Deutschland ist verpflichtet, effektive Maßnahmen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu ergreifen. Die Umsetzung dieser Verpflichtung ist jedoch schwierig, da ein aktuelles und umfassendes Bild des Ausmaßes sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Deutschland fehlt (Jud/Kindler 2019). Insbesondere mangelt es an wiederholten und miteinander vergleichbaren Beobachtungen, wie sich die Häufigkeit (Prävalenz) von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche entwickelt. Bereits im Jahr 2021 empfahl der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen daher die Einrichtung eines Zentrums für die Durchführung von regelmäßigen Dunkelfeldbefragungen zur Häufigkeit von sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen (Nationaler Rat 2021). In einem Vorbereitungsprojekt wurde ein Konzept für ein solches Zentrum erarbeitet und zur Diskussion gestellt (Diskussionspapier).

Im Auftrag der Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen (UBSKM) führt das ZEFSG regelmäßig bundesweite, repräsentative Befragungen von Jugendlichen durch. Es wird erhoben, mit welcher Häufigkeit und in welchen unterschiedlichen Tatkontexten diese von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend betroffen sind. Die Ergebnisse fließen in die Berichterstattung der UBSKM gegenüber dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung ein.

Eine Besonderheit dieses Zentrums besteht in der partizipativen Anlage. Beteiligungsgremien sollen Betroffenen, Jugendlichen sowie Vertreterinnen und Vertretern von Wissenschaft und Praxis insbesondere ermöglichen, Fragestellungen einzubringen, standardisierte, wissenschaftlich abgesicherte Befragungs­instrumente zu ergänzen und sich an der Diskussion der Ergebnisse sowie zu ziehenden Schlussfolgerungen zu beteiligen. Die Beteiligung orientiert sich am Grundmodell von Michael T. Wright u.a. (2010). 

Für das Schuljahr 2025/2026 wird aktuell eine bundesweite, repräsentative Befragung von insgesamt 10.000 Schülerinnen und Schülern der 9. Klassen an allgemeinbildenden Schulen vorbereitet. Hierzu wird unter Rückgriff auf etablierte Instrumente gemeinsam mit in Kindheit und Jugend von sexueller Gewalt betroffenen Personen (Co-Forschende) ein geeigneter Fragebogen entwickelt, der die Häufigkeit von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in verschiedenen Tatkontexten erfassen soll. Das Befragungsinstrument beinhaltet zudem Fragen zu Disclosure, Hilfe- und Anzeigeverhalten, Belastungsfolgen und zur Belastung durch die Befragung. Um ein umfassendes Bild zu zeichnen, sollen neben sexuellen Gewalterfahrungen gegen Kinder und Jugendliche auch körperliche und psychische Gewalterfahrungen sowie Vernachlässigung erfasst werden. Die Erhebung wird von Prof. Dr. Andreas Jud vom Universitäts­klinikum Ulm durchgeführt. Flankiert wird die Datenerhebung an den Schulen durch Hilfe- und Aufklärungsangebote für Schülerinnen und Schüler.

Jud, Andreas/Kindler, Heinz (2019): Übersicht Forschungsstand sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen im deutschsprachigen Raum. Berlin

Nationaler Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (2021): Gemeinsame Verständigung des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Berlin

Wright, Michael T./Block, Martina/von Unger, Hella: Stufenmodell. In: Wright, Michael T. (2010): Partizipative Qualitätsentwicklung in der Gesundheitsförderung und Prävention. Bern

Sie erreichen das Team des Zentrums für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen (ZEFSG) per Mail unter zefsg@dji.de.

Kontakt

+49 89 62306-245
Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2
81541 München

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