Mobbing im Internet

Immer mehr junge Menschen kommen im Alltag mit Cybermobbing in Berührung. Der DJI-Survey AID:A zeigt, dass beim Schutz vor digitalen Beleidigungen und Belästigungen nicht nur Schulen eine wichtige Rolle spielen, sondern auch Ausbildungsbetriebe sowie Berufs- und Hochschulen. 

Von Bettina Grüne, Andreas Herz und Diana Willems

Die mediatisierten und digitalisierten Alltags­welten junger Menschen bieten vielfältige Möglich­keiten, sind aber gleichzeitig auch mit Risiken verbunden. Cyber­mobbing ist dabei eines der am meisten diskutierten Risiken, sowohl seitens der Fach­praxis und Wissenschaft, aber auch seitens betroffener junger Menschen und ihrer Familien. Thematisiert werden die Häufigkeit von Cyber­mobbing sowie dessen Folgen, individuelle Bewältigungs­strategien und Maßnahmen zur Prävention. 

Laut Definition von Ira-Katharina Peter und Franz Petermann (2018) wird bei Cybermobbing Informations- und Kommunikations­technologie genutzt, um wiederholt und absichtlich einer anderen Person zu schaden, sie zu belästigen, zu verletzen und/oder in Verlegenheit zu bringen. Cyber­mobbing kann unter anderem in den sozialen Medien, über Messenger-Dienste, in E-Mails oder Chats erfolgen. Viktimisierung durch Cybermobbing, also von Cybermobbing betroffen zu sein, kann mit schwerwiegenden psychischen, körperlichen und sozialen Problemen verbunden sein (Petras/Petermann 2019). In diversen Studien wurden personale, soziale und medien­bezogene Risiko­faktoren für eine Viktimisierung durch Cyber­mobbing untersucht. Zum Beispiel gehen höheres Alter, weibliches Geschlecht sowie verschiedene familiäre und schulische Faktoren junger Menschen, wie etwa autoritärer Erziehungs­stil oder negatives Schulklima, mit einer höheren Wahrschein­lichkeit einher, von Cybermobbing betroffen zu sein (ebd.). 

Bei der Untersuchung der Häufigkeit von Cyber­mobbing in Deutschland wird überwiegend auf repräsentative Befragungen von Schüler:innen zurückgegriffen. Laut der Kinder- und Jugend­gesundheits­studie „Health Behavior in School-aged Children Study“ (HBSC) der Weltgesundheits­organisation des Jahres 2022 und dem Niedersachsen­survey 2019 berichteten 3 beziehungsweise 3,5 Prozent der befragten Schüler:innen, dass sie in den letzten Monaten von Cyber­mobbing betroffen waren (Fischer/Bilz 2024, Krieg u.a. 2020). Weiterhin zeigt sich in den HBSC-Daten eine Zunahme in der Häufigkeit von Cybermobbing- Erfahrungen. So weisen sie einen Zuwachs von Cybermobbing-Viktimisierungen zwischen den Befragungen der Schüler:innen in 2017/2018 und denen in 2022 um 1 Prozentpunkt auf 3 Prozent aus (Fischer/Bilz 2024). 

Etwa 7 Prozent der 12- bis 21-Jährigen berichten, Cybermobbing erlebt zu haben

Der Survey des Deutschen Jugendinstituts (DJI) „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz AID:A, liefert ebenfalls Daten darüber, wie häufig junge Menschen von Cyber­mobbing betroffen sind. Im Gegensatz zu den oben genannten Studien werden in der bundes­weiten Haushalts­befragung des DJI-Survey nicht nur Schüler:innen zu ihren Erfahrungen mit Cyber­mobbing befragt, sondern beispielsweise auch junge Menschen in Ausbildung oder Studium, erwerbstätige oder arbeitslos gemeldete junge Menschen. In Anlehnung an Tiziana Pozzoli und Gianluca Gini (2020) wurden die 12- bis 21-jährigen Befragten gebeten, anzugeben, wie häufig sie in den letzten Monaten folgende Erfahrungen gemacht haben: (1) Jemand hat eine Online-Gruppe erstellt, in der Leute sich über mich lustig gemacht haben; (2) Ich wurde aus einer Online-Gruppe ohne Grund ausgeschlossen, nur damit ich mich schlecht fühle; (3) Einige meiner peinlichen Fotos oder Bilder wurden ohne meine Zustimmung verbreitet; (4) Ich wurde über das Handy/Smartphone oder Internet bedroht oder beleidigt. Die Antwortoptionen waren: (1) täglich; (2) mehrmals pro Woche; (3) ein- bis zweimal pro Woche; (4) ein- bis zweimal pro Monat; (5) seltener oder (6) nie. Wenn Befragte berichteten, von einer oder mehrerer dieser Formen mindestens ein- bis zweimal pro Monat betroffen gewesen zu sein, galten sie als Personen mit Cyber­mobbing- Erfahrung (Grüne/Herz/Willems 2024). 

