„Personalmangel in Kitas – Fachkräfte gesucht“
war das Thema der „Redezeit“ von NDR Info, bei dem DJI-Alumna Prof. Dr. Petra Strehmel, Professorin für Psychologie am Department Soziale Arbeit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, in einer Fachkundigen-Runde aus Wissenschaft, Politik und Fachpraxis und unter der Beteiligung von Hörerinnen und Hörern Rede und Antwort stand. Debattiert wurden neben den Ursachen vor allem auch mögliche Lösungsansätze für den Fachkräftemangel in deutschen Kitas.
Petra Strehmel, Erziehungswissenschaftlerin und Arbeits- und Organisationspsychologin mit den Schwerpunktthemen Personal- und Organisationsentwicklung in Non-Profit-Organisationen, Leitung und Management im System der Kindertagesbetreuung sowie Empirische Forschung und Evaluation, sieht neben den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung von Kita-Fachkräften u.a. auch bei den Ausbildungskapazitäten Optimierungsbedarf. So gäbe es an der HAW sowohl für den Studiengang Kindheitspädagogik als auch beim Studiengang Soziale Arbeit jedes Jahr deutlich mehr Bewerber:innen als Studienplätze. Hier könne man die Zahl der Studienplätze laut Strehmel ausbauen.
Es gäbe zwar keine belastbaren Zahlen darüber, wie Angebot und Nachfrage hier geregelt seien, aber Strehmel gab zu bedenken, dass womöglich viele junge Menschen gern mit Kindern arbeiten und im pädagogischen Bereich tätig sein wollten. Allerdings wollten sie für sich hier auch Entwicklungsperspektiven. Und mit einem Studium habe man im gesamten System der Kindertagesbetreuung mehr Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln. Doch die Zahl der Studienplätze stagniere seit einigen Jahren
Es brauche kompetentes Leitungspersonal in Kitas, so Strehmel, um Fachkräfte zu gewinnen, gut einzuarbeiten und zu binden. Der HAW-Studiengang Kindheitspädagogik vermittele diese Kompetenzen für künftige Kita-Leitungen.
Man wisse auch, so Strehmel weiter, dass die pädagogische Qualität in Kitas dort geringer sei, wo nicht ausgebildetes Personal zum Einsatz kommt. Ein Problem sei zudem, dass die fachliche Anleitung in der Praxis mitunter diejenigen pädagogischen Fachkräfte übernehmen müssten, die eigentlich für die Kinder da sein sollten.
Mehr Geld in den frühkindlichen Bereich zu investieren, ist aus Petra Strehmels Sicht in jedem Fall nötig, um Kitas besser auszustatten. Damit könnten z.B. für nicht pädagogische Aufgaben Verwaltungskräfte oder hauswirtschaftliches Personal eingestellt werden und ein Mindestmaß an pädagogischem Vertretungspersonal vorgehalten werden, das die Kita kennt und bei Bedarf schnell einspringen kann, da aus pädagogischer Sicht kurzfristig engagierte Zeitarbeitskräfte nicht zielführend seien.
Ein weiteres Hemmnis im frühkindlichen Bildungsbereich sieht Petra Strehmel in einer „Übersteuerung des Systems“. Auf Bundesebene sei sehr viel Know-how vorhanden und das Bundesqualitätsgesetz mit bundesweiten Standards könnte ein Stück weit mehr Vereinheitlichung im System schaffen, doch in den 16 Bundesländern gäbe es 16 unterschiedliche Bildungspläne und Gesetze. Und auch auf kommunaler Ebene würde bei einer Ko-Finanzierung durch die Kommunen sehr unterschiedlich verfahren – sei es bei den Kita-Gebühren, den Öffnungszeiten etc.. Auch gäbe es für Kitas Hürden durch Landesgesetze anhand enger Vorgaben für die Verwendung von finanziellen Mitteln. Deswegen wäre es laut Strehmel lohnend zu hinterfragen, was an Verwaltungsvereinfachung hier möglich sei – auch um dadurch den Kitas mehr Autonomie und Flexibilität einzuräumen, mit einem Budget, das sie je nach Bedarfen für zusätzliche Leistungen einsetzen könnten.
Investition in den Bereich der frühkindlichen Bildung lohne sich in jedem Fall und bringe die meiste Bildungsrendite, so Petra Strehmel.
Gekürzte Öffnungszeiten in Kitas könnten sich dagegen in einem Negativ-Kreislauf niederschlagen, weil die Kinderbetreuung dann ggf. von den Eltern kompensiert werden müsste, d.h. von teils hochqualifizierten Fachkräften, die dann wiederum in anderen Wirtschaftsbereichen fehlen würden. Dies könne auch der Politik nicht gleichgültig sein. Man könne hier im Übrigen auch vom europäischen Ausland lernen.
Homepage Prof. Dr. Petra Strehmel HAW Hamburg