Wenn Eltern sich streiten und trennen
Ein Viertel aller Kinder in Deutschland erlebt bis zum Jugendalter die Trennung der Eltern. Wie sich Familienkrisen auf Kinder und Jugendliche auswirken und vor welchen Herausforderungen Fachpraxis und Politik stehen.
Von Sabine Walper
Mit der gestiegenen Akzeptanz von Scheidungen als Exit-Option bei fortgesetzten Eheproblemen haben Scheidungen im Verlauf des letzten Jahrhunderts merklich zugenommen. Erst seit etwa 20 Jahren ist wieder ein leichter Rückgang der Scheidungsraten zu verzeichnen. Allerdings liefert die Scheidungsstatistik nur ein unvollständiges Bild. Mit der Zunahme nicht ehelicher Geburten steht den Scheidungen von Ehepaaren mit Kindern inzwischen eine vergleichbare Zahl von Trennungen gegenüber, bei denen die Eltern bei Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet waren. Insgesamt erlebt heute nach Schätzwerten des deutschen Beziehungs- und Familienpanels pairfam rund ein Viertel aller Kinder bis zum mittleren und späten Jugendalter eine Trennung der leiblichen Eltern (Walper/Reim/Krueger, im Erscheinen).
Trennungskinder sind nach wie vor im Nachteil
Die Erwartung, dass mit der größeren Verbreitung und geringeren Stigmatisierung von Trennung und Scheidung deren Folgen für mitbetroffene Kinder weniger gravierend ausfallen, wurde jedoch enttäuscht. Vergleicht man Scheidungsstudien aus den 1980er-Jahren mit älteren Scheidungsstudien, sieht es zunächst so aus, als würden sich die Nachteile von Scheidungskindern gegenüber Kindern aus Kernfamilien abschwächen. In den Forschungsarbeiten der 1990er-Jahre zeigten sich jedoch wieder stärkere Nachteile von Kindern und Jugendlichen mit geschiedenen Eltern in weiten Bereichen ihrer Entwicklung (Amato 2001). Dem entsprechen auch Befunde der europäischen Forschung (Amato 2014) und Daten aus Deutschland, etwa zur körperlichen Gesundheit von Trennungskindern (Rattay/Lippe/ Lampert 2014).
Hinter diesen Durchschnittswerten verbirgt sich allerdings eine große Bandbreite der Entwicklungsverläufe junger Menschen in Trennungsfamilien, die auf sehr unterschiedliche Problem- und Belastungslagen verweist. Entsprechend ist es ein zentrales Anliegen der Forschung zu Scheidungsfolgen, jene Risikofaktoren und Ressourcen zu identifizieren, die für die Trennungsbewältigung von Kindern und Jugendlichen relevant sind (Walper/Langmeyer 2019).
Ein erster augenfälliger Faktor ist das deutlich erhöhte Armutsrisiko Alleinerziehender, das die Teilhabemöglichkeiten ihrer Kinder mindert, wie der Neunte Familienbericht deutlich machte. Die vielfältigen Nachteile von Armut für die Entwicklung der Kinder wurden wiederholt aufgezeigt (etwa Schoon u.a. 2011, Walper/Reim 2020). Trotzdem verzichten Alleinerziehende mitunter auf das Einfordern von Unterhaltszahlungen für ihre Kinder, um das Verhältnis zum anderen Elternteil nicht zu belasten (Hubert/Neuberger/Sommer 2020).
Für alleinerziehende Mütter verbessert sich die finanzielle Situation oft, wenn sie mit einem neuen Partner zusammenziehen. Allerdings ist die Gründung einer Patchwork- Familie mit eigenen Anforderungen bei der Integration des Stiefelternteils in das Familiensystem verbunden. Für das Wohlergehen der Kinder hat das Aufwachsen in einer Stieffamilie im Durchschnitt weder Vor- noch Nachteile gegenüber dem Aufwachsen in Ein-Eltern-Haushalten (Jeynes 2006).
