Im deutschsprachigen Raum sind die Lebensrealitäten von trans und nicht-binären Personen weiterhin zu wenig erforscht. Es fehlen insbesondere Studien, die sich der individuellen Prozesse und Erfahrungen von trans und nicht-binären Personen aus emanzipatorischer Perspektive annehmen und einen lebensweltlichen Bezug herstellen (Sauer & Meyer 2016, S.9). Die Studie „Coming-out – und dann…?!“ (Krell & Oldemeier 2017) konnte bereits aufzeigen, dass die geschlechtliche Zugehörigkeit das Aufwachsen in Deutschland von jungen trans und nicht-binären Menschen in vielfältiger Weise prägt. Gemeinsam ist ihnen, dass sie immer wieder mit heteronormativen Erwartungen konfrontiert sind und vor der Herausforderung stehen, einen für sich passenden individuellen Lebensentwurf zu entwickeln und mit trans- bzw. queerfeindlichen Diskriminierungserfahrungen umgehen müssen (ebd.).

Ziel dieser qualitativen Interviewstudie ist es, ein besseres Verständnis dafür zu erreichen, wie junge Menschen ihre geschlechtliche Zugehörigkeit erkennen, entwickeln, definieren und leben, wenn diese jenseits von Cis- bzw. Zweigeschlechtlichkeit verortet ist. Dabei liegt der Fokus auf dem eigenen Selbstverständnis, dem Prozess des Bewusstwerdens, Erfahrungen in verschiedenen sozialen Kontexten (wie z.B. Schule, Familie, Ausbildung/Studium), sowie dem möglichen Wunsch nach Schritten einer sozialen, rechtlichen und/oder medizinischen Transition. Gleichzeitig werden nicht-binäre Erlebensweisen systematisch mitberücksichtigt.

Bundesweit sollen 20 bis 30 Jugendliche im Alter von 14 – 30 Jahren mit Hilfe von problemzentrierten Interviews (Witzel & Reiter 2021) befragt werden. Die Auswertung des Datenmaterials erfolgt sowohl nach einem biografisch-rekonstruktiven Ansatz (vgl. Kelle & Kluge 2010) als auch inhaltsanalytisch (vgl. Kuckartz 2018). Ebenso ist der Forschungsprozess von einer durchgehenden Auseinandersetzung mit forschungsethischen Fragen und Herausforderungen geprägt und erfordert das Einbeziehen einer selbstreflexiven Haltung (vgl. von Unger & Narimani & M´Bayo 2014; Breuer & Mey & Mruck 2011).

 

Eine detailliertere Projektbeschreibung finden Sie hier.

 

Worum geht es in dieser Studie?

In dieser wissenschaftlichen Studie geht es um die Lebensrealitäten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich abseits von binären Cis-Geschlechtlichkeiten verstehen. Das heißt, die trans, nicht-binär, inter*, agender sind bzw. keine oder andere Begriffe dafür verwenden.

Wir wollen mit euch über eure unterschiedlichen Erfahrungen im Alltag sprechen. Uns interessiert, wie es euch geht und was euch bewegt. Es geht uns um eure geschlechtliche Identität, aber auch um alles darüber hinaus, was für euch wichtig ist. Ihr seid Expert*innen eurer eigenen Geschichte!

 

Worum geht es in den Interviews?

Ihr entscheidet selbst, worüber ihr in den Interviews sprechen möchtet und was euch wichtig ist. Fragen, die wir dabei stellen, könnten beispielsweise so lauten:

  • Wie würdest du deine Geschlechtsidentität persönlich beschreiben? Welche Bedeutung hat das für dich?
  • Welche Erfahrungen machst du z.B. in Schule, Ausbildung, Beruf oder Familie?
  • Gibt es Menschen, denen du davon erzählt hast? Wie haben sie reagiert?
  • Welche Bedeutung hat für dich das Thema Transition?
  • Und vieles darüber hinaus!

Ihr müsst keine Coming-out-Erfahrungen, Transitionsschritte oder –wünsche mitbringen, um teilzunehmen!

 

Warum wird die Studie durchgeführt?

