung wurde bis Ende 2022 abgeschlossen. Mit den Datenauswertungen und der Dissemination der KiD 0-3-Ergebnisse wurde Anfang 2023 begonnen.
„KiD 0-3 Ukraine“
Aufgrund des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 wurde die Studie „KiD 0-3 2022“ um eine Zusatzerhebung erweitert, bei der aus der Ukraine geflüchtete Eltern mit mindestens einem Kind im Alter unter 48 Monaten befragt wurden. So soll eine Einschätzung der Situation und Versorgungslage der betroffenen Familien gewonnen werden. In diesem Rahmen wurden sowohl eine quantitative schriftliche Befragung mittels Fragebögen als auch qualitative Interviews durchgeführt. Eine weiterführende qualitative Datenauswertung sowie die Aufbereitung und Auswertung der quantitativen Daten und Dissemination der Ergebnisse führt aktuell NZFH, BZgA in Kooperation mit dem NZFH, DJI durch.
„KiD 0-3 Vertiefungsstudie“
Auf Basis der repräsentativen Studie „KiD 0-3 2022“ ist eine vertiefende Befragung eines Teils der Familien geplant. Die Familien sollen einen kurzen Fragebogen zu psychosozialen Belastungen und der kindlichen Entwicklung ausfüllen und an einem Interview teilnehmen, um mehr über die Erreichbarkeit von psychosozial belasteten Familien und ihrer Haltung gegenüber Unterstützungsangeboten in Erfahrung zu bringen. Zusätzlich soll eine Beobachtung der Eltern-Kind-Interaktion im häuslichen Umfeld der Familien durchgeführt werden. So können Rückschlüsse auf die Beziehungsqualität zwischen Kind und Eltern sowie auf die kindliche Entwicklung gezogen werden.
Shonkoff, Jack P./Garner, Andrew S. (2012): The lifelong effects of early childhood adversity and toxic stress. In: Pediatrics, 129. Jg., H. 1, S. 232–246
Racine, Nicole/Eirich, Rachel/Cooke, Jessica/Zhu, Jenney/Pador, Paolo/Dunnewold, Nicole/Madigan, Sheri (2022): When the bough breaks: A systematic review and meta-analysis of mental health symptoms in mothers of young children during the COVID- 19 pandemic. In: Infant Mental Health Journal, 43. Jg., H. 1, S. 36–54
Eickhorst, Andreas/Brand, Christian/Lang, Katrin/Liel, Christoph/Neumann, Anna/Schreier, Andrea/Renner, Ilona/Sann, Alexandra (2015): Die Prävalenzstudie „Kinder in Deutschland – KiD 0-3“ zur Erfassung von psychosozialen Belastungen und Frühen Hilfen in Familien mit 0-3-jährigen Kindern. Studiendesign und Analysepotential. In: Soziale Passagen, 7. Jg., H. 2, S. 381–387