Demokratiebildung im Ganztag
Angesichts sich intensivierender Debatten über die Präventions- und Sozialisationspotenziale institutionalisierter Bildung einerseits und des konkreten Mangels an empirischem Wissen über die alltägliche Praxis der Demokratiebildung im Ganztag und ihre Einflussfaktoren andererseits, geht das Projekt der Frage nach, wie im pädagogischen Alltag des Ganztags Demokratiebildung verstanden und praktiziert wird und wie dies mit der Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure im Ganztag zusammenhängt. Dabei bieten die unterschiedlichen Formen des Ganztags aufschlussreiche Vergleichsmöglichkeiten, da die Verantwortlichkeiten von Schule und von Trägern der Kinder- und Jugendhilfe verschieden verteilt und organisiert sind. Im Unterschied zu Forschungszugängen, die theoretische Konzepte und normative Vorgaben sowie deren Umsetzung überprüfen, zielt das geplante Forschungsprojekt darauf ab, ein Verständnis von Demokratiebildung im Ganztag und dessen Kontextbedingungen über das Handeln der Akteure nah an der realen Praxis zu erhalten.
- Welche Praktiken der Demokratiebildung zeigen sich im pädagogischen Alltag in den unterschiedlichen Formen des Ganztags? Welche Bedingungen für eine gelingende und weniger gelingende Umsetzung spielen dabei eine Rolle?
- Welche Herausforderungen und Chancen stellen sich in der Praxis durch die notwendige Kooperation der verschiedenen Akteure aus Kinder- und Jugendhilfe sowie Schule?
- Welche Perspektiven haben die beteiligten Akteure (pädagogische Fachkräfte, Lehrkräfte und Kinder) auf die Bedingungen und Handlungsformen von Demokratiebildung im Alltag und auf die Zusammenarbeit der Institutionen? Welche Herausforderungen und Chancen sehen sie?
- Welche konzeptionellen und rechtlichen Grundlagen zu Demokratiebildung sind aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte und Lehrkräfte für ihre pädagogische Arbeit bedeutsam? Wie zeigen sich diese im pädagogischen Handeln?
- Welche Stellschrauben zur Weiterentwicklung der Umsetzung von Demokratiebildung im Ganztag lassen sich aus der praktischen Arbeit heraus identifizieren?
Das Projekt nimmt über die Kombination verschiedener qualitativer Methoden die Organisationsprinzipien und Prozesse der Ganztagspraxis sowie Perspektiven von Kindern und dem pädagogischen Personal in verschiedenen Organisationsformen des Ganztags (gebunden, teilgebunden, offen) in drei bis vier Bundesländern in den Blick.
Zur Untersuchung der Vorgaben und Rahmenkonzepte sind erstens Dokumentenanalysen von Einrichtungskonzeptionen und Kooperationsvereinbarungen geplant. Zweitens werden zur Erfassung der Perspektive der beteiligten Akteure Gruppendiskussionen mit pädagogischen Fachkräften aus verschiedenen Formen des Ganztags, sowie Gruppendiskussionen mit Lehrkräften/Leitungskräften aus Schulen und Gruppendiskussionen mit Kindern geführt. Und schließlich führt das Projektteam zur Beobachtung der Demokratiebildung im pädagogischen Alltag teilnehmende und videogestützte Beobachtungen durch.
Die Ergebnisse werden in einer Praxisbroschüre für das pädagogische Personal des Ganztags alltagsnah aufbereitet. Darüber hinaus stellt ein Abschlussbericht die Ergebnisse für wissenschaftliche und politische Akteure kompakt zusammen. Eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderhilfswerk gewährleistet eine Diskussion der Ergebnisse mit Akteuren aus Politik, Praxis und Wissenschaft bereits während der Projektlaufzeit sowie eine breite Dissemination der Empfehlungen für die Fachpraxis. Im Rahmen einer Abschlusstagung in 2024 werden die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.