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Ausgehend von der These, dass Verschiedenheiten im Zugang und Umgang mit Computer und Internet zu einer "digitalen Spaltung" der Gesellschaft beitragen, wird im Projekt untersucht, ob und wie im späten Kindes- und im frühen Jugendalter sich über die digitalen Medien soziale und schullaufbahnrelevante Ex- und Inklusionsprozesse vollziehen. Das Forschungsinteresse richtet sich deshalb darauf, grundlegende Erkenntnisse zur Entwicklung des Informationsverhaltens von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren beim Umgang mit digitalen Medien zu erarbeiten. Dazu werden vorhandene repräsentative Daten aus dem DJI-Kinderpanel zur Lebenslage, Biografie und Lebensführung durch eine eigenständige Erhebung zum Zugang und Umgang von Kindern mit digitalen Medien ergänzt. So ist es möglich, das Wechselverhältnis von soziostrukturellen Faktoren und individuellen Entwicklungsverläufen in seiner Bedeutung für den Erwerb von digitaler Kompetenz zu untersuchen. Das Augenmerk wird dabei insbesondere auf Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen und bildungsfernen Milieus gerichtet, um Ansätze für Maßnahmen identifizieren zu können, die es ermöglichen, einer Verbreiterung der "Wissenskluft" entgegenzuwirken. Die Studie wird als Spezialerhebung zur Nutzung digitaler Medien im Rahmen des "DJI-Kinderpanels: Wie wachsen Kinder auf?" durchgeführt. Dieser Längsschnittstudie liegen zwei repräsentative Kohorten von Kindern zugrunde, die zum Erhebungszeitpunkt im Jahr 2007 im Alter zwischen 10 und 14 Jahren sein werden. Die quantitative Face-to-Face-Befragung der Kinder in ihren Familien zur Medien- und Internetnutzung sowie die Erhebung der Haushaltsausstattung mit Medien über ein Elternteil wird ergänzt durch eine qualitative Follwo-up-Studie. Vertiefende Leitfadeninterviews mit Kindern zielen auf die Identifikation unterschiedlicher digitaler Nutzergruppen, um Ansätze für Maßnahmen zu erkennen, die einer Bildungsbenachteiligung entgegenwirken können.

Zielsetzung

Ziel des Projektes ist es, zum einen Anhaltspunkte für Vereinseitigung und Verweigerungshaltungen im Umgang mit digitalen Medien aufzufinden und zum anderen die Kontexte einer positiven Entwicklung von digitaler Kompetenz zu identifizieren. Dafür ist es notwendig, über die Frage nach den Zugangsmöglichkeiten hinauszugehen und die Besonderheiten und Qualität des Umgangs der Kinder mit digitalen Medien zu untersuchen. Unterschiedliche Nutzungsstile und deren jeweilige Entwicklungsbedingungen, die Mediennutzung in der Familie sowie die persönliche Bedeutung der digitalen Medien für die Kinder und Jugendlichen selbst werden als Voraussetzungen des Kompetenzerwerbs analysiert. Da die Schule beim Lernen mit digitalen Medien weitgehend an den außerschulischen Computer- und Interneterfahrungen der Kinder anknüpft, wird für die Erklärung der Entwicklung digitaler Kompetenzen der Verzahnung von informellen, formellen und formalen Bildungsprozessen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Insbesondere stellt sich die Frage, wie die Schule auf schicht- und bildungsabhängige sowie geschlechtsspezifische Nutzungsstile "reagieren" kann, um dadurch bedingte Benachteiligungen für die Bildungsentwicklung auszugleichen.

Fragestellung

"Digital Divide" ist heute nicht mehr nur die Frage nach den Zugangsmöglichkeiten zum Internet, sondern vor allem eine Folge der Entwicklung von unterschiedlichen Nutzungsstilen der Individuen. Für Jugendliche wurde z.B. nachgewiesen, dass einerseits informationsbezogene, andererseits entspannungsorientierte Nutzungsmuster bereits entwickelt sind und diese bildungsspezifische Differenzierungen zur Folge haben können. Bei Kindern im Grundschulalter sind solche systematisch unterscheidbaren Nutzungsmuster noch nicht ausdifferenziert. In der späten Kindheit scheint durch das Zusammenspiel von informellen und formellen Bildungsprozessen ein Übergang zur spezifischen Medienaneignung sowie zum habituellen Mediengebrauch stattzufinden, der für die Ausbildung des "Digital Divide" grundlegende Bedeutung hat. 

