Zielsetzung der Studie

Die Vorstudie zu Wirkungen schulischer Konzepte für Schutz und Hilfe bei sexueller Gewalt setzt bei der offenen Frage an, inwieweit die Effekte und Leistungen von Schutzkonzepten von der Art und Qualität ihrer Umsetzung und strukturellen Verankerungen abhängen.

Diese Frage stellt sich prinzipiell für alle Institutionen mit Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsaufträgen - dennoch sind Schulen von besonderer Bedeutung, weil sie nahezu alle Kinder und Jugendliche über viele Jahre des Aufwachsens hinweg erreichen. Neben der Wirkungsanalyse von Präventions- und Hilfekonzepten an Schulen richtet sich das Erkenntnisinteresse der Studie auf methodologische und methodische Anfragen für die Untersuchbarkeit komplexer schulischer Organisationsstrukturen.

Daher macht es sich die Vorstudie zunächst einerseits zur Aufgabe, Kontakt- und Erhebungsinstrumente zu erarbeiten, zu testen und zu reflektieren. Andererseits werden in der Vorstudie unterschied­liche Perspektiven betrachtet, die es entsprechend zu erheben und analytisch zueinander ins Verhältnis zu setzen gilt. Insgesamt zielt die Vorstudie darauf ab, die Methodenentwicklung voranzu­trei­ben, um für die hohen Anforderungen an Wirkungsstudien in dem Forschungsfeld Schule geeignete Instrumentarien bereitzustellen.

In einer quantitativen Online-Erhebung werden mittels einer Zufallsstichprobe an 40 allgemeinbildenden, weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz Befragungen durchgeführt. Unter Wahrung datenschutzrechtlicher Regelungen erhalten teilnehmen-de Schulen eine Rückmeldung zu ihren Befragungsergebnissen. Im Einzelnen werden folgende Themen bearbeitet sowie Gruppen von Agierenden in einer Schule bei der Fragenbogenkonstruktion einbezogen und analytisch zueinander in Beziehung gesetzt:

Online-Befragungen von Schülerinnen und Schülern der 8./9. Jahrgangsstufe

Es wird ein Online-Tool entwickelt und getestet, um bei Schüler-innen und Schülern der Sekundarstufe Perspektiven auf die Schutzbemühungen ihrer Schule und potenzielle Wirkungen von Schutzkonzepten untersuchen und so die Adressat*innen-Perspektive in der Forschung zu Schutzkonzepten stärken zu können. Neben dem Ziel der Nutzbarmachung von Kontakt- und Befragungsinstrumenten für eine weiterführende Wirkungsstudie wird zudem als langfristiges Ergebnis daran gearbeitet, (1) Schulen selbst ein Selbstevaluationstool im Rahmen der Einführung oder Weiterentwicklung von Schutzkonzepten zur Verfügung zu stellen sowie (2) ein Online-Befragungsinstrument für Grundschülerinnen und -schüler zu entwickeln (mehr Informationen hierzu sind nachstehend dargestellt).

Die Fragen im Online-Instrument beziehen sich u.a. auf (1) das Vorhandensein (von Elementen) schulischer Schutzkonzepte aus Sicht der Schülerinnen und Schülern, (2) die Wirkungen (der Elemente) von Schutzkonzepten auf das Sicherheitsgefühl in der Schule und im Internet, (3) den Einfluss auf Selbstschutzstrategien, die Bereitschaft zur Hilfesuche und den Zugang zu Hilfe, aber auch die Bereitschaft zu unterstützendem Bystanderverhalten, (4) ihre Informiertheit über und Beachtung von Selbstschutzstrategien im Internet.

Online-Befragungen von Lehrkräften und Schulsozialarbeitenden

Die Gruppe der Lehrkräfte und Mitarbeitenden der Schulsozial-arbeit wurden bislang kaum in die Forschung zu Schutzkonzepten einbezogen. In ihrer Vermittlungsfunktion könnten sie für die Wirkung von Schutzkonzepten jedoch sehr bedeutsam sein. Daher ist es sehr wichtig, das Wissen zu validen Kontakt- und Befragungsinstrumenten voranzubringen.

Die Fragen im Online-Instrument beziehen sich u.a. auf (1) die eigene Rolle im Rahmen von Schutzkonzepten, (2) die dazu eingenommene Haltung, (3) ihre Informiertheit bezüglich der Problematik sexueller Gewalt, (4) ihr Wissen und ihre Kompeten-zen im schulischen Umgang mit sexueller Gewalt (z.B. in Bezug auf Interventions- und Beratungsangebote).

Online-Befragungen von Schulleitungen

Schulleitungen standen bislang im Mittelpunkt der Forschung zu Schutzkonzepten in Schulen. Zu Vergleichszwecken ist es sinnvoll, sie auch hier einzubeziehen. Zudem verfügen sie aufgrund ihrer Funktion und zumeist längeren Arbeit in schulischen Kontexten und wegen der Entwicklungsdynamiken nochmals über spezifisches Wissen zu schulischen Schutzkonzepten.

Die Fragen im Online-Instrument beziehen sich u.a. auf (1) den Stand der Planung, Entwicklung und Umsetzung des jeweiligen Schutzkonzepts, (2) dessen strukturelle Verankerung sowie (3) die von ihnen wahrgenommenen Wirkungen dieses Prozesses. Erstmals wird zudem versucht, Schulleitungen dazu zu befragen, (4) wie sie die vielfältigen Präventionsanliegen, die sich an Schulen richten, abwägen und zu vereinbaren suchen, um Entwicklungs-barrieren gegenüber Schutzkonzepten von Schulen besser einschätzen zu können. 

  • BMJ/BMFSFJ/BMBF – Bundesministerium der Justiz/Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg./2011): Abschlussbericht Runder Tisch. Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich. Berlin
  • Radfort, Lorraine (2018): A review of international survey methodology on child sexual abuse and child sexual exploitation. Preston
  • Walsh, Kerryann/Zwi, Karen/Woolfenden, Susan & Shlonsky, Aron (2018): School-based education programs for the prevention of child sexual abuse: A Cochrane systematic review and meta-analysis. Research on social work practice, 28(1), 33-55.
  • Wazlawik, Martin/Voß, Heinz-Jürgen/Retkowski, Alexandra/Henningsen, Anja/Dekker, Arne (Hrsg./2018): Sexuelle Gewalt in pädagogischen Kontexten. Aktuelle Forschungen und Reflexionen. Wiesbaden
  • Wolff, Mechthild; Schröer, Wolfgang; Fegert, Jörg M.; Rörig, Johannes-Wilhelm (2017): Schutzkonzepte in Theorie und Praxis. Ein beteiligungsorientiertes Werkbuch. Weinheim, Basel

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