Die meisten Befragten sprachen von Bedrohungen oder Beleidigungen über das Handy/Smartphone oder das Internet.

Insgesamt berichteten circa 7 Prozent der 12- bis 21-Jährigen, dass sie in den letzten Monaten von Cybermobbing betroffen waren (siehe Abbildung 1). Damit war die Prävalenz in AID:A höher als in der HBSC-Studie oder dem Niedersachsensurvey, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass in AID:A eine geringere Schwelle für die Definition von Cybermobbing angewandt wurde (ein- bis zweimal monatlich versus mindestens zwei- bis dreimal monatlich in der HBSC-Studie beziehungsweise mindestens mehrmals monatlich im Niedersachsensurvey (ebd.). Die Verbreitung der unterschiedlichen Formen der Cybermobbing- Viktimisierung variierte nach den erhobenen Formen zwischen 2 und 5 Prozent. Von Bedrohungen oder Beleidigungen über das Handy/Smartphone oder Internet sprachen die meisten Befragten (5 Prozent). Jeweils 2 Prozent der Befragten berichteten von der Verbreitung peinlicher Bilder oder Fotos ohne Zustimmung, dem Lustigmachen in einer extra dazu eingerichteten Online-Gruppe oder dem Ausschluss aus einer Online-Gruppe. Generell zeigen die Datenauswertungen, dass junge Menschen, die nicht mehr zur Schule gehen, gleichermaßen von Cybermobbing betroffen sind (7 Prozent) wie Schüler:innen einer allgemeinbildenden Schule (8 Prozent), wobei die Mehrheit (58 Prozent) der befragten Nichtschüler:innen sich in beruflicher Ausbildung, Studium, Umschulung oder Weiter­bildung befand. Ein Viertel der Nichtschüler: innen war erwerbstätig, 5 Prozent waren arbeitslos gemeldet und 12 Prozent machten etwas anderes (ebd.). Die Daten zeigen weiterhin, dass Schüler:innen und junge Menschen, die nicht mehr zur Schule gingen, auch hinsichtlich der vier Formen der Cybermobbing-Viktimisierung – im statistischen Sinne – keine Unterschiede berichten (siehe Abbildung 2). 

Im Gegensatz zu Ergebnissen anderer Studien sind Mädchen und Jungen laut AID:A-Daten gleichermaßen von Cybermobbing betroffen.

Die meisten betroffenen 12- bis 21-Jährigen gaben an, von einer Form von Cyber­mobbing betroffen gewesen zu sein (67 Prozent). 16 Prozent der Betroffenen berichteten gleichzeitig von zwei und 15 Prozent von drei der genannten Formen. Alle vier Formen gaben 3 Prozent der Betroffenen an (Grüne/Herz/ Willems 2024). Sowohl unter den betroffenen Schüler: innen (72,2 Prozent) als auch unter den betroffenen Nichtschüler:innen (56 Prozent) berichtete der Großteil, nur eine Form von Cyber­mobbing erlebt zu haben. Den AID:A-Daten zufolge sind weibliche und männliche Jugendliche – im Gegensatz zu Ergebnissen anderer Studien – gleichermaßen von Cybermobbing betroffen. Das heißt, Mädchen und Jungen berichteten ähnlich häufig, mindestens eine Form der Viktimisierung mindestens ein bis zweimal pro Monat erlebt zu haben (ebd.). Ebenso wie in bisherigen Studien steigt die Häufigkeit von Cybermobbing- Viktimisierung bei jungen Menschen mit zunehmendem Alter. Dieser Zusammen­hang besteht jedoch, abweichend zu bisherigen Studien, nur bis zu einem Alter von 17 Jahren. Ab der Voll­jährigkeit berichteten die AID:A-Befragten wieder seltener davon, von Cyber­mobbing betroffen gewesen zu sein (12- bis 13-Jährige: 5,0 Prozent; 14- bis 15-Jährige: 9,6 Prozent; 16- bis 17-Jährige: 9,6 Prozent; 18- bis 21-Jährige: 6,1 Prozent) (ebd.).

