Wie engagieren sich Väter für ihre jugendlichen Kinder im Alltag? Wie werden aktuelle gesellschaftliche Großthemen zwischen Vätern und Teenagern thematisiert und gemeinsam verhandelt? Inwiefern spielen Leitbilder von Geschlecht und Männlichkeit hierbei eine Rolle? Diese und weitere Fragen untersucht das Forschungsprojekt “Vaterschaft in Zeiten des Wandels: Wie Väter ihre Teenager im Alltag und bei gesellschaftlichen Fragen begleiten” der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg (EHL) unter Leitung von Prof. Dr. Johanna Possinger in Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) München. Das am DJI beheimatete Teilprojekt unter der Leitung von Dr. Claudia Zerle-Elsäßer liefert bevölkerungsrepräsentative Informationen zum väterlichen Engagement für ihre jugendlichen Kinder auf Basis von Daten des DJI-Surveys „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“.

In den 1980er Jahren entwickelte sich in den westlichen Industriegesellschaften die Vorstellung von den „neuen“, „aktiven“ oder „involvierten“ Vätern, die sich mehr in die tägliche Betreuung der Kinder einbringen, eine expressivere, intimere Beziehung zur ihren Kindern pflegen und sie in ihrem Sozialisationsprozess aktiv unterstützen sollten (Rotundo 1985). Während der letzten Jahre haben zahlreiche nationale und internationale Studien diese neuen, aktiven Väter und ihre Beiträge zur Familienarbeit und der Kinderbetreuung in den Blick genommen und Hemmnisse sowie förderliche Aspekte für mehr väterliches Engagement untersucht.

Die Väterforschung im deutschsprachigen Raum konzentriert sich bislang vorrangig auf die Sorgebeteiligung von Vätern in der Kindheit. Die wenigen Studien zu Vätern und Teenagern zeigen einen Rückgang von Betreuungszeiten zugunsten gemeinsamer Freizeitaktivitäten und persönlicher Gespräche. Diese drehen sich vor allem um Themen der familiären Außenwelt wie Schule, Sport und Politik. Diese Außenwelt befindet sich in einem gesellschaftlichen Wandel und ist von zentralen politischen „Megatrends“ gekennzeichnet, die auf Familien z.B. durch Medien einwirken. Dazu zählen u.a. Klimawandel, Digitalisierung und gesellschaftliche Polarisierungen. Familien gelten als zentrale Orte politischer Bildung. In der Jugend entwickeln Kinder in eigenes politisches Denken – oft im Austausch mit den Einstellungen ihrer Eltern. Wie genau sich die politische Bildung in Familien jedoch vollzieht, ist bislang nicht erforscht. Im Zentrum der Studie soll hierfür das Verhältnis von Vätern und ihren Teenagern stehen. Der Fokus auf Väter bietet sich auch deshalb an, da Väter die ersten männlichen Rollenvorbilder für Kinder sind und sich gerade Fragen von Männlichkeit wie ein roter Faden durch die großen gesellschaftlichen Themen der Gegenwart ziehen. Ziel ist es, das gelebte demokratische Handeln im Rahmen von Vaterschaft zu untersuchen, um so besser zu verstehen, wie familiäre Beziehungen und gesellschaftliche Anforderungen aufeinander einwirken.

Methodisch bedient sich die Studie eines Mixed-Methods-Designs. Um einen Einblick in die Vater-Kind-Interaktion sowie die Vater-Kind-Beziehung von Vätern mit jugendlichen Kindern zu geben, ist im Teilprojekt am DJI eine Sekundärdatenanalyse verschiedener Wellen mit querschnittlichen Fragestellungen des DJI-Surveys AID:A geplant – konkret der Erhebungen von AID:A 2019 und 2023 sowie ergänzend dazu des AID:A-Panels 2018, welches einen Fokus auf das Erleben der eigenen Herkunftsfamilie sowie aktuelle Familienleitbilder  der Jugendlichen hatte. In dem Projekt der EHL werden episodische Einzelinterviews mit Vätern und Teenagern in unterschiedlichen Lebenslagen mit verschiedenen politischen Einstellungen geführt, um die Perspektiven beider Generationen einzuholen. Die Ergebnisse sollen Impulse für die Väterarbeit, die politische Bildung und die Familienberatung liefern.

LaRossa, Ralph (1988): Fatherhood and Social Change. In: Family Relations, 37. Jg., S. 451–457

Parke, Ross D. (2000): Father Involvement. In: Marriage & Family Review, 29. Jg., H. 2-3, S. 43–58

Parke, Ross D. (2002): Fathers and Families. In: Bornstein, Marc (Hrsg.): Handbook of Parenting

Possinger, Johanna (2013): Vaterschaft im Spannungsfeld von Erwerbs- und Familienleben. Wiesbaden

Rotundo, E. Anthony (1985): American Fatherhood. A Historical Perspective. In: American Behavioral Scientist, 29. Jg., H. 1, S. 7–25

Seiffge-Krenke/von Irmer, Jörg (2004): Wie erleben Väter Familienbeziehungen während der turbu-lenten Zeit der Adoleszenz ihrer Kinder? In: Zeitschrift für Familienforschung, 15. Jg., H. 2, S. 144–155

Kontakt

+49 89 62306-332
Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2
81541 München

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