Projekt „Apps für Kinder“ – Praxistest „Adobe Spark Video“
Kurzbeschreibung der App
Mit „Adobe Spark Video“ können Fotos, Sprache und Klänge zu Filmen arrangiert werden. Zu jedem Bild wird dabei genau eine Tonaufnahme gemacht. Bei der Wiedergabe wird das Bild dann solange angezeigt, bis diese abgespielt ist.

Die für Apple-Mobilgeräte erhältliche App unterstützt die Gestaltung durch schicke Designs, Übergänge und unterschiedliche Hintergrundmelodien. Die Bedienelemente sind in Englisch beschriftet. Aufgrund des überschaubaren Funktionsumfangs lässt sich "Adobe Spark Video" aber auch ohne Englischkenntnisse bzw. ganz ohne Sprachkenntnisse leicht bedienen.
Eine ausführliche Beschreibung der App befindet sich hier.
Rahmenbedingungen
Gruppengröße: 4 Kinder
Alter: 5 und 6 Jahre
Dauer: 60 Minuten
Material: ein Tablet mit der App „Adobe Spark Video“
Idee: Erstellung eines Erklärvideos zum Anziehen der Außenbekleidung
Zur Kita
In der Kita werden ca. 70 Kinder in altersgemischten Gruppen betreut. Aufgrund des erheblichen Anteils an Kindern mit Migrationshintergrund legt die Einrichtung seit mehreren Jahren einen Schwerpunkt auf die Sprachförderung. Seit drei Jahren nimmt sie an dem Bundesprogramm „Frühe Chancen“ teil und beschäftigt neben den Erzieherinnen eine Fachkraft zur Sprachförderung in einer halben Stelle. Besonders wichtig sind der Kita auch Bildungs- und Erziehungspartnerschaften mit Eltern. In Elterncafés werden regelmäßig Erziehungsfragen thematisiert. Die Kompetenzen der Eltern fließen auch in den Alltagsbetrieb ein. So wird die Mehrsprachigkeit von Eltern unterstützt, die mehrsprachige Bilderbücher in ihrer Muttersprache vorlesen.
Vorbereitung

Im Alltag fiel dem Team auf, dass vor allem jüngere Kinder noch Probleme haben, sich für Außenaktivitäten selbständig anzuziehen. Manchmal scheitert es einfach an der falschen Reihenfolge: Wer zuerst die Gummistiefel anzieht, bekommt Probleme damit, anschließend die Matschhose darüber zu ziehen.
Eine Kleingruppe von Vorschulkindern war schnell dafür zu begeistern, ein „Erklärvideo“ zu erstellen, mit dem die Kleineren über die richtige Reihenfolge informiert werden. Darin liegen gleich zwei Chancen: Die „Großen“ übernehmen Verantwortung und unterstützen die „Kleinen“ - und diese bekommen Tipps zum Anziehen.
Start: Einführung in die Arbeit mit dem Tablet
Nachdem die vier teilnehmenden Kinder ihre warmen Anziehsachen geholt haben, beginnt die Gruppe mit Unterstützung von zwei Erzieherinnen, das Mobilgerät zu erforschen. Ein Tablet kennt jedes der Kinder, und auch die Kamerafunktion ist den meisten bekannt. Bisher waren sie beim Fotografieren allerdings eher Zuschauer. Deshalb dürfen sie jetzt selbst aktiv werden und zuerst nach eigenem Belieben das Fotografieren ausprobieren. Die spontan entstandenen Bilder werden in der Gruppe betrachtet. Besonders Spaß macht das Schießen und Betrachten von „Selfies“ (Selbstportraits). Es ist eine aufregende Sache, sich selbst wahrzunehmen und zu entdecken!
Kreativ-Phase: Erklär-Bilder zu einem Erklär-Video erstellen