Betroffene brauchen kompetente Anlaufstellen in ihrer jeweiligen Lebenswelt

Der AIDA- Survey macht deutlich, dass Cyber­mobbing nicht ausschließlich ein Problem von Schüler:innen ist, sondern dass junge Menschen auch außerhalb des Schul­settings, beispielsweise in Ausbildung, Studium oder bei Erwerbs­tätigkeit, gleichermaßen von Cyber­mobbing betroffen sind. Neben der weiteren Integration und einer systematischen Umsetzung wissenschaftlich evaluierter Maßnahmen gegen (Cyber-)Mobbing an Schulen (Fischer/Bilz 2024) verweisen die AID:A-Ergebnisse zusätzlich auf den Bedarf an außer­schulischen Präventions­angeboten, etwa an Berufs- und Hochschulen, in Ausbildungs­stätten und -betrieben und nicht zuletzt im Internet und in den sozialen Medien selbst (zum Beispiel Mögling/Tillmann/Wisniewski 2018). Es gilt also, an den unterschiedlichen Orten des Aufwachsens, an denen sich junge Menschen tagtäglich aufhalten, jeweils passende Angebote zu etablieren. 

Auch mitbetroffene Familien und Peers benötigen kompetente Anlaufstellen nicht nur in Schulen, sondern auch in Betrieben, bei der Jugendhilfe oder Polizei sowie pädagogische Angebote im Internet.

Betroffene junge Menschen erleben durch ihre Cybermobbing-Erfahrungen oft große Belastungen, sodass es wichtig ist, ihnen bei Bedarf adäquate Unter­stützung zu bieten. Hierfür müssen neben verschiedenen professionellen Akteur:innen, wie etwa Opfer­hilfen, Lehr­kräften oder Schul­sozialarbeiter:innen, auch Personen im direkten Umfeld der jungen Menschen einbezogen werden. Wenn junge Menschen problematische Erfahrungen machen, wenden sie sich vielfach erst einmal an ihre Peers und/oder Familien. Diese erleben jedoch oft große Heraus­forderungen und teilweise auch Über­forderungen, mit der Situation umzugehen, und benötigen kompetente Anlauf­stellen nicht nur in Schulen, sondern auch in Betrieben, bei der Jugendhilfe oder Polizei sowie pädagogische Angebote im Internet.

Grüne, Bettina / Herz, Andreas / Willems, Diana (2024): Cybermobbingerfahrungen junger Menschen. In: Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.): AID:A 2023 Blitzlichter. Zentrale Befunde des DJI-Surveys zum Aufwachsen in Deutschland. Bielefeld, S. 94–96

Fischer, Saskia M. / Bilz, Ludwig (2024): Mobbing und Cybermobbing an Schulen in Deutschland – Ergebnisse der HBSC-Studie 2022 und Trends von 2009/10 bis 2022. In: Journal of Health Monitoring, 9. Jg., H. 1, S. 46–67

Krieg, Yvonne u.a. (2020): Jugendliche in Niedersachsen. Ergebnisse des Niedersachsensurveys 2019. KFN-Forschungsberichte, Nr. 154. Hannover 

Mögling, Tatjana / Tillmann, Frank / Wisniewski, Anna (2018): Mobbing an beruflichen Schulen. Weinheim/Basel

Peter, Ira-Katharina / Petermann, Franz (2018): Cyberbullying: A concept analysis of defining attributes and additional influencing factors. In: Computers in Human Behavior, 86, S. 350–366

Petras, Ira-Katharina / Petermann, Franz (2019): Übersicht zu Risikofaktoren für Cybermobbing-Viktimisierung im Kindes- und Jugendalter und Empfehlungen für die Präventionsarbeit. In: Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, Jg. 67, H. 4, S. 203–220

Pozzoli, Tiziana / Gini, Gianluca (2020): Behavior during cyberbullying episodes: Initial validation of a newself-report scale. Scandinavian Journal of Psychology, 61, S. 22–29

Weitere Analysen gibt es in Ausgabe 1/2025 von DJI Impulse „Kinder und Jugendliche wirksam schützen - Wie sich Gewalt und Vernachlässigung eindämmen lassen“ (Download PDF).

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