Plätze und Personalschlüssel – was in den Bundesländern noch zu verbessern ist


Für die Steigerung von Qualität in Kitas sind eine bedarfsgerechte Ausstattung mit Plätzen und ein angemessener Personalschlüssel entscheidend. Trotz Fortschritten in den letzten 10 Jahren sind die Herausforderungen immer noch groß – sowie in ost- und westdeutschen Ländern ganz unterschiedlich.

Von Christiane Meiner-Teubner und Katharina Kopp

Angebote früher Bildung, Betreuung und Erziehung sollen vielfältige Bildungs- und Entwicklungsziele für Kinder erfüllen. Bundesweit unternehmen daher alle Akteur:innen große Anstrengungen, um die Strukturen und Prozesse rund um die frühe Bildung kontinuierlich zu verbessern. Im Ländervergleich sind die Qualitätsunterschiede in Kindertageseinrichtungen jedoch nach wie vor groß, wie zuletzt das am Deutschen Jugendinstitut (DJI) und im Forschungsverbund DJI/TU Dortmund angesiedelte Projekt „Entwicklung von Rahmenbedingungen in der Kindertagesbetreuung“ (ERIK) erneut zeigen konnte.

Dem versucht die Politik auf Bundesebene entgegenzutreten: Zentrale Stellschrauben zur Qualitätssteigerung und Anpassung der Rahmenbedingungen der Länder wurden zuletzt in den zehn Handlungsfeldern des sogenannten „Gute-KiTa-Gesetzes“ festgeschrieben, das zudem eine Reduzierung der Elternbeiträge ermöglicht. Über dieses Gesetz erhielten die Länder finanzielle Mittel des Bundes zur Umsetzung eigener Strategien der Qualitätsentwicklung. Dabei ist allerdings zu beachten, dass nicht alle Strategien gleichermaßen Einfluss auf eine Qualitätssteigerung in der frühen Bildung haben.

Die Bildungsbeteiligung steigt, aber nicht alle Elternbedarfe werden erfüllt

Die Teilhabe an einem Bildungs- und Betreuungsangebot für Kinder vor dem Schuleintritt wurde zuletzt vor allem durch die Coronapandemie massiv auf die Probe gestellt. Aufgrund der zeitweiligen Schließungen von Einrichtungen oder Gruppen sowie der vorübergehenden Betretungsverbote für Kindertageseinrichtungen in Deutschland mussten Kinder, die bereits eine Kita besuchten, auf wichtige Bildungsimpulse verzichten: Es entfielen sowohl Anregungen seitens des pädagogischen Fachpersonals als auch solche durch den Kontakt mit Gleichaltrigen. Das zeigen Auswertungen des DJI, die unter anderem im Rahmen des Berichts „Bildung in Deutschland 2022“ erstellt (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung 2022; Grgic u.a. 2022). Die fehlenden Anregungen betreffen beispielsweise den Spracherwerb in der Kita, von dem vor allem Kinder profitieren, die zu Hause eine andere Sprache als Deutsch sprechen.

Die Kluft zwischen Angebot an und Nachfrage nach Kita-Plätzen hat sich leicht vergrößert – auf mittlerweile 13 Prozentpunkte.

Daneben gibt es nach wie vor Kinder, deren Eltern sich einen Platz in einer Kita wünschen, die aber trotz Rechtsanspruch keinen erhalten. Zwar wurden die Plätze in den Kindertageseinrichtungen in den vergangenen 10 Jahren massiv ausgebaut – doch parallel nahm auch der Bedarf deutlich zu. Während die Beteiligungsquote der unter 3-Jährigen bundesweit von 27,6 Prozent im Jahr 2012 auf 34,4 Prozent im Jahr 2021 stieg, erhöhte sich im gleichen Zeitraum der Elternbedarf von 39 auf 47 Prozent, wie die Kinderbetreuungsstudie 2021 (KIBS) des DJI zeigt. Damit konnte die deutliche Kluft zwischen Angebot und Nachfrage nicht geschlossen werden – mehr noch, sie hat sich sogar leicht auf mittlerweile etwa 13 Prozentpunkte vergrößert.

