Das Projekt „Schule macht stark - SchuMaS“ mit 13 beteiligten Verbundeinrichtungen begleitet und unterstützt die Schul- und Unterrichtsentwicklung, die Professionalisierung der pädagogisch-didaktisch Tätigen sowie die Vernetzung in den Sozialraum an deutschlandweit 200 Schulen in herausfordernden sozialen Lagen aus Primar- und Sekundarstufe I. Zentrales Ziel der forschungsbasierten und praxisorientierten Begleitung und Unterstützung der Schulen ist die Förderung sprachlicher und mathematischer Basiskompetenzen sowie des sozialen Lernens und der Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler, um damit einen Beitrag zum Abbau sozialer Ungleichheiten im Bildungserfolg zu leisten. Das interdisziplinär angelegte Verbundvorhaben zielt auf eine intensive, enge, kontinuierliche und abgestimmte Begleitung der Schulen und berücksichtigt dabei die jeweils spezifischen Rahmenbedingungen und Problemlagen der Schulen („Kontextsensibilität“).

Das Verbundvorhaben umfasst vier übergreifende inhaltliche Angebotsbereiche („Inhaltscluster“) für die Schulen und ist so angelegt, dass alle Schulen an allen Angeboten des Verbundes partizipieren können. Die Inhaltscluster sind (1) „Unterrichtsentwicklung Deutsch und Mathematik“, (2) „Professionalisierung“, (3) „Schulentwicklung und Führung“, (4) „außerunterrichtliches Lernen und Sozialraumorientierung“. Die Arbeit der Inhaltscluster wird gerahmt und unterstützt durch die drei „Metacluster“ (1) „Evaluation“, (2) „Assessment und Forschungsdatenmanagement“, (3) „Verzahnung und Transfer“. Die Zusammenarbeit mit den Schulen vor Ort erfolgt in erster Linie über die vier Regionalzentren des Verbundes („regionale SchuMaS-Zentren“), die die Schulen in Abstimmung mit den Ländern (insbesondere den Landesinstituten bzw. Qualitätsagenturen sowie den Schulaufsichtsbehörden) in regionalen Schulnetzwerken („SchuMaS-Schulverbünde“) begleiten, beraten und unterstützen.

Das DJI hat im Cluster ALSO („außerunterrichtliches Lernen und Sozialraumorientierung“) die Co-Leitung inne und ist insbesondere für die Untersuchung der Kooperationsmöglichkeiten und Vernetzungen im Sozialraum verantwortlich.

Soziale Disparitäten im Bildungserwerb zählen zu den am zahlreichsten und robustesten belegten Befunden der empirischen Bildungsforschung und stellen sowohl das Bildungssystem als auch die Gesellschaft als Ganzes vor besondere Herausforderungen. Vor allem in den vergangenen beiden Jahrzehnten nach dem Einsetzen der empirischen Wende in den Bildungswissenschaften haben unter anderem Schulleistungsstudien wie PISA, TIMSS, IGLU und die ländervergleichenden Untersuchungen des IQB zur Überprüfung des Erreichens der nationalen Bildungsstandards sowie Auswertungen im Rahmen der nationalen Bildungsberichterstattung wiederholt aufgezeigt, wie stark und in welcher Weise erreichte Kompetenzen, vollzogene Bildungsübergänge und erworbene Abschlüsse mit Merkmalen der soziokulturellen Herkunft der Schülerinnen und Schüler in Beziehung stehen. Für den Schulbereich haben vor allem die hohen Anteile von Schülerinnen und Schülern, die Mindestanforderungen in den Basiskompetenzbereichen Deutsch-Leseverständnis und Mathematik verfehlen, für Aufmerksamkeit gesorgt.

