"Das Bild vom Mann als Ernährer ist noch extrem stark in den Köpfen verankert"
das sagt DJI-Alumna Johanna Possinger, Professorin für Frauen- und Geschlechterfragen in der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg im Interview mit der Heilbronner Stimme anlässlich des Weltfrauentags zum Thema Gleichstellung.
Mit Blick auf vorhandene Defizite in der Gleichstellung reicht es laut Possinger nicht aus, Frauen einmal im Jahr hochleben zu lassen. Nötig seien vielmehr gesellschaftliche Veränderungen. Denn obwohl Frauen heute besser ausgebildet sind, sei die Lohnungleichheit der Geschlechter stark und nach wie vor befänden sich nur wenige Frauen in Führungspositionen, auch weil sie hauptsächlich in der Sorge- und Familienarbeit tätig sind. Im Kontext der familialen Sorgearbeit verweist die Expertin zudem auf das hohe weibliche Armutsrisiko hierzulande. Gleichstellung sei kein Selbstläufer, sondern ein gesamtgesellschaftliches Thema und eine Aufgabe für die es politischen Willen und gesetzliche Änderungen brauche, so die Wissenschaftlerin.
Doch nicht nur im Bereich der Armutsbekämpfung bei Frauen, insbesondere auch bei alleinerziehenden Müttern, sieht Johanna Possinger Handlungsbedarf, sondern auch beim Gewaltschutz. „Deutschland hat vor Jahren die Istanbul-Konvention mitunterschrieben und sich eigentlich für einen besseren Gewaltschutz von Frauen und Mädchen entschieden, aber die Vorgaben sind in Deutschland noch nicht umgesetzt worden. Es gibt viel zu wenige Frauenhäuser und die Plätze, die zur Verfügung stehen, sind chronisch überlastet sowie prekär finanziert. Jede Stunde erleben durchschnittlich 13 Frauen in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Expartner. Statistisch gesehen ist das Zuhause der gefährlichste Ort für Frauen, gefährlicher als dunkle Parkhäuser“, so Possinger.
Zum Interview Heilbronner Stimme
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