Ein Blick auf die Länderebene zeigt allerdings, dass in den ostdeutschen Flächenländern und in Hamburg – trotz hohem Elternbedarf – tendenziell eher ein ausreichendes Angebot für die Jüngsten zur Verfügung steht. In den westdeutschen Flächenländern sowie in den Stadtstaaten Berlin und Bremen ist die Differenz zwischen Elternbedarf und Bildungsbeteiligung hingegen deutlich (siehe Abbildung 1). Dieser Unterschied zeigt, dass es bislang bei der Qualitätssicherung – im Sinne der Ermöglichung der Teilhabe aller Kinder – bereits an einer umfassenden und bedarfsgerechten Ausstattung mit Kita-Plätzen mangelt, wenngleich sich die Situation seit 2012 in nahezu allen Ländern deutlich verbessert hat.

Das Personal ist heute im Mittel für weniger Kinder zuständig als vor 10 Jahren

Neben Fragen des Zugangs erweist sich vor allem das Verhältnis zwischen pädagogischem Personal und Kindern als ein zentrales Merkmal der Strukturqualität in Kindertageseinrichtungen. Hier gibt es gute Nachrichten: Trotz des immer stärker zu beobachtenden Fachkräftemangels wurden beim Personal-Kind-Schlüssel im vergangenen Jahrzehnt deutliche Verbesserungen erzielt (Böwing-Schmalenbrock/Meiner-Teubner 2022). Diese waren vor allem zwischen den Jahren 2020 (Erhebungsstichtag 1. März, also vor Beginn des ersten Coronalockdowns) und 2021 überdurchschnittlich hoch. Allerdings konnte noch nicht geklärt werden, inwieweit hier auch Coronaeffekte zu beobachten sind: beispielsweise durch mögliche verzögerte Kita-Einstiege von Kindern während der Pandemie, die zu dieser überdurchschnittlichen, kurzfristigen Verbesserung der Personal- Kind-Schlüssel geführt haben könnten. Diese wären dann nicht auf Qualitätsverbesserungen zurückzuführen – und bestehen unter Umständen aktuell bereits nicht mehr (Böwing-Schmalenbrock/Meiner-Teubner 2022), wie auch die jüngst vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Ergebnisse zur Kindertagesbetreuung im Jahr 2022 andeuten. 

Gleichzeitig haben einzelne Länder in Qualitätsverbesserungen in diesem Bereich investiert, sodass hier voraussichtlich mehrere Effekte zusammenkommen. Der durchschnittliche Personal-Kind-Schlüssel, bei dem die vertraglich vereinbarten Betreuungsstunden der Kinder den vertraglichen Arbeitsstunden des Kita-Personals rechnerisch gegenübergestellt werden, konnte allerdings auch schon in den  Jahren zuvor deutlich verbessert werden (siehe Abbildung 2): Er lag in Deutschland  im Jahr 2021 in Gruppen für unter 3-Jährige (U3-Gruppen)  bei 1:4,0. Das bedeutet, dass im bundesdeutschen Mittel vier Kinder auf eine pädagogisch tätige Person kamen. Im Jahr 2012 lag der Personal-Kind-Schlüssel noch bei 1:4,9.  Das heißt, dass im Jahr 2021 eine pädagogisch Tätige im Mittel für knapp ein unter 3-jähriges Kind weniger zuständig war als ein Jahrzehnt zuvor.

Auch in Gruppen für Kinder im Alter von 3 Jahren bis zum Schuleintritt (Ü3-Gruppen) zeigen sich eindeutige Verbesserungen: Bundesweit hat sich der Personal-Kind-Schlüssel von 1:9,5 (im Jahr 2012) auf 1:8  (im Jahr 2021) verbessert, sodass eine pädagogisch Tätige  zuletzt im Mittel für 1,5 Kinder dieser Altersgruppe weniger zuständig war als noch vor 10 Jahren.

Die Personal-Kind-Schlüssel sind in Westdeutschland besser

Mit Blick auf die einzelnen Länder zeigen sich dabei fast gegenläufige Befunde im Vergleich des Personal-Kind-Schlüssels zur Ausstattung mit Kita-Plätzen: Während die ostdeutschen Länder mit Ausnahme von Berlin eine deutlich geringere Lücke zwischen Angebot und Nachfrage aufweisen als die westdeutschen Länder, haben sie andererseits einen deutlich schlechteren Personal-Kind-Schlüssel. Das betrifft sowohl die U3-Gruppen als auch die Ü3-Gruppen. So lag der Personal-Kind-Schlüssel in U3- Gruppen im Jahr 2021 in den ostdeutschen Ländern zwischen 1:5,2 (in Berlin, Brandenburg und Thüringen) und 1:5,9 (in Mecklenburg-Vorpommern), in den westdeutschen Ländern dagegen zwischen 1:2,9 (in Baden-Württemberg) und 1:4,2 (in Hamburg).

