Zukunftsbezogene Verunsicherung von Jugendlichen am Übergang Schule-Beruf in Zeiten von Corona
Seit Beginn der Corona-Pandemie liefert der aktuelle empirische Forschungsstand Hinweise darauf, dass sie zusätzlich verunsichernde Rahmenbedingungen für die Zukunftssicht junger Menschen mit sich bringt. In einer quantitativen Untersuchung der Uni Hildesheim in Kooperation mit der Uni Frankfurt äußerten im Jahr 2020 demnach über zwei Drittel der befragten jungen Menschen, Angst vor ihrer Zukunft zu haben (Andresen et al. 2021, S. 8). Auch aus DJI-Studien könnte bereits zuvor eine zunehmende Verunsicherung beobachtet werden (Reißig et al. 2018; Hemming et al. 2018a, 2018b). Dennoch können die vorliegenden quantitativen Befunde mit Blick auf die Hintergründe und Facetten der gestiegenen zukunftsbezogenen Verunsicherung kaum gedeutet werden. Diesem Forschungsdesiderat soll sich die aktuelle Erkundungsstudie annehmen, wobei der Schwerpunkt auf diejenigen Jugendlichen gerichtet werden soll, die sich in Abschlussklassen befinden. So gilt es hier u.a. zu untersuchen, wie die jungen Menschen ihre persönliche Zukunft wahrnehmen, welche Ängste und Sorgen sie damit verbinden und inwiefern die Pandemie zur Verunsicherung beiträgt.
Die Ergebnisse der Erkundungsstudie sollen einen Beitrag zur Interpretation der quantitativen Befunde und damit Aufschlüsse über die Aspekte der heutigen Verunsicherung Jugendlicher liefern. Zudem ist dabei beabsichtigt, Hinweise zu einer Verbesserung der Ausgestaltung von Unterstützungsmaßnahmen für Jugendliche am Übergang Schule-Beruf zu gewinnen.
Im Zuge der Untersuchung werden 20 narrativ angelegte Interviews (Küsters 2009) mit Jugendlichen aus Absolvent*innenklassen zu ihren Zukunftsperspektiven und -ängsten durchgeführt. Das Sampling schließt Jugendliche aus verschiedenen allgemeinbildenden Schulformen an den Standorten München, Halle (Saale) und dem Saalekreis ein.
Dabei sollen u.a. Befragungsinstrumente eingesetzt werden, die eine soziolinguistische Komponentenanalyse des Zukunftskonzepts der Jugendlichen gestatten, um zu ermitteln, wie bei ihnen der Begriff „Zukunft“ konnotiert ist (Schütze 1975). Wenngleich eine persönliche Form des Interviews angestrebt wird, kommen angesichts der noch andauernden Pandemie auch Telefoninterviews infrage. Im Ergebnis ist eine Typenbildung der Zukunftssichten Jugendlicher am Übergang Schule-Beruf angestrebt (Kelle/Kluge 2010).
Andresen, Sabine/Heyer, Lea/Lips, Anna/Rusack, Tanja/Schröer, Wolfgang/Thomas, Severine/Wilmes, Johanna (2021): „Die Corona-Pandemie hat mir wertvolle Zeit genommen“ - Jugendalltag 2020, Stiftung Universität Hildesheim, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Hildesheim/Frankfurt (M.).
Hemming, Karen/Tillmann, Frank/Fehser, Stefan (2018a): „What's Up?". Die Kinder- und Jugendstudie im Saalekreis. Halle (Saale).
Hemming, Karen/Tillmann, Frank/Reißig, Birgit (2018b): Was geht? Hallesche Kinder- und Jugendstudie 2018. Halle (Saale).
Kelle, Udo/Kluge, Susann (2010): Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung, Springer VS: Wiesbaden.
Küsters, Ivonne (2009): Narrative Interviews - Grundlagen und Anwendungen, VS Verlag: Wiesbaden.
Reißig, Birgit/Tillmann, Frank/Steiner, Christine/Recksiedler, Claudia (2018): Was kommt nach der Schule? Wie sich Jugendliche mit Hauptschulbildung auf den Übergang in die Ausbildung vorbereiten. DJI: München/Halle (Saale)
Schütze, Fritz (1975): Sprache soziologisch gesehen. Bd. 1, Strategien sprachbezogenen Denkens innerhalb und im Umkreis der Soziologie, Verlag Fink: München.