Qualität der Kindertagesbetreuung in Deutschland

Rahmenbedingungen für eine gute Qualität in der Kindertagesbetreuung


Was zeichnet gute Kindertagesbetreuung aus und wie lässt sie sich weiterentwickeln? Am 1. Januar 2019 ist das Gute-Kita-Gesetz in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die Rahmenbedingungen für die Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung zu verbessern.

 

Seit Jahren weisen Forschungsergebnisse auf Handlungsbedarfe in verschiedenen Bereichen des Systems der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) hin. Aus diesem Grund umfassen die Regelungsbereiche des Gesetzes unterschiedliche Handlungsfelder, wie beispielsweise die Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels, die Stärkung von Leitung oder auch der Kindertagespflege. Der Bund stellt den Ländern bis 2022 insgesamt rund 5,5 Milliarden Euro für Investitionen in insgesamt zehn qualitativen Handlungsfeldern und für Maßnahmen zur Entlastung von Eltern bei den Beiträgen zur Verfügung.

„Die bundesweite Qualitätsdebatte thematisiert seit Jahren Mittel und Wege der gesetzlichen Regelung wichtiger Parameter struktureller Qualität. Mit dem „Instrumentenkasten“ im KiQuTG wurde steuerungspolitisch Neuland beschritten und Auftrag des Monitorings ist es zu beobachten, wie sich unter diesen Vorzeichen die Rahmenbedingungen entwickeln“, erläutert Nicole Klinkhammer, die das Projekt bis September 2022 geleitet hat.

Ziel des DJI-Projekts „Entwicklung von Rahmenbedingungen in der Kindertagesbetreuung“ (ERiK) ist es, von 2019 bis 2022 die Veränderungen und Herausforderungen in den verschiedenen Handlungsbereichen im bundesdeutschen FBBE-System im Rahmen eines indikatorengestützten Monitorings zum KiQuTG darzustellen. Damit realisiert das ERiK-Vorhaben den gesetzlich verankerten Auftrag für ein bundeslandübergreifendes sowie ein bundeslandspezifisches Monitoring. Zentral ist dabei der konzeptionelle Ansatz, in dem die Perspektiven der beteiligten Akteurinnen und Akteure auf den unterschiedlichen Ebenen des Systems der Kindertagesbetreuung berücksichtigt werden. So werden die Auswertungen amtlicher Daten ergänzt um Surveydaten, die sich aus der Befragung von Jugendämtern, Kindertagespflegepersonen, Trägern von Kindertageseinrichtungen, Leitungen und pädagogischem Personal sowie Eltern und Kindern speist. Mit den ERiK-Surveys 2020 wurde somit nicht nur eine einzigartige Datenbasis geschaffen, auch der Ansatz einer datenbasierten Steuerung im FBBE-System wurde konzeptionell weiterentwickelt.

„Der Monitoringansatz in ERiK ist insofern einzigartig, als er die konzeptionellen Überlegungen jahrelanger Qualitäts- und Steuerungsforschung berücksichtigt und dies zugleich konkret umsetzt in einem breiten Befragungsprogramm, das die unterschiedlichen Perspektiven der Akteurinnen und Akteure auf konkrete Rahmenbedingungen einbindet. Die ERiK-Surveys 2020 stellen Daten und Informationen zur Verfügung, zu denen wir bislang keine Erkenntnisse vorliegen hatten“, betont Klinkhammer.

ERiK-Forschungsbericht II – Konzeption und Befunde

Der ERiK-Forschungsbericht II beinhaltet sowohl umfassende Auswertungen aus amtlichen Statistiken als auch erstmals Auswertungen der Daten aus den ERiK-Surveys 2020. Die Daten bilden die Grundlage für viele Auswertungen zu weiteren Indikatoren und Kennzahlen. Darüber hinaus werden die amtlichen Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik (KJH) und die Daten der Kinderbetreuungsstudie (KiBS) des DJI aus dem Jahr 2020 ausgewertet.

Hier eine Auswahl der Ergebnisse für das Berichtsjahr 2020:

  • Erhebliche Belastungen und Stress durch Personalausfälle

Es zeigt sich, dass es in jeder vierten Kindertageseinrichtung Stellen gibt, die länger als sechs Monate nicht besetzt werden konnten. Personalausfälle werden überwiegend zu Lasten des bestehenden Personals beispielsweise durch Überstunden aufgefangen.

  • Selektivität in der Teilhabe aller Kinder ist weiterhin brisantes Thema

Die Forschenden konnten nach wie vor soziale Selektivität und ungleiche Teilhabe beobachten, wie die geringere Inanspruchnahme von FBBE-Angeboten durch Kinder mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund zeigt. Ein Zugangshindernis sind die Beiträge, die Eltern für die Kindertagesbetreuung entrichten müssen.

  • Gesundheitsthemen in der frühen Bildung haben an Bedeutung gewonnen

Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung in der frühen Bildung sind während der Pandemielage deutlich wichtiger geworden. Fort- und Weiterbildungen zu gesundheitsbezogenen Themen werden vom pädagogischen Personal vergleichsweise häufig besucht.

