KiBS: Ergänzung Grundschulkinder in NRW
Der Forschungsverbund TU Dortmund/DJI untersucht, unterstützt durch das DJI, im Auftrag zweier Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Ministerium für Schule und Bildung sowie dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) die Elternwünsche nach Ganztagschulplätzen für Grundschulkinder in NRW. Dies soll auf kleinräumlicher Ebene erfolgen. Außerdem sollen die für die Wünsche der Eltern ursächlichen Bedingungsfaktoren identifiziert werden.
Die Ganztagsschule hat in den letzten 15 Jahren das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen deutlich verändert und zur (Neu)gestaltung heutiger Kindheiten beigetragen (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2013). Die offene Ganztagsschule (OGS) soll ein qualitativ hochwertiges Bildungs‐ und zugleich Betreuungsangebot sein und Eltern in ihrer Erziehungsarbeit unterstützen (Altermann u.a. 2018; Arnoldt/Steiner 2015). In den aktuellen Debatten zur offenen Ganztagsschule stehen deshalb oftmals auch Themen im Mittelpunkt, die für Eltern von besonderer Relevanz sind.
Für die Umsetzung eines bis 2025 im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbarten Rechtsanspruchs sind nicht nur diverse rechtliche und finanzielle Umsetzungsschritte notwendig, sondern es werden in diesem Zusammenhang auch Forschungsdesiderate deutlich, denen mit der Beantwortung der unten genannten Fragestellungen begegnet werden soll.
Ziel des Projekts, das am Forschungsverbund TU Dortmund/DJI bis Ende 2020 läuft, ist es, Erkenntnisse über das Ausmaß und die Varianz von Elternwünschen nach Betreuung in Form eines Ganztagsplatzes für Grundschulkinder in Nordrhein-Westfalen zu gewinnen. Außerdem sollen die hierfür ursächlichen Bedingungsfaktoren identifiziert werden. Dabei ist ebenfalls von Interesse, wie sich der Bedarf regionalspezifisch darstellt.
Bei der Erhebung über Bedarfslagen spielen auch weitere Faktoren eine Rolle, wie etwa der benötigte zeitliche Umfang an Betreuung, Gründe der Nutzung bzw. der Nichtnutzung oder die Art der bevorzugte Betreuungsform. Darüber hinaus wird mit der Erhebung eine Datengrundlage für Bedarfs‐ und Kostenanalysen geschaffen, die eine notwendige Bedingung für das Forschungsprojekt sind, um Modellrechnungen über zusätzlich zu schaffende Plätze sowie über fehlendes pädagogisches Personal zu erstellen.
Aufgabe des DJI im Projekt ist es, eine verlässliche Datenbasis für NRW zu schaffen. Die bisherigen Befragungen weisen zu kleine Fallzahlen auf, um als konkrete Planungsgrundlage für die einzelnen Kommunen hinsichtlich der Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebotes dienen zu können (vgl. hierzu auf Bundesländerebene Alt u. a. 2018). Die Schaffung der Datenbasis umfasst die Anpassung der Programmiervorlage, die Ziehung einer Stichprobe, die Zusammenarbeit mit dem Erhebungsinstitut und die Datensatzaufbereitung. Die Befragung bedient sich der erprobten Befragungsroutinen der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS).
Mit der vom DJI geschaffenen Datenbasis kann der Forschungsverbund TU Dortmund/DJI im Anschluss eine Reihe wichtiger Fragen beantworten, für die weitgehende Forschungsdesiderate bestehen:
- Wie viele Eltern benötigen in welchem Umfang Betreuung für ihre Kinder in der Primarstufe?
- Welche Betreuungsbedarfe haben Eltern in den Schulferien?
- Wie unterscheiden sich die elterlichen Bedarfe in Abhängigkeit alternativer Siedlungsstrukturen?
- Welche Eltern sind mit dem von ihnen genutzten Angebot zufrieden (z. B. mit der Qualität und den Betreuungszeiten)?
- Welche Betreuungsform (z. B. Ganztagsschulplatz, Übermittagsbetreuung, Hort) bevorzugen Eltern?
- Wie verändern sich die Betreuungsbedarfe an einem Ganztagsschulplatz mit steigendem Kindsalter?
- Unterscheiden sich Form und Umfang des Bedarfs auf Ganztagsschulplätze in Abhängigkeit von der Größe der befragten Kommunen?
- Welche soziodemografischen Merkmale stehen in einem Zusammenhang mit den unterschiedlichen elterlichen Bedarfen an einem Ganztagsschulplatz?
- Aus welchen Gründen nutzen Familien kein Betreuungsangebot?
- Wie organisieren Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wenn sie keine institutionelle Betreuung nutzen?
- Deckt der genutzte den benötigten Betreuungsumfang ab?
Insbesondere ermöglicht es der neu geschaffene Datensatz, siedlungsstrukturelle Auswertungen vorzunehmen, so dass eine solide Planungsgrundlage für Kommunen unterschiedlicher Größen geschaffen wird. Darüber hinaus können Differenzierungen nach Klassenstufen und alternativen soziodemografischen Größen vorgenommen werden.
Die Angliederung des Projekts an KiBS und die Nutzung ihrer Methoden ermöglichen das Zusammenspielen (Matchen) der KiBS- mit den Daten von NRW, dem mit Abstand bevölkerungsreichsten Bundesland, so dass auch gemeinsame Auswertungen realisiert werden können.
Um alle Fragen verlässlich beantworten und damit den vielfältigen Forschungsdesideraten entsprechen zu können, wird in Kooperation mit der Erhebungswelle 2019 der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) eine zusätzliche, repräsentative Stichprobe für Nordrhein-Westfalen gezogen, um so auf Grundlage eines bereits getesteten Erhebungsinstruments zusätzliche Daten für dieses Bundesland zu gewinnen.
Die Stichprobe für Nordrhein-Westfalen soll 150 Gemeinden mit 5.000 Fällen (200 Samplepoints) in der Altersgruppe der Fünf- bis Zehnjährigen, die aktuell in der Grundschule sind, umfassen. Als Befragungsinstrument wird der in KiBS verwendete Fragebogen zum Einsatz kommen, der in Teilen angepasst werden muss.
Alt, Christian/Gedon, Benjamin/Hubert, Sandra/Hüsken, Katrin/Lippert, Kerstin (2018): DJI‐Kinderbetreuungsreport 2018. Inanspruchnahme und Bedarfe bei Kindern bis 14 Jahre aus Elternperspektive – ein Bundesländervergleich. München.
Altermann, André/Lange, Mirja/Menke, Simone/Rosendahl, Johannes/Steinhauer, Ramona/Weischenberg, Julia (2018): Bildungsberichterstattung Ganztagsschule NRW. Dortmund. URL: http://www.forschungsverbund.tu-dortmund.de/fileadmin/user_upload/BiGa_2018_Webversion.pdf.
Arnoldt, Bettina/ Steiner, Christine (2015): Perspektiven von Eltern auf die Ganztagsschule. In Zeitschrift für Familienforschung, 27 (2), S. 209‐226.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2013): 14. Kinder‐ und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinderund Jugendhilfe in Deutschland. Berlin.