Das Projekt hat zum Ziel, kindliche Praktiken in Kindertageseinrichtungen bei Kindern unter drei Jahren zu rekonstruieren sowie die zugrunde liegenden Konstitutionsbedingungen empirisch explorativ zu untersuchen.

Betrachtet man die Veränderung der Lebenswelt von Kindern, so zeichnet sich Kindheit gegenwärtig durch einen hohen Grad an Institutionalisierung und die damit einhergehenden Ansprüche aus (Neumann 2018). Kinder verbringen immer früher immer mehr Zeit in Institutionen der Kindertagesbetreuung, in denen sie von pädagogischen Fachkräften betreut, gebildet, erzogen und kontrolliert werden. Zudem erfolgt eine zunehmende Institutionalisierung von Normen und Erwartungen an Kinder. Umso bedeutsamer ist es, kindliche Akteurschaft als ein wechselseitiges Verhältnis von Akteur und Institution zu begreifen und die jeweiligen organisationalen und strukturellen Bedingungen zu beschreiben (Scherr 2013; Prout 2003). Im Zentrum der Studie stehen die Fragen: Inwieweit gestalten Kinder diese Bedingungen mit und welchen Einfluss haben sie auf die Konstituierung von Kindheit? Damit wird „Akteurschaft von Kindern“ nicht nur als individuelle Herausforderung verstanden, sondern sie bezieht strukturell und organisational bedingte Handlungsspielräume und -beschränkungen mit ein.

Zur methodischen Bearbeitung der Forschungsfragen wird eine ethnografische Forschungsstrategie angewendet (Breidenstein u.a. 2013). Der ethnografische Zugang zeichnet sich durch die Möglichkeit aus, die Praktiken der Akteure zu beschreiben und so die soziale Situation der Teilnehmenden im Feld detailliert zu entschlüsseln. Als flexible, methodenplurale Forschungsstrategie verbindet die Ethnografie unterschiedliche Methoden und Zugangsweisen miteinander (v.a. teilnehmende Beobachtungen, ethnografische Gespräche), um so der vielfältigen Wirklichkeit des Gegenstands möglichst nahe zu kommen. Anhand von vergleichsweise wenigen, theoretisch ausgewählten Fällen werden die kindlichen Praktiken in verschiedenen Kindertageseinrichtungen beobachtet und nachvollzogen, wie und unter welchen Umständen die Akteurschaft von Kindern hergestellt wird. Dazu werden anhand von theoretisch-kontrastiv und gestaffelt ausgewählten Fällen ausgedehnte Feldaufenthalte realisiert. Im Zuge der methodenpluralen Auswertungen werden die unterschiedlichen Datentypen triangulativ aufeinander bezogen.

Breidenstein, Georg/Hirschauer, Stefan/Kalthoff, Herbert/Nieswand, Boris (2013): Ethnografie. Die Praxis der Feldforschung. Konstanz/München

Neumann, Sascha (2018): Krippenkindheit. Eine feldtheoretische Annäherung. In: Betz, Tanja/Bollig, Sabine/Joos, Magdalena/Neumann, Sascha (Hrsg.): Institutionalisierung von Kindheit. Childhood Studies zwischen Soziologie und Erziehungswissenschaft. Weinheim/Basel, S. 163–180

Prout, Alan (2003): Kinder-Körper: Konstruktion, Agency und Hybridität. In: Hengst, Heinz/Kelle, Helga (Hrsg.): Kinder – Körper – Identitäten. Theoretische und empirische Annäherungen an kulturelle Praxis und sozialen Wandel. Weinheim/München, S. 33–50

Scherr, Albert (2013): Agency – ein Theorie- und Forschungsprogramm für die Soziale Arbeit? In: Graßhoff, Gunther (Hrsg.): Adressaten, Nutzer, Agency. Akteursbezogene Forschungsperspektiven in der Sozialen Arbeit. Wiesbaden, S. 229–242

Am Freitag, den 26. Juni 2020, findet am DJI ein Online Fachforum zum Thema „Kinder in der Kindertagesbetreuung. Einblicke in ethnografische Forschung zur Akteurschaft von Kindern“ statt.

Das Fachforum wird sich im Rahmen von vier Vorträgen dem Thema der Akteurschaft von Kindern unter Einbezug unterschiedlicher fachpolitischer Diskurse und thematischer Ausrichtungen in ethnografischer Forschung widmen.

Das Online Fachforum findet als Livestream statt. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

Die Vorträge werden ab 10 Uhr zu den im Programm angegeben Uhrzeiten gesendet und können nur live mitverfolgt werden.

 

 

Kontakt

+49 345 68178-662
Deutsches Jugendinstitut Außenstelle Halle
Franckeplatz 1
Haus 12/13 06110 Halle