ERiK-Forschungsbericht I – Konzeption und Befunde

Der ERiK-Forschungsbericht I stellt nun den Startpunkt für eine Veröffentlichungsreihe über die Ergebnisse aus dem Monitoring zum KiQuTG dar. Er bildet die empirische Basis für den „Gute-Kita-Bericht 2020“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), der im Dezember 2020 veröffentlicht wurde. Der ERiK-Forschungsbericht dokumentiert einerseits die empirische Ausgangslage in den Handlungsfeldern des Gesetzes im Jahr 2019. Die vorgenommenen Analysen fußen auf amtlichen Daten aus dem Jahr 2019 sowie einer ganzen Reihe an relevanten Studien aus dem Feld der frühen Bildung, deren Daten gezielt mit Blick auf das Monitoring re-analysiert wurden. Andererseits werden auf Basis des Forschungsstandes die Indikatoren und Kennzahlen des Monitorings hergeleitet und konzeptionell begründet sowie in den mehrebenen- und multiperspektivisch begründeten Monitoringansatz des ERiK-Projektes eingeordnet.

Hier eine Auswahl der Ergebnisse für das Berichtsjahr 2019:

  • Teils große Länderunterschiede beim Personalschlüssel

Im Jahr 2019 liegt der Personalschlüssel bundesweit bei 3,9 ganztagsbetreuten Kindern für Gruppen mit Kindern unter drei Jahren, die einer Vollzeitkraft gegenüberstehen. In Gruppen mit Kindern zwischen drei Jahren und dem Schuleintritt sind es 8,2 ganztagsbetreute Kinder. Es wird zumeist mehr Personal in den Gruppen eingesetzt, in denen der Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Familiensprache höher ist. Es gibt teils große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Im Vergleich ist in den ostdeutschen Ländern das Personal im Durchschnitt für mehr Kinder zuständig, als in Westdeutschland.

  • Hoher Anteil an sprachlicher Diversität

In knapp der Hälfte der Kindertageseinrichtungen werden von den Kindern auch andere Sprachen als Deutsch gesprochen, jedoch nur von 5 % des pädagogischen Personals. Der Anteil von Kindern mit nicht deutscher Muttersprache lag in 2019 lag bei 61 % bei unter Dreijährigen und 68 % bei Kindern von drei Jahren bis zum Schuleintritt.

  • Kindertagespflege vorwiegend für Kinder unter drei Jahren

2019 befinden sich insgesamt 4,5 % aller Kinder in Kindertagesbetreuung in der Kindertagespflege. Der Anteil von 16 % der Kinder unter drei Jahren verdeutlicht, dass die Kindertagespflege insbesondere für jüngere Kinder relevant ist. Fast 92 % der Kindertagespflegepersonen haben 2019 an einem Qualifizierungskurs teilgenommen, größtenteils jedoch an Kursen unter 300 Stunden und ein Drittel verfügt über eine fachpädagogische Ausbildung.

  • Mehr als 600.000 Personen pädagogisch tätig in 2019

Im Berichtsjahr 2019 ist die Anzahl der Beschäftigten mit 609.700 Personen pädagogisches Personal inklusive Leitungen auf einem neuen Höchststand. Die Mehrheit (69 %) der pädagogisch Tätigen in der frühen Bildung verfügte mindestens über einen einschlägigen Fachschulabschluss, während der Anteil von akademisch Qualifizierten bei zirka 6 % und mit einem einschlägigen Berufsabschluss bei zirka 13 % liegt.

Außerdem waren in 2019

  • der Bedarf von Eltern vor allem bei Kindern unter drei Jahren nach wie vor höher als das Platzangebot.
  • der Anteil an Kindertageseinrichtungen, in denen keine Person für Leitungsaufgaben angestellt ist, mit 9 % relativ gering. Dabei ist die Größe einer Einrichtung ein zentraler Einflussfaktor bei der Frage, ob eine Einrichtung über eine Leitung verfügt: So sind es eher die mittelgroßen bis großen Kitas die über Leitungsressourcen in Gestalt einer Leitungsperson oder eines Leitungsteams verfügen. Bei einem Drittel der Einrichtungen werden die Leitungsaufgaben von einer Person übernommen, während 12 % von einem Leitungsteam geführt werden.
  • Familien mit niedrigen Einkommen sind besonders durch Beiträge belastet. Hier bestehen starke regionale Unterschiede bei der Gestaltung der Kosten, die bei Ländern, Kommunen und Trägern liegen. 45 % der Familien mit einem niedrigen Haushaltsnettoeinkommen geben an, dass die Höhe der Beiträge wichtig bei der Auswahl der Kindertagesbetreuung ist und wird bei 31 % der Eltern von Kindern unter drei Jahren als Hinderungsgrund betrachtet.

Der aktuelle Koalitionsvertrag weist darauf hin, dass zentrale strukturelle Rahmenbedingungen wie der Fachkraft-Kind-Schlüssel oder Maßnahmen zur sprachlichen Bildung weiterhin von Relevanz sind. Insofern bleibt die empirische Beobachtung der genannten Themenbereiche wichtig für die Abbildung von Entwicklungen. Zudem zeigt sich: Die Daten aus dem ERiK-Projekt haben eine wichtige Tragweite, denn auf Basis der Monitoring-Ergebnisse soll die Fortschreibung des Gesetzes gestaltet werden. Im ERiK-Forschungsbericht II lassen sich demnächst die Auswertungen der Daten aus den ERiK-Surveys 2020 nachlesen. Hier werden erste spannenden Entwicklungen sichtbar und neue Einblicke in das FBBE-Feld möglich.

Projekt „Entwicklung von Rahmenbedingungen in der Kindertagesbetreuung (ERiK)“ mit Downloadmöglichkeit der Forschungs- und Methodenberichte I und II
Kontakt

Dr. Sina Fackler
Projektleitung ERiK
Tel.: 089/62306-387
fackler@dji.de

Sonja Waldschuk
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-173
waldschuk@dji.de