Die heutige Situation des Aufwachsens von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in ihren Familien in Deutschland ist in vielerlei Hinsicht von großem Interesse, dies gilt insbesondere auch für den steigenden Anteil von Personen mit Zuwanderungshintergrund. Gerade vor dem Hintergrund der großen kulturellen Diversität, der unterschiedlichen Wohndauern in Deutschland, der divergierenden Orientierungen und Ziele sowie der großen Spanne unterschiedlicher Erfahrungen dieser Personengruppe, können viele der Forschungsfragen in AID:A 2019 noch einmal gesondert für Personen mit Migrationshintergrund erster, zweiter, dritter oder höherer Generation gestellt werden.

Relevante Themenfelder ergeben sich daher in allen Bereichen der AID:A 2019 Rahmenkonzeption und betreffen z.B. Aspekte der Teilhabe an frühkindlicher Betreuung und Bildungsangeboten (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018; Kuhnt/Steinbach, 2017), des freiwilligen Engagements von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Simonson/Vogel/Tesch-Römer 2016) oder der familialen Lebensführung (Fasang/Huinink/Pollmann-Schult 2016; Kluczniok u.a. 2013).

Die integrierte Surveyforschung des DJI wird mit AID:A 2019 eine bundesweite, repräsentative Stichprobe generieren. Dies schließt auch Personen mit Zuwanderungshintergrund erster, zweiter und weiterer Generationen ein. Allerdings werden diese Personengruppen „nur“ mit dem in der Bevölkerung repräsentierten Anteil in AID:A 2019 vertreten sein, so dass sich vertiefte Analysen dieser Teilstichprobe nur bedingt anbieten. Besonders bei einer weiteren Aufschlüsselung von Personenmerkmalen (z. B. Geburtsland der Kinder und der (Groß-)Eltern, Sprachhintergrund, eigene Zuwanderungserfahrung, Bildungshintergrund), die in dieser Gruppe interessant sein könnten, erreicht die insgesamt sehr große und inhaltlich reichhaltige Studie die Grenzen ihrer Belastbarkeit.

Um belastbarere Ergebnisse und noch detailliertere Analysen speziell für diese Personengruppe zu ermöglichen, wird im Rahmen einer Zusatzerhebung (AID:A 2019 Mig+) eine Ergänzungsstichprobe zu AID:A 2019 generiert. Hierfür wird in 2019 eine Zusatzstichprobe von ca. 1500 Zielpersonen mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit für einen Zuwanderungshintergrund rekrutiert. Es kommen Ziehungsverfahren unter Nutzung von Vorinformationen zum Ausländeranteil der Wohngebiete und der sprachlichen Herkunft der Namensbestandteile zum Einsatz. Die Interviews des regulären AID:A 2019 Programms werden persönlich durchgeführt und sind bei nicht ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen über telefonische Befragungen auch in nicht-deutschen Sprachen verfügbar. Durch die Verzahnung der beiden Stichproben steigt das Analysepotenzial der AID:A 2019 Daten und bietet einen besonders guten Einblick in diese Befragtengruppe.

Nach der Finalisierung der Datenerhebung im Spätherbst 2019 werden im Anschluss die Daten aufbereitet. Dies wird vor allem zu Beginn des Jahres 2020 stattfinden. Zu den Aufbereitungsschritten gehört zunächst die Umstrukturierung, Bereinigung und Klärung der Daten. Vor allem aber müssen speziell für diese Personengruppe differenzierte Beschreibungsindikatoren gebildet werden. Die Entwicklungsarbeit zu diesen Merkmalen erfolgt im engen Austausch mit dem Kooperationpartner DEZIM.

Nach Fertigstellung der Aufbereitung soll gemeinsam mit dem DEZIM eine Publikation zu dieser Spezialstichprobe erarbeitet werden. Diese gemeinsame Publikation bleibt zunächst auf beschreibender Ebene und arbeitet speziell die Lebenswirklichkeit der Personen mit Zuwanderungshintergrund in Deutschland heraus. Durch eine enge Parallelität dieser Publikation mit einer ersten Broschüre zur AID:A 2019 Hauptsstichprobe kann der besondere Wert der Datengrundlage sowie das Analysepotenzial der Kombination beider Stichproben dargestellt werden.

Weitere Auswertungen der gemeinsamen Datenbasis werden in den verschiedenen Themengebieten der Fachabteilungen und entlang der Arbeitsschwerpunkte des DEZIM geplant. Darunter fallen z. B.  Fragen der Disparitäten im Bildungserwerb zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund. Dies betrifft sowohl den Erwerb formaler Bildungszertifikate und die Bildungsbeteiligung als auch den Erwerb einschlägiger Kompetenzen oder die Nutzung von Bildungsangeboten von der frühen Kindheit bis zu Weiterbildungsangeboten im Erwerbsleben Erwachsener. Die Literatur der Familienforschung weist auf Unterschiede in den familienbezogenen Verhaltensweisen und Erfahrungen von Personen mit und ohne Zuwanderungshintergrund hin, die kumuliert für größere Unterschiede im Aufwachsen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sorgen könnten. Lohnenswerte Untersuchungsfelder für die Studie sind daher die Bedeutung familialer Rahmenbedingen für den Kompetenzerwerb und die Wertevermittlung, das Entschlüsseln familiärer Dynamiken in komplexen Generationenbeziehungen sowie die Begünstigung der Transmission sozialer Ungleichheit von einer Generation zur nächsten. Im Bereich der Jugendforschung erscheinen ebenfalls verschiedene Themenbereiche lohnenwert. Zum kennt die Foschungsliteratur  Unterschiede im Freizeitverhlten zwischen Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund und solchen mit ausschließlich deutschem Hintergrund. So verbringen z. B. Jugendliche mit Zuwanderungshintergrund ihre Freizeit eher in informelleren Gruppen als Jugendliche mit ausschließlich deutschem Hintergrund und beteiligen sind weniger an Vereinsaktivitäten. Da Vereine eine wichtige Rolle spielen für die Bildung und Aufrechterhaltung von Freundschaftsbeziehungen, sich aber zugleich eine geringere Präsenz von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in diesen Kontexten abzeichnet stellt sich die Frage danach, in welchen Räumen die Jugendlichen verschiedenen Hintergrunds ihre Freunde kennenlernen und ihre Freundschaften pflegen.

Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.) (2018): Bildung in Deutschland 2018. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Wirkungen und Erträgen von Bildung

Fasang, Anette Eva/Huinink, Johannes/Pollmann-Schult, Matthias (2016): Aktuelle Entwicklungen in der deutschen Familiensoziologie. Theorien, Daten, Methoden. In: Zeitschrift für Familienforschung ZfF, 28. Jg., S. 197–210

Kluczniok, Katharina/Lehrl, Simone/Kuger, Susanne/Roßbach, Hans-Günther (2013): Quality of a Home Learning Environment During Preschool Age – Domains and Contextual Conditions. In: European Early Childhood Education Research Journal, 21. Jg., H.3, S. 420–438

Kuhnt, Anne-Kristin/Steinbach, Anja (Hrsg.) (2017): Die Rolle von Familien für Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 38. Jg. H. 3, S. 232–251

Simonson, Julia/Vogel, Claudia/Tesch-Römer, Clemens (Hrsg.) (2017): Freiwilliges Engagement in Deutschland. Der Deutsche Freiwilligensurvey 2014. Wiesbaden

Kontakt

+49 89 62306-322
Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2
81541 München

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