Ziel des Projektes ist es aufzuzeigen, inwiefern bei Eltern in Deutschland eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit vorliegt, und Faktoren ausfindig zu machen, die ausschlaggebend für eine egalitäre, nicht-traditionale oder traditionale Arbeitsteilung sind. Denn obwohl mit zunehmender Erwerbspartizipation und gestiegenem Bildungsniveau der Frauen das traditionelle Familienmodell an Bedeutung verliert, sind in vielen Familien nach wie vor Väter in höherem Umfang erwerbstätig als Mütter, wohingegen Mütter sehr häufig den größeren Anteil der Familienarbeit übernehmen.

Befragt man Eltern danach, welche Verteilung der Erwerbsarbeit sie sich wünschen, zeigt sich, dass viele Väter lieber etwas weniger als die reguläre Vollzeit (40 Std.) und viele Mütter lieber etwas mehr als die kleine Teilzeit (20 Std.) arbeiten würden. Viele Väter würden gern mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen (siehe Projekt „Väterreport“) (Li u.a. 2015). Ziel ist es, Einflussgrößen zu bestimmen, die erklären, warum Eltern öfter eine traditionale Arbeitsteilung haben als sie sich dies wünschen, und aufzuzeigen, welche Merkmale ausschlaggebend dafür sind, dass Eltern eine egalitäre Arbeitsteilung gelingt.

Das Forschungsinteresse bezieht sich im Speziellen darauf, Eltern mit egalitärer Arbeitsteilung zu analysieren. Unter egalitären Modellen im engeren Sinn werden dabei jene Modelle verstanden, bei denen beide Elternteile nicht nur in annähernd gleichem Umfang erwerbsstätig sind, sondern sich darüber hinaus auch die Familienarbeit (wie Elternaufgaben und Hausarbeit) partnerschaftlich aufteilen. Des Weiteren sollen Einflussfaktoren, welche bei der Entscheidung für oder gegen eine egalitäre Arbeitsteilung eine Rolle spielen, aufgedeckt werden. So nimmt etwa das Egalitarian-Values-Modell (van Berkel/de Graaf 1999) an, dass sich höher Gebildete eher für eine egalitäre Arbeitsteilung entscheiden. Nach der Ressourcentheorie wird die Verteilung der Erwerbs- und Hausarbeit ausgehandelt, wobei der Partner mit den höheren Ressourcen (Einkommen, Bildung, Berufsprestige) mehr Verhandlungsmacht hat. Neben der Bildung und dem Einkommen sind die Anzahl der Kinder sowie das Alter der Kinder weitere wichtige Einflussfaktoren, da diese den Umfang an Hausarbeit und Betreuungsaufwand wesentlich mitbestimmen. Weil nach dem Doing-Gender-Ansatz die Verteilung der Arbeit auch als Herstellungsprozess der geschlechtlichen Identität betrachtet werden kann, stellen kulturelle Normen, Werte und Gender-Konzepte weitere Einflussfaktoren dar.

 

Die Forschungsarbeit ist quantitativ ausgerichtet und wird sowohl querschnittliche als auch längsschnittliche Analysen umfassen. Als Grundlage dienen Daten aus zwei Befragungswellen des DJI-Surveys „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“: AID:A I (2009) und AID:A II (2013/15). Die Stichprobe besteht aus Eltern mit Kindern im Alter von 0 bis 17 Jahren, bei denen beide Eltern im selben Haushalt leben, Auskunftsperson ist hierbei die Mutter. Daraus ergibt sich eine Fallzahl von n=11.330. Die abhängigen Variablen messen das Ausmaß der egalitären Arbeitsteilung auf den Ebenen der Erwerbstätigkeit und der Familienarbeit. Letztere kann nochmals unterteilt werden in die Bereiche Hausarbeit, Elternaufgaben und Organisation. Als unabhängige Variablen zur Erklärung der Arbeitsteilung kommen Faktoren wie z.B. Bildung, Einkommen, Alter und Anzahl der Kinder, Gender-Konzepte, Institutionalisierungsgrad der Partnerschaft oder Betreuungsmöglichkeiten in Betracht. Die Signifikanz und Relevanz der Faktoren kann anhand multivariater Analyseverfahren überprüft werden. Der AID:A-Survey eignet sich inhaltlich sehr gut als Datengrundlage zur Analyse der Forschungsfragen. Er enthält ein „Doing-Family“-Modul, in dem speziell nach der Vereinbarkeitsproblematik von Familie und Beruf gefragt wird. Des Weiteren liegen Informationen darüber vor, wie das Erwerbsarrangement zustande gekommen ist, welches Erwerbsarrangement sich die Eltern wünschen würden, welche Einstellungen sie hinsichtlich geschlechtsspezifischer Rollenerwartungen und dergleichen mehr haben. Ferner wird abgefragt, inwiefern Aufgaben im Haushalt oder bei der Kinderbetreuung überwiegend von einem Elternteil oder von beiden gemeinsam übernommen werden und inwiefern privat zu verrichtende Aufgaben externalisiert werden.

 

 

Erste Befunde zeigen, dass in Deutschland eine traditionale Arbeitsteilung immer noch stark verbreitet ist. Auch wenn die Erwerbstätigkeit der Mütter in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat, sind Väter weiterhin die Haupt- und Mütter die Zuverdiener. Bei Familien mit Kindern im Kleinkindalter oder mit zunehmender Anzahl der Kinder verschiebt sich die Arbeitsteilung noch mehr hin zu einem traditionalen Modell. Eine sehr geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wird auch bei der familialen Arbeit deutlich: Mütter übernehmen den Großteil der alltäglichen Hausarbeit, Väter übernehmen dagegen überwiegend außeralltägliche Tätigkeiten wie Reparaturen. Aufgaben der Kinderbetreuung wie beispielsweise das Spielen mit den Kindern werden dagegen zu annähernd gleichen Teilen von beiden übernommen.

 

Jurczyk, Karin/Lange, Andreas/Thiessen, Barbara (2014): Doing Family: Warum Familienleben heute nicht mehr selbstverständlich ist. Weinheim/Basel

Li, Xuan/Zerle-Elsäßer, Claudia/Entleitner-Phleps, Christine/Schier, Michaela (2015): Väter 2015: Wie aktiv sind sie, wie geht es ihnen und was brauchen sie? Eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts. München

van Berkel, Michel/de Graaf, Nan Dirk (1999): By virtue of pleasantness? Housework and the effects of education revisited. Sociology, Jg. 33, H. 4, S.785-808

Kontakt

+49 89 62306-317
Deutsches Jugendinstitut
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81541 München

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