so betitelt Anna Kücking ihren taz-Artikel zum Personalmangel in deutschen Pflegeheimen, in dem auch DJI-Alumna Prof. Dr. Barbara Thiessen, Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Beratung unter besonderer Berücksichtigung der Geschlechterverhältnisse an der Universität Bielefeld, zu Wort kommt.

Zu Thiessens Lehr- und Forschungsschwerpunkten zählen Beratung in Sozialer Arbeit und in Bildungskontexten, Geschlechterstudien im Kontext von Care und Familie, Theorien und Methoden gendersensibler Beratung, Organisationsdynamiken insbesondere im Hinblick auf Geschlechtergleichstellung und Diversität, Professionalisierung in Care-Berufen sowie rekonstruktive Beratungsforschung.

Barbara Thiessen gehört dem Initiativkreis „Care.Macht.Mehr“ an, in dem sich Wissenschaftler/innen zusammengeschlossen haben, um auf die gesellschaftliche Care-Problematik aufmerksam zu machen und mögliche Auswege aufzuzeigen. Denn sowohl der Fachkräftemangel in Einrichtungen als auch die Belastungen von Privatpersonen durch die heutige Arbeitswelt, lassen immer weniger Zeit für gesellschaftliche Sorgearbeit, die – zumindest wenn sie denn im Privaten stattfindet – zudem meist von Frauen geleistet wird und unbezahlt ist.

Die Initiative plädiert deshalb dafür, die bisherige Sorgekultur inkl. deren Finanzierung gesellschaftlich neu auszurichten. „Während in den letzten Jahren immer mehr Frauen in die Erwerbsarbeit gegangen sind, haben Männer sie nicht im gleichen Maße verlassen“, erläutert Professorin Thiessen gegenüber der taz. Dies habe zu einer systematischen Lücke in der Versorgung geführt.

Um dem etwas entgegen zu setzen, haben Care.Macht.Mehr.-Mitglieder gemeinsam mit dem Institut für Zeitpolitik ein sog. „Optionszeiten-Modell“ entwickelt, das für jede Person während ihres Berufslebens ein bezahltes Zeitkontingent von ungefähr neun Jahren für Care-Arbeit, Weiterbildung und Selbstfürsorge vorsieht. Dadurch soll Menschen ermöglicht werden, ihre berufliche Tätigkeit zugunsten gesellschaftlich wichtiger Aufgaben zu unterbrechen oder zu reduzieren. „In einem solchen System würde man nicht benachteiligt, sondern wäre abgesichert, wenn man Care-Arbeit leistet“, so Thiessen.

Und die Expertin fordert weiter: „Bei allen Entscheidungen, die auf kommunaler Ebene, auf Landes- und auf Bundesebene, aber auch in den Unternehmen getroffen werden, muss immer darüber nachgedacht werden: Was bedeutet das eigentlich für Menschen, die sorgen?“ Bislang sei das zu wenig mitgedacht worden, was sich nicht zuletzt während der Pandemie gezeigt habe.

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Homepage Prof. Dr. Barbara Thiessen Universität Bielefeld

Initiative Care.Macht.Mehr.