Projekt „Apps für Kinder“ – Praxisbericht „Incredibooth“
App-Kurzbeschreibung
Die iOS App „Incredibooth“ imitiert einen nostalgischen Fotoautomaten. Damit können bereits Kindergartenkinder, mit etwas Unterstützung, lustige Fotostreifen erstellen. Die App ist kostenpflichtig, enthält Links zu sozialen Netzwerken und bietet In-App-Käufe an. Sie sollte daher nur unter Anleitung von Erwachsenen oder offline genutzt werden.
Incredibooth ist sehr einfach und übersichtlich aufgebaut und kann von Kindern bereits nach kurzer Einführung selbstständig bedient werden. Nach Betätigung des Auslösers werden im Drei-Sekunden-Takt vier Fotos geschossen, die anschließend, wie bei echten Automaten, in Fotostreifen angeordnet werden. Dadurch ergeben sich vielseitige Einsatzmöglichkeiten.
Für die Fotostreifen können verschiedenste Aufgabenstellungen oder Themen gewählt werden, z. B.:
Gesichter (Grimassen, Emotionen, Maskeraden) und Körper-MixMax (Kopf - Rumpf - Beine - Füße)

Formenbilder aus bereitgelegten Schablonen
Strichzeichnungen (z.B. "das ist - das Haus - vom Ni - kolaus")
Fehlersuchbilder: In einem "Wimmel-Arrangement" aus vielen kleinen Dingen wird bei jedem Foto etwas verändert
Welche Mengen sind dargestellt? (z.B. Bauklötze - einige werden entfernt - hinzugefügt - entfernt)
Was gehört nicht dazu? (z.B. Apfel - Birne - Banane - Keks)
ein Wort aus vier Buchstaben legen (z.B. K - I - T - A)
ein Wort, das sich bei jedem Foto ein wenig verändert und dadurch ein neues ergibt (z.B. NASE - HASE - HOSE - DOSE)
Aus den Einsatzmöglichkeiten resultieren unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und Herausforderungen. Manchmal sind beispielsweise exakte Absprachen nötig: Wer ist wann an der Reihe, um passend zum Takt des Auslösers seinen Part des Arrangements zu erfüllen. Dadurch ist die App in verschiedenen Kontexten und Altersklassen einsetzbar und fördert zusätzlich soziale Kompetenzen.
Die Optionen innerhalb der App:
Auslöser betätigen
aus vier verschiedenen Filtern wählen
zwischen Haupt- und Frontkamera wechseln
fertige Fotostreifen ansehen
fertige Fotostreifen sicher und/oder teilen (Fotobibliothek, Email, Facebook, Twitter)
Rahmenbedingungen
Gruppengröße: 4 Kinder
Alter: 4 bis 6 Jahre (Vorschulgruppe)
Dauer: 30 Minuten
Material: ein Tablet mit der App Incredibooth
Idee: der Passbildautomat in der Kita - Spaß am Experimentieren mit Fotoreihen
Die App wurde im November 2016 in einer Kleingruppe (vier Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren) in einer Kita in Bremen eingesetzt.
Zur Kita
Im der Einrichtung werden 130 Kinder im Alter von 1,5 bis 6 Jahren betreut und gefördert. 86 Prozent von ihnen stammen aus Familien mit Migrationshintergrund. Insgesamt treffen dort 16 verschiedene Nationen aufeinander. Darüber hinaus stammt ein Großteil der zu betreuenden Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern und Großfamilien.
Vorbereitung
Für die Aktion steht ein etwa 20 qm großer Bewegungsraum zur Verfügung, in dem die Gruppe ungestört arbeiten kann.
Vor Beginn überprüfen:
App korrekt installiert? Einen Probedurchlauf machen.
Akku geladen?
Start: Einführung in die App

