Begleitforschung zur Gefährlichkeitseinschätzung in kindschaftsrechtlichen Verfahren
DJI-Alumna Prof. Dr. jur. Susanne Nothhafft, Professorin für Recht in der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule (KSH) München, zeichnet verantwortlich für die Begleitforschung zur Evaluierung einer ab Oktober 2021 im Amtsgerichtsbezirk München startenden Pilotphase zur Erprobung und Implementierung eines Fragebogens zur Dokumentation und zur Gefährlichkeitseinschätzung in kindschaftsrechtlichen Verfahren.
Die Begleitforschung wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz (StMJ) im Rahmen des Bundesinnovationsprogramms "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" gefördert.
Zum Hintergrund des Starts der Pilotphase:
In Deutschland gilt die "Europaratskonvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" seit Februar 2018 verbindlich als einfaches Recht. Diese sogenannte „Istanbul-Konvention“ stellt in Art. 31 klar, dass in allen Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht die Sicherheit der von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder mit Vorrang berücksichtigt werden muss.
Doch die Grundsätze „Gewaltfreiheit in der Familie“ und „Fortsetzung einer kooperativen Elternschaft nach Trennung“ konkurrieren in der Praxis der Familiengerichte oft miteinander und können gerade im Rahmen von Sorge- und Umgangsrechtsverfahren erneute und bedrohliche Gefahrensituationen für die von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder erzeugen. Darauf nimmt die "Istanbul-Konvention" Bezug, wenn sie in Art. 51 eine explizite und interinstitutionelle Gefährdungsanalyse und ein entsprechendes Gefahrenmanagement fordert.
Damit sind die Praxen in Verwaltung, Justiz und Beratung aufgerufen, vor Ort funktionierende interprofessionelle Mechanismen zur Gefährdungsabschätzung (risk assessment) und Gefahrenabwehr zu etablieren.
Das KSH-Begleitforschungsprojekt beginnt zeitgleich zum Start der Pilotphase ab Oktober 2021 mit der multiprofessionellen Ringvorlesung "Safety first: Gemeinsam handeln - Gewalt bekämpfen - Betroffene stärken" zu den wissenschaftlichen Grundlagen von Gefährlichkeitseinschätzung. Sie dient laut Susanne Nothhafft auch der Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplkatoren.
Die wissenschaftlichen Implikationen von Gefährdungseinschätzung werden in der Vorlesungsreihe themenspezifisch aufbereitet und in ihrem Praxisbezug diskutiert und reflektiert.
Die Vorlesung ist eine Kooperationsveranstaltung des Familiengerichts München, der Katholischen Stiftungshochschule München (KSH), der Gleichstellungsstelle für Frauen der Landeshauptstadt München und von "Frauen helfen Frauen" München e.V. und mit der freundlichen Unterstützung des K 105 Opferschutz des Polizeipräsidiums München.
Susanne Nothhafft war von 2007 bis 2010 als wissenschaftliche Referentin am Deutschen Jugendinstitut tätig und für den Querschnittbereich "Rechtliche Fragestellungen des Kinderschutzes im nationalen wie internationalen Kontext" verantwortlich.
Homepage Prof. Dr. jur. Susanne Nothhafft, KSH