Die betroffenen Schülerinnen und Schüler stammen zum einen überzufällig häufig aus sozial schwächeren Familien und haben in überproportionalem Umfang eine Migrationsgeschichte. Zum anderen besuchen sie aber auch in größerem Umfang weniger anregende und förderliche schulische Lernkontexte. Neben ungünstige familiäre Anregungs- und Unterstützungsbedingungen treten oftmals kritische schulische Lernumwelten, die die Leistungs- und psychosoziale Entwicklung der Schülerinnen und Schüler nachweislich beeinflussen können damit auch zur Entwicklung sozialer Bildungsdisparitäten beitragen. Die Rolle der Schulen kann vor diesem Hintergrund als doppelt herausfordernd charakterisiert werden: Einerseits müssen sie nach Wegen suchen, die individuellen Entwicklungsnachteile ihrer Schülerschaft soweit wie möglich zu kompensieren, insbesondere mit Blick auf das Erreichen schulischer Mindeststandards in den Kernkompetenzbereichen. Zugleich stehen die Schulen andererseits vor der Herausforderung, die zusätzlichen negativen Auswirkungen ungünstiger schulischer Kontextmerkale (Schülerkomposition und schulische Rahmenbedingungen) abzufedern.

Um bestmögliche Lern- und Bildungschancen für alle Lernenden - unabhängig von Herkunft, Geschlecht und sozialem Status - sicherzustellen, müssen Schulen ihre Quartiersorientierung stärken, Integrationsaufgaben übernehmen und das Lernen in formalen und non-formalen Bildungssettings verknüpfen. Dabei kommt es darauf an, Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien zu bündeln und ihnen niederschwellig zugänglich zu machen. In diesem Sinne versteht das Inhaltscluster Außerunterrichtliches Lernen und Sozialraumorientierung die Schulen als Vernetzungszentren.

Die vernetzte Schule wird im vorliegenden Cluster auf drei Ebenen konzeptualisiert, die für eine kontextsensible Weiterentwicklung der schulischen Arbeit von besonderer Bedeutung sind. Eine erste Ebene betrifft (1) außerunterrichtliche Angebote: Qualitativ hochwertige und zielorientiert entwickelte außerunterrichtliche Angebote erzielen positive Entwicklungen bei Lernenden. Die Kooperation mit außerschulischen Akteuren im Netzwerk (2) stellt die zweite Ebene dar und betrifft die Infrastruktur des Schulumfeldes und die relevanten Akteure (z. B. Kinder- und Jugendhilfe, Migrantenselbstorganisationen, Vereine, Initiativen, Betriebe, Einrichtungen im Sozialraum). Weiterhin muss die Sozialstruktur der Familien im Einzugsbereich der zu betrachtenden Schulen berücksichtigt werden. Nur wenn die Sozialstruktur eines Schulstandorts bekannt ist, können Bedarfe der Lernenden und ihrer Familien identifiziert und Eltern mit geeigneten Konzepten in die Begleitung der Lernenden involviert werden, was die dritte Ebene - (3) Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Familien - ausmacht.

Daraus ergeben sich unter anderem folgende Fragestellungen: Wie lässt sich eine hohe Qualität von außerunterrichtlichen Angeboten, der Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern (u. a. der Kinder- und Jugendhilfe) und der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern gewährleisten? Durch welche Ansätze und Formate können die Schulen wirksam bei der Identifikation und Aktivierung weiterer außerunterrichtlicher und außerschulischer Ressourcen zur zielgerichteten Förderung ihrer Schülerinnen und Schüler unterstützt werden? Was sind Voraussetzungen und Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in regionalen Schulnetzwerken?

Das Verbundvorhaben erstreckt sich über einen Zeitraum von 5 Jahren und sieht verschiedene übergreifende, sich in Teilen überlagernde, Phasen vor. Im ALSO-Cluster umfasst der Forschungs- und Entwicklungsprozess mehrere Arbeitsschritte.

Zunächst wird eine Erhebung zum Ist-Stand aller 200 in das Programm involvierter Schulen durchgeführt. Die Erhebung ist als quantitative Onlinebefragung vorgesehen, wobei neben den Schulleitungen auch (soweit vorhanden) Schulsozialarbeit, Anbieter von außerunterrichtlichen Angeboten an der Schule (z. B. Kinder- und Jugendhilfe) sowie Ganztagskoordinator*innen befragt werden. Zugleich soll diese Befragung auch Aufschluss über die sozialstrukturelle Situation an den Schulen geben. Um für alle Cluster Basisinformationen bereitzustellen, werden für alle Schulen die Daten aus der Online-Befragung um Daten der amtlichen Schulstatistik ergänzt. 