Angesichts des breiten Interessenspektrums von Kindern, das Ausdruck ihrer Selbstfindung und Suche nach Welterklärung ist, ist von bildungspolitischer Relevanz:

  • Welche Bedingungen tragen zu einer einseitigen Nutzung der neuen Medien im Jugendalter bei, die zur Beeinträchtigung von Bildung und Lernen führen können?
  • Wie können Mechanismen der Reproduktion der Bildungsbenachteiligung und ihre Verstärkung durch die neuen Medien in der Sozialisation der Kinder aufgebrochen werden?

Untersuchungsschwerpunkte

Aus der Projektfragestellung ergeben sich die folgenden zentralen Untersuchungsfragen:

  • Welche Gründe sind maßgeblich für das Eintauchen der Kinder und Jugendlichen in die "virtuelle Welt", welche für Distanz, Abstinenz oder Rückzug?
  • Welche Bedeutung haben Medieninteressen für die Habitualisierung von digitalen Nutzungsstilen?
  • Lassen sich verschiedene Präferenzen als bildungsnahe und bildungsferne Nutzungsstile identifizieren?
  • Welche Bedeutung hat der Übergang von kinder- zu jugendkulturellen Orientierungsmustern für die Ausdifferenzierung unterschiedlicher Nutzungsstile und welche Rolle spielen dabei die Peers?
  • Welche persönlichen und biografischen Faktoren lassen sich als Korrelate der Nutzungsstile identifizieren?
  • Welche Rolle spielt der Transfer von informellen und formalen Bildungsprozessen zwischen Familie und Schule für die Ausbildung von digitalen Nutzungsstilen bei Kindern und Jugendlichen?

Methoden

Die Studie wird als Spezialerhebung zur Nutzung digitaler Medien im Rahmen des "DJI-Kinderpanels: Wie wachsen Kinder auf?" durchgeführt. Dieser Längsschnittstudie liegen zwei repräsentative Kohorten von Kindern zugrunde, die bei der ersten von drei Erhebungen im Jahr 2002 zwischen 5 und 6 Jahre und zwischen 8 und 9 Jahre alt waren. Im Jahr 2003 wurden zusätzlich 8- bis 9-jährige türkische Migrantenkinder befragt.

Für eine Befragung zum "Digital Divide" kommen insgesamt rund 1.250 Kinder in Betracht, die zum Erhebungszeitpunkt im Jahr 2007 im Alter zwischen 10 und 14 Jahren sein werden.

  • Sekundäranalyse
    Identifikation von Fragestellungen und Selektion biographischer, soziokultureller und sozioökonomischer Daten zur Lebensführung und Lebenslage der Kinder aus dem Kinderpanel, die im Kontext der These vom "Digital Divide" von Relevanz sind. Prüfung der Erklärungsrelevanz vorhandener Indices für medienwissenschaftliche Fragestellungen.
  • Quantitative Befragung
    Standardisierte Face-to-Face-Interviews mit 10- bis 14-Jährigen in ihren Familien zur Medien- und Internetnutzung, insbesondere zu ihren inhaltlichen Präferenzen, zu den Nutzungskontexten und zur subjektiven Bedeutung der digitalen Medien. Des Weiteren zur Einschätzung der eigenen und elterlichen digitalen Kompetenz sowie zum Erleben pädagogischer Begleitung und Kontrolle. Drop-Out-Fragebogen für ein Elternteil zur Erhebung der Ausstattung des Haushalts mit Medien.
  • Qualitative Follow-up-Studie
    Vertiefende Leitfadeninterviews mit 150 Kindern unterschiedlicher digitaler Nutzergruppen, mit dem Ziel Ansätze für Maßnahmen zu identifizieren, die einer Bildungsbenachteiligung entgegenwirken können.  

Kontakt

+49 89 62306-592
Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2
81541 München

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