Inklusive Schutzkonzepte in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe entwickeln und erproben
Problemhintergrund
Stationäre Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe stehen seit Beginn der Debatte über sexualisierte Gewalt in pädagogischen Institutionen im Fokus der öffentlichen und fachpolitischen Aufmerksamkeit. Mädchen und Jungen in stationären Einrichtungen sind aufgrund ihrer Vorerfahrungen eine besonders vulnerable Gruppe, weshalb die Anforderungen an Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt für stationäre Einrichtungen sehr hoch sind. Dies gilt insbesondere für junge Menschen mit und ohne Behinderung, die in außerfamilialen Wohnformen leben.
Die erhöhte Gefährdung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen durch sexualisierte Gewalt wurde in den vergangenen Jahren immer wieder belegt und durch verschiedene Projekte zu Präventions- und Schutzkonzepten adressiert. Bislang liegen Erkenntnisse zu Schutzkonzepten lediglich für stationäre erzieherische Hilfen einerseits oder für Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen andererseits vor. Kaum untersucht ist jedoch die Frage, welche Anforderungen sich an Schutzkonzepte in inklusiven stationären Settings der Kinder- und Jugendhilfe stellen. Ebenso steht die Entwicklung von solchen inklusiven Konzeptmodellen am Anfang.
Das Verbundprojekt „Schutzinklusiv“ verfolgt das Ziel, inklusive Schutzkonzepte in stationären Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung im Kontext der Be- und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt zu entwickeln und organisational zu stärken. Konkret werden im Projekt Forschungsergebnisse zu Schutzkonzepten in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe für einen Einsatz in inklusiven Wohngruppen oder inklusiven familienähnlichen Wohnformen partizipativ weiterentwickelt, bei Verbundpartner SOS Kinderdorf e.V. implementiert und erprobt und für den Transfer in andere Trägerstrukturen aufbereitet.
Im Teilprojekt B am DJI werden vor diesem Hintergrund Fragestellungen zu rechtlich relevanten Aspekten sowie Forschungsergebnisse zu Schutzkonzepten in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe aufbereitet und für einen Einsatz in inklusiven Wohngruppen oder inklusiven familienähnlichen Wohnformen weiterentwickelt. Dies erfolgt zusammen mit dem Verbundpartner SOS-Kinderdorf e.V. und dem SOCLES-Institut. Im am DJI durchgeführten Teilprojekt wird zudem ein bereits positiv evaluiertes Präventionskonzept (PräviKIBS) durch den Projektpartner Kinderschutz e.V. für den Einsatz in inklusiven Einrichtungen weiterentwickelt. Das inklusiv angepasste Präventionskonzept wird in Einrichtungen des Projektpartners SOS-Kinderdorf e.V. erprobt und mit Blick auf Praxistauglichkeit und Wirksamkeit evaluiert. Die breit einsetzbaren Fortbildungsmodule sind über die Projektlaufzeit hinaus im Handlungsfeld der stationären inklusiven Kinder- und Jugendhilfe für eine Nutzung und Weiterverbreitung geeignet. Sämtliche Projektergebnisse sollen einschlägig publiziert und einer breiten Fachöffentlichkeit präsentiert werden.
Im Rahmen der Evaluation des Präventionsprogramms führt das DJI eine Baseline- und Post-Erhebung im Kontrollgruppendesign in 10 inklusiven stationären Einrichtungen des Praxispartners SOS Kinderdorf e.V. durch. In 5 Modelleinrichtungen wird das Präventionsprogramm durchgeführt. Befragt werden auf Basis von Instrumenten aus dem Vorläuferprojekt „Kultur des Hinhörens“ Einrichtungsleitungen (n=10), Fachkräfte (n=100) und Kinder bzw. Jugendliche (n=200, 10-19 Jahre). Die Erhebungen finden zu zwei Zeitpunkten (Prä-/Post) statt, vor Beginn der Implementierung des Präventionskonzeptes PräviKIBS sowie etwa 12 Monate später nach Abschluss der Durchführung des Präventionsprogramms. Die Instrumente fokussieren bei Kindern und Jugendlichen auf erlebte sexuelle Grenzverletzungen, die Bereitschaft, Grenzverletzungen Fachkräften anzuvertrauen und das Sicherheitsgefühl bzw. wahrgenommene Klima in der Wohngruppe.
Christoffersen, Mogens Nygaard (2022): Sexual Crime Against Schoolchildren With Disabilities: A Nationwide Prospective Birth Cohort Study. In: Journal of Interpersonal Violence, 37. Jg., H. 3-4, NP2177-NP2205
Euser, Saskia/Alink, Lenneke R. A./Tharner, Anne/van IJzendoorn, Marinus H./Bakermans-Kranenburg, Marian J. (2016): The Prevalence of Child Sexual Abuse in Out-of-home Care: Increased Risk for Children with a Mild Intellectual Disability. In: Journal of applied research in intellectual disabilities : JARID, 29. Jg., H. 1, S. 83–92
Vandervort, Frank E., Kay, Joshua (2017): Legal Issues in child welfare cases involving children with disabilities. In: Palusci, Vincent J. (Hrsg.): Child abuse. Children with disabilities. Hauppauge, New York, S. 213–234
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