Die Erzieherin setzt sich mit der Kleingruppe zusammen, hält das Tablet hoch und fragt, wer denn wisse, was sie hier in der Hand hält. Alle Kinder kennen Tablets, eines weiß sogar, dass es sich um ein iPad handelt. Auf die Frage, was man mit einem Tablet machen kann, kommt als Erstes von allen die Antwort: Spielen! Und dann: Sachen für die Arbeit angucken.
Heute soll das Tablet ein Fotokasten sein, so wie der Passbildautomat am Bahnhof. Die Erzieherin startet die App Incredibooth, die Kamera ist auf Frontkamera gestellt und die Kinder sehen sich selbst auf dem Display. Daraufhin beginnen sie sofort, Grimassen zu schneiden. Der Auslöser wird betätigt, der „digitale Passbildautomat“ ist gestartet, er macht vier Aufnahmen nacheinander. Die Erzieherin hält das Tablet, die Kinder gucken in die Kamera, lachen und machen Fratzen, gucken und lassen sich knipsen, alle drei Sekunden löst die Kamera aus. Beim anschließenden Angucken merken die Kinder, dass sie gar nicht immer richtig zu erkennen sind, der Kopf ist manchmal nur halb drauf.
Kreativ-Phase: Eigene Versuche mit der App

In der 2. Runde ist jedes Kind der Reihe nach dran, betätigt den Auslöser und macht von sich selbst vier Grimassen-Fotos. Ein Kind dreht das Tablet und macht von sich Aufnahmen im Querformat. Das gemeinsame Angucken der Grimassen sorgt für reichlich Gelächter, die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Die Erzieherin greift das auf und lässt nun „Gefühlsbilder“ machen. Wie sehen wir aus, wenn wir fröhlich sind? Das ist einfach, denn das sind gerade alle. Aber wie sehen wir aus, wenn wir wütend sind? Oder traurig? Ängstlich? Schnell merken die Kinder, dass es gar nicht so einfach ist, Gefühle „auf Knopfdruck“ zu zeigen. Gemeinsam wird überlegt, wann wir wütend, traurig oder fröhlich waren. Die Verknüpfung mit Situationen, in denen das Gefühl aufgetreten ist, macht es etwas leichter, dieses für die Kamera darzustellen. Reihum macht jedes Kind einzeln oder wahlweise zu zweit noch einmal Gefühlsfotostreifen von sich.
Abschluss
In einer Abschlussrunde werden alle Fotostreifen noch einmal angeguckt und gemeinsam mehrere Bildstreifen ausgewählt, die ausgedruckt und aufgehängt werden sollen. Außerdem entscheidet jedes Kind, welche Fotostreifen zusätzlich in sein Portfolio aufgenommen werden sollen.
Auswertung

Die Kinder ließen sich sofort von der App begeistern und nutzten die Möglichkeit, sich selbst im Display zu sehen und Grimassen auszuprobieren.
Die Bedienung ist sehr einfach, der Auslöser ist sofort zu erkennen und das Ticken, das nach Betätigung des Auslösers zu hören ist, verdeutlicht den Rhythmus, in dem die vier Fotos aufgezeichnet werden. So hatten alle Kinder schnell Erfolgserlebnisse und waren motiviert, dranzubleiben und weiter mitzumachen. Die Möglichkeit, die Filter zu wechseln, wurde hier nicht verwendet, da der Spaß vor allem darin bestand, Fotostreifen mit verschiedenen Gesichtsausdrücken zu erstellen.
Die App eignet sich gut, um kreativ und kooperativ ein Gemeinschaftsprodukt zu gestalten. Die Kinder sprechen sich ab, agieren miteinander und freuen sich zusammen an den Ergebnissen. Der Fotostreifen kann thematisch sehr unterschiedlich gefüllt werden, sodass die App je nach Alter der Kinder für verschiedene Themen und unterschiedlich anspruchsvolle Aufgabenstellungen genutzt werden kann. Neben den anvisierten Zielen, je nach Thema/Aufgabenstellung, werden auch Fantasie und Kreativität angeregt. Da Absprachen zwischen den Kindern notwendig sind, um Reihenfolgen auszuhandeln und sich über Zuständigkeiten zu einigen, werden auch soziale Kompetenzen und kommunikative Fähigkeiten gefördert.
Bericht und Fotos: Susanne Roboom, i.A. des Deutschen Jugendinstituts e.V.