Weiterhin werden an 15-20 ausgewählten Standorten vertiefende Fallstudien erstellt, um Ressourcen in der Schule und im Sozialraum exemplarisch zu ermitteln. Für die Fallstudien sollen auf Basis einer Typenbildung v. a. Schulen ausgewählt werden, für die sich aus der quantitativen Befragung eine hohe Kooperationsvielfalt und strategische Zusammenarbeit mit den außerschulischen Akteuren zeigen, um ein Spektrum an good-practice -Beispielen zu erhalten. An den Standorten werden über qualitative Interviews sowohl Akteure in als auch außerhalb der Schulen befragt als auch die Perspektive von Eltern und Schülerinnen und Schülern über Interviews und Gruppendiskussionen erhoben. 

Anschließend werden die Bedarfe und Ziele ermittelt, an denen die Schulen weiterarbeiten wollen. Im Sinne einer Bilanz der Fallstudien werden an den Schulen in vertiefende Entwicklungsworkshops an den identifizierten Bedarfen und Ressourcen ausgerichtete Entwicklungsziele und entsprechende Handlungskonzepte erarbeitet. 

Die Projektphase wird durch einen aufzubauenden Monitoringprozess in zwei Richtungen unterstützt. Zum einen wird der Erprobungsprozess, in dem die erarbeiteten Handlungskonzepte eingesetzt werden, im Sinne einer formativen Evaluation auf seine Wirkungen hin analysiert. Dazu dienen Befragungen an den einzelnen Modellstandorten.  Eine zweite Richtung, in die ein Monitoring aufgebaut werden soll, ist die Entwicklung eines Instruments zur Selbstevaluation für Schulen. Es soll hierbei an die Befragungsinstrumente sowie an bereits bestehende Konzepte zur Selbstevaluation angeknüpft werden, welche um die zentralen Schwerpunkte im Cluster erweitert werden.

Am Ende des Verbundvorhabens werden vielfältige und adressatengerecht aufbereitete Erkenntnisse zu Gelingensbedingungen und erfolgreichen Formaten der Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie der Sozialraumvernetzung an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen vorgelegt, um diese für die sich anschließende Transferphase der Bund-Länder-Initiative „Schule macht stark“ nutzbar zu machen. Die zu entwickelnden Unterstützungsangebote fürSchulen werden die drei Ebenen „Außerunterrichtliche Angebote“, „Kooperationen“ und „Familienaktivierung“adressieren und in Abstimmung mit dem Cluster Verzahnung und Transfer miteinander verknüpfen. Zudem werden für die anderen Inhaltscluster detaillierte Basis-Informationen zu den Sozialräumen der Schulen bereitgestellt. Als finale Produkte entstehen im Laufe des Projekts ein Selbst-Evaluationsinstrument, eine Übersicht über nutzbare Konzepte, eine Handreichung zur Formulierung von Entwicklungszielen sowie Fortbildungsmodule inklusive Handreichungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und Handreichungen für den Transfer von Handlungskonzepten.

DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, das Deutsche Jugendinstitut (DJI), die Freie Universität Berlin, das Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung der Eberhard Karls Universität Tübingen, das Institut für Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts (IEEM) der Technischen Universität Dortmund, das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität zu Berlin, das Interdisziplinäre Zentrum für Bildungsforschung (IZfB) der Universität Duisburg-Essen, das IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, das Deutsche Zentrum für Lehrerbildung Mathematik (DZLM), das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache der Universität zu Köln, die Ruhr-Universität Bochum, die Universität Heidelberg, die Universität Mannheim und die Universität Potsdam.
An der Arbeit des Verbunds sind weitere Wissenschaftler*innen und kooperierende Institutionen beteiligt – zum Beispiel die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS).

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