Für die Gruppen mit Kindern zwischen 3 Jahren und dem Schuleintritt zeigt sich ein ähnlicher, aber nicht ganz so eindeutiger Befund: Hier liegen die Unterschiede im Personal-Kind-Schlüssel in den ostdeutschen Ländern zwischen 1:7,4 (in Berlin) und 1:12,3 (in Mecklenburg-Vorpommern), in den westdeutschen Ländern zwischen 1:6,5 (in Baden-Württemberg) und 1:9,5 (im Saarland). Diese Spannbreite war im Jahr 2012 teilweise noch größer, sodass sich innerhalb eines Jahrzehnts zumindest Annäherungen beobachten ließen. Unabhängig davon konnten in nahezu allen Ländern für beide Altersgruppen Verbesserungen erzielt werden.

Bedarfsdeckende Angebote sicherstellen und Qualität angleichen

Insgesamt werden mit diesen beiden ausgewählten Merkmalen – Platzangebot und Personal-Kind-Schlüssel – die großen Unterschiede zwischen den Ländern, die weiteren Herausforderungen, aber auch die bisherigen Errungenschaften deutlich. Aktuell stellt vor allem der Fachkräftebedarf das System vor große Herausforderungen: Erstens sind die bereits seit Jahren bestehenden Rechtsansprüche noch nicht vollständig erfüllt (und ab dem Schuljahr 2026/27 kommt ein weiterer Rechtsanspruch für Kinder im Grundschulalter hinzu); zweitens ist vor allem in Westdeutschland weiterhin mit demografischen Anstiegen zu rechnen. Das bedeutet, dass zusätzliche Plätze allein zur Aufrechterhaltung der aktuellen Beteiligungsquote benötigt werden. Drittens werden in der Fachdebatte bereits seit Jahren Qualitätsverbesserungen gefordert, deren Umsetzung mit dem „Gute- KiTa-Gesetz“ begonnen und mit dem „KiTa-Qualitätsgesetz“ fortgesetzt wurde – und die in den kommenden Jahren in ein Gesetz mit Bundesqualitätsstandards münden sollen. Um diese massiven Herausforderungen vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftemangels bewältigen zu können, werden alle Akteur:innen im System weiterhin hohe Anstrengungen unternehmen müssen, um kluge und vor allem kurzfristig wirkende Lösungen zu finden.

Autor:Innengruppe Bildungsbericht (2022): Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal. Bielefeld

Böwing-Schmalenbrock, Melanie / Meiner-Teubner, Christiane / Tiedemann, Catherine (2022): Personal-Kind-Schlüssel in Kindertageseinrichtungen. Ergebnisse und Erläuterungen zur Weiterentwicklung der Berechnungsweise der bisherigen Personalschlüssel. Dortmund

Böwing-Schmalenbrock, Melanie / Meiner-Teubner, Christiane (2022): Deutliche Verbesserungen der Personal-Kind-Schlüssel in Kitas. In: KomDat, 2 (22), 25. Jg., S. 18–23

Grgic, Mariana u.a. (2022): Interaktionen in Kindertageseinrichtungen während der Corona-Pandemie. Elternkooperation, Fachkraft-Kind-Interaktionen und das Zusammenspiel der Kinder im Rahmen eingeschränkter Möglichkeiten. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 17. Jg., H. 1, S. 27–56

Klinkhammer, Nicole u.a. (Hrsg.) (2022): ERiK-Forschungsbericht II. Befunde des indikatorengestützten Monitorings zum KiQuTG. Bielefeld

Weitere Analysen gibt es in Ausgabe 1/2023 von DJI Impulse „Frühe Bildung weiterentwickeln - Wie es um die Qualität der Kindertagesbetreuung in Deutschland steht und welche positiven Beispiele es aus anderen Ländern gibt“ (Download PDF).

Bestellung und Abonnement von DJI Impulse