Das Forschungsprojekt BegeFa ist ein Kooperationsprojekt mit dem Lehrstuhl für Urban Design an der Technischen Universität München (TUM). Das DJI beforscht vor dem Hintergrund tiefgreifender Veränderungen in der Arbeitswelt, im Bereich des Wohnens sowie in der Stadtentwicklung den Zusammenhang zwischen Mischnutzung in gemeinschaftlich organsierten (Wohn-)Projekten und der Herstellung von Familie im Sinne des Doing Family (Jurczyk 2020). Der Fokus liegt dabei auf der Verknüpfung von Care-Arbeit und ortflexibler bzw. wohnortnaher Erwerbsarbeit in diesen multifunktionalen Wohn-Arbeitssettings. Dabei wird die Perspektive von Eltern sowie von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt, sowie das Wissen von Expert:innen mit einbezogen. Die Erhebungen sollen außerdem die Grundlage für eine angestrebte zweite vertiefende Projektphase sein.

Angesichts des hohen Wohnraumbedarfs, steigender Bau- und Wohnkosten, der Baulandverknappung sowie der stärkeren Gewichtung von Nachhaltigkeit infolge der Klimakrise gewinnt die Konversion von Bestandsgebäuden hin zum Wohnen an Bedeutung. Sie ist städtebaulich, typologisch und wirtschaftlich herausfordernd, ermöglicht jedoch alternative Wohnformen sowie kleinteilige Mischnutzungen (Peer/Forlatti 2017). Insbesondere gemeinschaftliche (oft genossenschaftliche) Projekte realisieren differenzierte Wohnbedürfnisse in Kombination mit Gewerbe, Coworking, Kultur- und Bildungsangeboten sowie sozialer Infrastruktur (Bähr u.a. 2020). Parallel verändert sich die Arbeitswelt. Die nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie beschleunigte Digitalisierungen führt zu einer Zunahme von mobilen, ortsflexiblen Arbeitsformen, die auch Homeoffice einschließen (Overebeck-Gurt u.a. 2023). Dadurch verändern sich auch die Anforderungen an das Wohnen und das Wohnumfeld. Gerade für Familien birgt die räumliche Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten Chancen wie Herausforderungen, den Familienalltag im Spannungsfeld zwischen Care- und Erwerbsarbeit zu organisieren (Mikats 2021).

Die wohnräumliche Dimension des Familienalltags und der Vereinbarkeit von Care und Erwerbsarbeit wird in der familienwissenschaftlichen Forschung aktuell noch wenig berücksichtigt. Auch gerade das Zusammenspiel von kleinteiliger Nutzungsmischung im Kontext gemeinschaftlichen Wohnens und ortsflexiblem Arbeiten mit den Praktiken des Familienalltags wurde bislang noch wenig untersucht. Hier setzt das Projekt an.

Gemeinschaftliche Wohnformen, die über Konzepte der Mischnutzung multifunktional ausgerichtet sind, bieten ein spezifisches Untersuchungsfeld, um die Verschränkung von Wohnbedingungen, familienbezogener Care-Arbeit und neuen Arbeitsformen zu beforschen. Anknüpfend an die Vorarbeiten im Projekt „Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen“ (FageWo) thematisiert das DJI-Teilprojekt aus der Perspektive von Familien in explorativer Weise die (wohn-)räumliche Verschränkung kleinteiliger Mischnutzung in gemeinschaftlich organisierten (Wohn-)Projekten mit Erwerbsarbeit von Zuhause aus und familienbezogener Care-Arbeit. Es geht der Forschungs­frage nach, ob und inwieweit gemeinschaftliche, multifunktionale Umnutzungsstrategien einen Beitrag zur Alltagsbewältigung zwischen Fürsorge und Erwerbsarbeit leisten können.

Die Studie bezieht die Perspektive der Eltern ebenso wie die von Kindern und Jugendlichen auf diese spezifischen Arrangements von Wohnen, Care- und Erwerbsarbeit ein. Sie richtet ihr Augenmerk dabei insbesondere auf geschlechtsspezifische Differenzierungen der Arbeitsteilung, Vereinbarkeits­arrangements, verschiedene Formen der Grenzziehung zwischen (Familien-)Alltag und Erwerbsarbeit, nachhaltige Lebensweisen sowie Entwicklungs- und Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen.

Das DJI-Projekt legt ein multimethodisches Forschungsdesign an:

Im Mittelpunkt stehen drei explorative Gruppeninterviews mit Eltern sowie eines mit Kindern und Jugendlichen zum aktuellen Familienalltag in diesen spezifischen Wohn-Arbeitsarrangements. Dabei werden unterschiedliche familiale Lebensformen berücksichtigt. Retrospektiv sollen auch die Erfahrungen zur Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit während der Lockdownphasen der Corona-Pandemie thematisiert werden.  

Sechs leitfadengestützte Interviews beziehen die Erfahrung und das Wissen von Expert:innen aus der Praxis wie aus der Wissenschaft in relevanten Handlungs- und Wissensfeldern in die explorative Studie mit ein.

Darüber hinaus unterstützt das DJI die systematische Recherche einschlägiger Gemeinschaftsprojekte an der TUM sowie die Erarbeitung einer strukturierten und kategorisierten Projektsammlung gemeinschaftlich organisierter, nutzungsgemischter Wohnprojekte. Die Erarbeitung raum- und sozialwissenschaftlicher Kriterien ermöglicht eine kriteriengeleitete Auswahl von Projekten für eine vertiefte Beforschung im Rahmen von Fallstudien im zweiten Projektteil.

Ein partizipativer Workshop mit Expert:innen der Praxis der Wohnprojekte sowie mit Vertreter:innen aus Politik und Bauwirtschaft am Ende der Projektlaufzeit ermöglicht es, das Erkenntnisinteresse aus der Praxis in den Forschungsprozess der zweiten Projektphase einzubeziehen und die Auswahl der Projekte auf ihre Praxisrelevanz hin zu diskutieren.

Bähr, Ulrich/Biemann, Juli/Lietzau, Jule/Hentschel, Philipp (2020): Coworking im ländlichen Raum. Menschen, Modelle, Trends. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Jurczyk, Karin (Hrsg.) (2020): Doing und Undoing Family. Konzeptionelle und empirische Entwicklungen. Weinheim

Mikats, Jana (2021). Being Creative. Fluid Boundaries of Everyday Family Life and Creative Home-Based Online Work. In: Mikats, Jana; Kink-Hampersberger, Susanne; Oates-Indruchova, Libora (Eds.), Creative Families. Gender and Technologies of Everyday Life. Palgrave, S. 189 – 214. DOI: 10.1007/978-3-030-70803-0_9

Overbeck-Gurt, Jochen/Möltner, Hannah/Weigelt, Oliver/Hällfritzsch, Maria/Klim, Peter (2023): Folgen der COVID-19 Pandemie für die Ausgestaltung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Dortmund:  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. https://doi.org/10.21934/baua:fokus20230901

Peer, Christian/Forlatti, Silvia (2017): Mischung: Possible. Wege zur zukunftsfähigen Nutzungsmischung. https://smartcities.at/wp-content/uploads/sites/3/Mischung-Possible-Auflage-2-2-5.pdf

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