Nun geht es darum, zu überlegen, welche Bilder wichtig wären, um eine gute Anleitung für Jüngere erstellen zu können. Die Vorschulkinder müssen sich zunächst noch einmal selbst bewusst machen, welche Reihenfolge die richtige ist. Zwei Kinder zeigen die einzelnen Schritte, die zwei anderen wechseln sich beim Fotografieren ab. Weil beides viel Spaß macht, entsteht eine zweite Fotoreihe mit getauschten Rollen. Nachdem die Fotos erstellt und für gut befunden sind, wird die Funktionsweise der App „Adobe Spark Video“ nicht lange erklärt, sondern im Prozess erforscht: Ein neues Projekt wird erstellt, ein Titel vergeben und auf der ersten Seite das erste Foto eingefügt.
Die zu sprechende Anweisung wird gemeinsam überlegt („Zuerst musst du die Matschhose anziehen“) und zum Bild passend eingesprochen, während der Aufnahmeknopf gehalten wird. Eine Vorschau präsentiert im Anschluss sofort das Ergebnis dieses ersten Schrittes: Das Bild fliegt ein, die Erklärung ertönt.
Das Prinzip ist so einfach, dass die Kinder im Anschluss selbständig Bilder einfügen und Kommentare aufnehmen können. Die Erzieherinnen begleiten und unterstützen da, wo es notwendig ist.
Abschluss
Besonderen Spaß haben die Kinder daran, das Video mit den eigenen Stimmen und den Fotos anzuschauen. Sich selbst auf dem Bildschirm zu erleben, ist aufregend. Außerdem erfüllt es mit Stolz, den anderen Kindern eine Hilfe zu sein und dieses tolle Ergebnis mit nur wenig Unterstützung erstellt zu haben. Medien erweisen sich hier nicht nur als hilfreiches Werkzeug in Bildungsprozessen. Die Erfahrungen von Selbstwirksamkeit und von Kompetenz stärken das Selbstwertgefühl.
Auswertung
Der Einsatz von „Adobe Spark Video“ erwies sich als sehr einfach und hilfreich. Dass die App nur englische Bezeichnungen enthält, war kein Problem, da die Kinder noch gar nicht lesen konnten und außerdem die wenigen Programmschritte schnell gelernt hatten.
Etwas Übung benötigt die Aufnahme von Ton: Der Finger muss während des Sprechens auf dem Mikrofonsymbol bleiben. Damit beim späteren Anschauen des Videos die Bilder nicht zu schnell durchlaufen, empfiehlt es sich sogar, immer etwas länger aufzunehmen, als die eigentliche Erklärung dauert. Da im Nachhinein eine Aufnahme nicht verlängert werden kann, wird auf diese Weise eine Pause eingefügt. Dann bleibt dem Betrachter noch Zeit, das Bild in Ruhe anzuschauen. Die teilnehmenden Kinder mussten dazu angeleitet werden, ohne zunächst begreifen zu können, wozu das nötig ist.
Eigentlich kann man in „Adobe Spark Video“ für jede Folie ein Foto direkt aufnehmen. Die Bilder wurden aber bewusst vorher mit der einfachen Kamera-App erstellt und erst nach dem Fotografieren in die Kreativ-App eingefügt. So wurde der inhaltliche Prozess von dem kreativen Verarbeiten getrennt.
Da das Fotografieren viel Spaß macht, entstehen schnell viel mehr Bilder als benötigt. Dadurch, dass jede Aktion von insgesamt vier Kindern dargestellt wurde, waren einfach zu viele Bilder vorhanden. Es mussten einzelne ausgewählt werden, während andere wegfielen. Um die Arbeit der „Darsteller“ und „Fotografen“ mehr wertzuschätzen, macht es Sinn, bei einem nächsten Einsatz der App das Fotografieren genauer zu planen. Denkbar wäre, mit den Kindern zunächst ein (gemaltes) „Drehbuch“ (Storyboard) zu erstellen, in dem vor dem Fotografieren festgehalten wird, was später abgebildet werden soll.
In der Reflexion des Praxistests zeigte sich, wie viele weitere Möglichkeiten die Erzieherinnen im Einsatz dieser einfachen App sehen. Die Ideen reichten vom Erzählen von Geschichten mit Figuren, Puppen oder dem „Gemüsetheater“, dem Erstellen von Bilderbuchvertonungen (in mehreren Sprachen), unterschiedlichen Erklärvideos bis hin zum Einsatz in der Sprachförderung. Die Reduktion auf die zwei Grundfunktionen von Adobe Spark Video (je ein Bild + eine Tonaufnahme) schränkt nicht ein, sondern bietet im Gegenteil viele Freiheiten.
Bericht und Fotos: Jochen Wilke, im Auftrag des DJI