Es ist wissenschaftlich noch wenig erforscht, wie die Lebenssituationen und Perspektiven von trans und/oder nicht-binären Jugendlichen in Deutschland sind. Und auch in der Öffentlichkeit gibt es noch sehr wenig Wissen darüber.

Wir möchten mit der Studie dazu beitragen, ein besseres Verständnis zu dem Thema zu schaffen und herausfinden, wo es in der Gesellschaft Verbesserungs- und Handlungsbedarfe gibt.

Die Studie wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Interviewteilnehmer*innen gesucht!

Melde dich bei uns, wenn du:

  • Zwischen 14 und 30 Jahre alt bist
  • In Deutschland lebst
  • Trans, nicht-binär, inter* oder agender etc. bist.

Gemeint sind alle Geschlechter jenseits von binären cis-geschlechtlichen Zugehörigkeiten.

 

Häufig kommen in solchen Studien einige Gruppen seltener zu Wort als andere. Wir möchten deshalb insbesondere Personen ermutigen, sich bei uns zu melden, die

  • unter 18 Jahre alt sind,  
  • auf dem Land wohnen,
  • transweiblich, transfeminin sind,
  • inter* und trans/nicht-binär sind,
  • andere Arten von Diskriminierung erleben (bspw. aufgrund von Behinderungen, psychischen Belastungen, rassistischen Zuschreibungen, etc.)

 

Wie läuft das Ganze ab?

  • Die Interviews werden von März bis Mai 2023 durchgeführt.
  • Du nimmst telefonisch oder per Mail Kontakt zu uns auf, gerne auch erstmal unverbindlich. Wir können all deine Fragen klären.
  • Dann erst entscheidest du dich für oder gegen ein Interview.
  • Wir führen ein ca. 60-minütiges Interview in deiner Nähe (z.B. in einem Jugendtreff) oder online. Den Ort besprechen wir gemeinsam mit dir. Uns ist wichtig, dass du dich wohl und sicher fühlen kannst. Die Fahrtkosten übernehmen wir.
  • Du kannst Fragen auslassen, dir Pausen wünschen oder das Interview zu jedem Zeitpunkt abbrechen.
  • Du hast auch die Möglichkeit, deine Zustimmung nach dem Interview noch zurückzuziehen. Es entstehen dadurch keine Nachteile für dich.
  • Du bekommst einen Gutschein im Wert von 20,- Euro.

 

Wir wissen, das kann ein schweres Thema sein, aber...

  • Du entscheidest selbst, was Du erzählen möchtest.
  • Du bleibst anonym und das Gespräch ist vertraulich.
  • Du musst dich für nichts rechtfertigen oder etwas beweisen. Wir glauben dir alles!
  • Du unterstützt ein sehr wichtiges Forschungsprojekt, mit dem wir deutschlandweit die Situation von trans und/oder nicht-binären Jugendlichen verstehen wollen.
  • Unsere Interviewer*innen sind auf die Inhalte vorbereitet und sensibilisiert.

 

Melde dich bei:

Emmie Stemmer (hän/häns)

Tel. 089 62306 398

tn-b@dji.de

 

Maria Gavranić (sie/ihr)

Tel. 089 62306 113

tn-b@dji.de

Breuer, Franz/Mey, Günter/Mruck, Katja (2011): Subjektivität und Selbst-/Reflexivität in der Grounded-Theory-Methodologie. In: Breuer, Franz; Muckel, Petra; Diers, Barbara (2018): Grounded Theory Reader. Wiesbaden: Springer Verlag. S. 427-448.

Kelle,Udo/Kluge,Susann (2010): Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer VS.

Krell, Claudia/Oldemeier, Kerstin (2017): Coming-out – und dann…?! Coming-out-Verläufe und Diskriminierungserfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und queeren Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland. Opladen.

Sauer, Arn/Meyer, Erik (2016): Wie ein grünes Schaf in einer weißen Herde. Lebenssituationen und Bedarfe von jungen Trans*-Menschen in Deutschland. Berlin.

von Unger, Hella/Narimani, Petra/M´Bayo, Rosaline (2014): Forschungsethik in der qualitativen Forschung. Wiesbaden: Springer VS.

 

Kontakt

+49 89 62306-398
Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2
81541 München

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