Impulse für die Weiterentwicklung der Familienerholung
Angebote der Familienfreizeit und Familienerholung gehören gemäß § 16 Absatz 2 Satz 3 SGB VIII zu den staatlichen Leistungen zur Förderung der Erziehung in der Familie. Das Angebot richtet sich insbesondere an Mütter und Väter in belastenden Familiensituationen. Neben Erholung sollte der Aufenthalt in einer gemeinnützigen Familienerholungsstätte Gelegenheiten für gemeinsame Erlebnisse bieten, verbunden mit Angeboten der Familienbildung, Beratung und Kommunikation. Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Stärkung von Erziehungs- und Familienkompetenz sowie Familiengesundheit geleistet werden.
Ziel der Studie ist es, Informationen über die Bedarfe besonders belasteter Familien zu gewinnen und auf dieser Grundlage Ansatzpunkte zur bedarfsgerechten Qualitäts- und Weiterentwicklung der Familienerholung zu identifizieren.
Der Forschungsstand zu den Faktoren, welche bei Familien zum Urlaubsverzicht führen, ist in Deutschland sehr überschaubar: Neben der Tatsache, dass der Verzicht auf Urlaub mit einer schwachen finanziellen Lage zusammenhängt (Hazel 2005), ist wenig über weitere Verzichtsursachen bekannt. Vor allem eine quantitative Einschätzung des Ausmaßes der nicht-monetären Dimensionen fehlt im aktuellen Forschungsstand. Im Rahmen der Studie soll der Kenntnisstand durch die Analyse des Erholungsverhaltens von besonders belasteten Familien und insbesondere die Umstände sowie Belastungsfaktoren, die mit einem Urlaubsverzicht zusammenhängen, ergänzt werden.
Des Weiteren wird untersucht, welche Bedeutung die gemeinsam verbrachte Zeit in einer Familienerholungsstätte für diese Familien hat Aus der Forschung zum social tourism aus dem internationalen Kontext ist bekannt, dass insbesondere Kinder und Eltern niedrigerer sozialer Schichten hinsichtlich ihrer Zufriedenheit und ihres Wohlbefindens von Familienurlaubsreisen profitieren könnten sowie im Umkehrschluss, im Falle eines Verzichts, Einbußen hinsichtlich des psychischen Wohlbefindens, bis hin zur sozialen Exklusion, hinnehmen müssten (Sedgley u.a. 2012). In dieser Studie nehmen wir neben Armut auch andere Exklusionsfaktoren in den Blick, welche Familien in belastenden Situationen und somit die Zielgruppen der Familienerholung definieren. Darüber hinausuntersuchen wir, welche Angebote und Strukturen in der Familienerholung von welchen Familien als Entlastung und als Beitrag zur Verbesserung des Familienklimas wahrgenommen werden.
Das Projekt besteht aus zwei Modulen.
Modul 1 ist quantitativ ausgerichtet und analysiert auf der Grundlage des deutschen Familien- und Beziehungspanels pairfam und des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zwei Zusammenhänge: einerseits zwischen verschiedenen Risikolagen (bspw. Alleinerziehende, schwere Krankheitsfälle in der Familie, höhere Kinderzahl) und einem belasteten Familienklima und andererseits zwischen den Risikolagen und dem Urlaubsverhalten (insbesondere Verzicht auf Urlaub) von Familien. Mit Hilfe dieser Analysen wird eine empirische Basis für die Definition der Zielgruppe der Familienerholung erstellt.
Im Modul 2 soll mittels qualitativer Methoden die Perspektive besonders belasteter Familien, welche die Angebote der Familienerholung bereits kennen und nutzen, erfasst werden. Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf den Motivationen der Familien für die Inanspruchnahme und der Bedeutung dieser gemeinsamen Zeit jenseits alltäglicher Routinen als konstruktives Moment der Familien im Sinne des Doing Family. Ziel dieses Moduls ist es, die Bedarfe und Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer in den Mittelpunkt der Analyse zu stellen und zu ermitteln, wie sich der Aufenthalt auf die einzelnen Familienmitglieder und die Familiendynamiken auswirkt.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse und Policyempfehlungen wurde vom BMFSFJ veröffentlicht.