In Berlin existiert eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Projekte und Initiativen, die im Bereich der pädagogischen Islamismus­präven­tion und Deradikalisierung aktiv sind. Ein deutschlandweites Mapping von Präventions- und Distanzierungsprojekten zeigt, dass ein großer Anteil der pädagogischen Projekte im Bereich von Sekundärprävention und Deradikalisierung in Berlin angesiedelt ist. Zugleich liegt das Niveau islamistischer Aktivitäten in Berlin anhaltend auf hohem Niveau. Laut Verfassungsschutzbericht 2023 des Landes Berlin liegt das „Personenpotenzial“ bei 2.380 und ist gegenüber 2022 leicht angestiegen. Der größere Teil wird dabei dem nicht-gewaltorientierten Spektrum zugerechnet. Zum gewaltorientierten Salafismus dagegen werden unverändert 350 Personen gerechnet, zum nicht-salafistischen gewaltorientierten Islamismus 570 Personen.

Vor dem Hintergrund der Problembelastung im Bereich islamistische Radikalisierung einerseits und der vielfältigen Projektlandschaft und Förderstrukturen andererseits ist es wichtig, die Projekte in Art, Umfang und (sozial-)räumlicher Verortung möglichst nah an bestehende Bedarfe bzw. Bedarfslücken anzupassen und auf diese Weise eine gezielte Nutzung finanzieller Mittel zu fördern. Das DJI-Projekt erarbeitet eine empirische Grundlage für die bedarfsgerechte Ausrichtung der Projektlandschaft, indem es Bedarfslagen vor allem der pädagogischen Sekundärprävention und dort, wo es sinnvoll ist, auch der Deradikalisierung im Bereich Islamismus in Berlin analysiert. 

Um ein möglichst umfassendes Bild der Bedarfslagen zu erhalten, werden die Perspektiven verschiedener Akteure, Institutionen und Stakeholder erfasst. Da die Übernahme islamistischer Orientierungen gerade in der Jugendphase eine Strategie der Krisenbewältigung darstellen kann und islamistische Angebote häufig jugendkulturell ausgerichtet sind, liegt der Fokus auf pädagogischen Fachkräften und Institutionen, die mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeiten, auch wenn gewaltorientierter Islamismus keineswegs nur ein Jugendphänomen ist.

Im Projekt werden explizit genannte, individuell empfundene Bedürfnisse von Fachkräften als Basis für eine Bedarfsableitung genommen. Für letztere zentral sind die über subjektive Bedürfnisse hinausgehende Beschreibung von Problemen, Herausforderungen und strukturellen Hürden im professionellen Umgang mit islamistischer Radikalisierung bzw. in der pädagogischen Radikalisierungsprävention.

Die Erfassung von Bedarfen erfolgt grundsätzlich offen, das heißt, dass in den Erhebungen jede Art von Bedarf thematisiert werden kann. Darüber hinaus werden im Projekt folgende inhaltliche Schwerpunkte gesetzt:

  • Erreichung relevanter Zielgruppen mit ersten Problemausprägungen oder sich bereits voll-zogenen Radikalisierungen,
  • Zusammenarbeit der Regelstrukturen mit Projekten und Akteuren der Präventionsarbeit,
  • Weiterbildungsbedarfe von Fachkräften und
  • Wahrnehmung und Bewertung der Angebotslandschaft.
     

Im Rahmen des Projekts werden qualitative Erhebungen in zwei Modulen durchgeführt.

Im Modul 1 werden Fokusgruppen mit Fachkräften aus vier Arbeitsfeldern umgesetzt:

  • Schulsozialarbeit
  • offene Jugendarbeit
  • migrantische Selbstorganisationen und muslimische Akteure
  • Unterkünfte und Projekte für unbegleitete minderjährige Geflüchtete

Die Diskussionen sind semistrukturiert und der Fragenkatalog wird entlang dieser inhaltlichen Schwerpunkte entwickelt, damit sichergestellt wird, dass alle Themenkomplexe in jeder Fokusgruppe thematisiert werden. Die Auswertung folgt Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse.

Im Modul 2 werden Bedarfslagen aus der Perspektive von Expert:innen und Stakeholdern im Themenfeld islamistische Radikalisierung und Radikalisierungsprävention erfasst. Zurückgegriffen wird hier auf die Methode des Experteninterviews, um sowohl eine Exploration des Themenfeldes und seiner Akteure als auch einen Zugang zum Handlung- und Erfahrungswissen der Expert:innen zu ermöglichen. Die Interviews sind semi-strukturiert und der Fragenkatalog wird entlang der Forschungsfragen entwickelt und an den Expertisebereich der jeweiligen Gesprächspartner:in angepasst.

Die in beiden Modulen gewonnenen Erkenntnisse werden vor dem Hintergrund aktueller Forschungsliteratur und des Fachdiskurses im Bereich der pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen aufgearbeitet.

Gefördert durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt

Kontakt

+49 345 68178-29
Deutsches Jugendinstitut Außenstelle Halle
Franckeplatz 1
Haus 12/13
06110 Halle (Saale)

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