Die Qualität der Familienbeziehungen ist entscheidend
Intensiv wurde diskutiert, welche Folgen ein geringerer Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil für die Kinder und Jugendlichen hat. Mehrheitlich betrifft dies Väter, da auch heute noch der Großteil der Kinder nach einer Trennung der Eltern bei der Mutter verbleibt. Metaanalysen, die vielfältige Einzelbefunde integrieren, ergaben, dass die Häufigkeit der Kontakte zum getrennt lebenden Vater insgesamt keine signifikanten Auswirkungen auf das Wohlergehen der Kinder hat. Bedeutsame Vorteile zeigten sich demgegenüber für die Qualität der väterlichen Involviertheit, etwa festgemacht an einem kindzentriert-konsequenten Erziehungsverhalten, der Beziehungsqualität und gemeinsamen Aktivitäten mit dem Kind. Ein entsprechend aktives Engagement geht mit einem höheren Wohlergehen, weniger Problemverhalten und höheren Bildungserfolgen der Kinder einher (Adamsons/Johnson 2013, Jeynes 2015).
Insgesamt hat sich die Involviertheit von Vätern in das Leben ihrer Kinder gesteigert, auch in Trennungsfamilien. Kontaktabbrüche sind seltener geworden, und viele Eltern wünschen sich eine stärker geteilte Betreuung der Kinder, wenngleich dies in Deutschland noch selten praktiziert wird (Walper/Entleitner- Phleps/Langmeyer 2021). Vor allem Eltern mit höheren Bildungsabschlüssen, einer geringen Distanz zwischen den Wohnungen und einer kooperativen Beziehung realisieren das sogenannte Wechselmodell, bei dem die Kinder zu mehr oder minder vergleichbaren Anteilen abwechselnd in den beiden Haushalten der Eltern leben (Langmeyer u.a. 2022, Steinbach/Augustijn/Corkadi 2020). Die erhofften Vorteile für die Entwicklung der Kinder im Vergleich zu anderen Betreuungsmodellen ließen sich jedoch in den Daten des Surveys des Deutschen Jugendinstituts (DJI) „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz AID:A, nicht aufzeigen, sobald solche Hintergrundfaktoren kontrolliert wurden (Langmeyer u.a. 2022).
Ob Kinder von einer geteilten Betreuung im Sinne des Wechselmodells profitieren, scheint wesentlich von den Familienbeziehungen abzuhängen. So ließ sich in der Studie „Familienmodelle in Deutschland“ (FAMOD) der Universität Duisburg-Essen und der Philipps-Universität Marburg die positivere psychische Gesundheit von Kindern im Wechselmodell – verglichen mit Kindern bei einem hauptbetreuenden Elternteil – vollständig auf die bessere Beziehung der Kinder zu Mutter und Vater zurückführen (Steinbach/Augustijn 2022). Gleichzeitig zeigten sich jedoch keine Vorteile für die psychische Gesundheit der Kinder im Wechselmodell, wenn die Beziehung zwischen den Eltern konfliktbelastet war (Augustijn 2021).
Konflikthaftes Coparenting belastet Kinder in Trennungs- und in Kernfamilien
Eine besondere Herausforderung für getrennte Eltern ist es, selbst bei weiterbestehenden Konflikten, Vorwürfen und negativen Einstellungen gegenüber dem anderen Elternteil die Erziehungs- und Fürsorgeverantwortung für das Kind beziehungsweise die Kinder im Einklang wahrzunehmen. Das gemeinsame Sorgerecht, das verheiratete Eltern automatisch für ihre leiblichen Kinder haben und nicht miteinander verheiratete Eltern erklären können, bleibt in aller Regel über die Trennung hinaus bestehen. Einvernehmen ist zwar nur in wichtigen Angelegenheiten des Kindes gefordert, wie bei Entscheidungen über den Bildungsgang und Fragen der Gesundheitsversorgung, aber die Grenzen sind oft vage. In einem beträchtlichen Teil der Trennungsfamilien bleiben Konflikte zwischen den Eltern – offen oder verdeckt – auch über die Trennung hinaus bestehen. Solche Konflikte erschweren nicht nur das Coparenting, also die Verständigung undZusammenarbeit in der Betreuung und Erziehung der Kinder (Lux/Christ/Walper 2021, McHale/Sorotkin 2019, Lux/Christ/Walper 2021). Sie haben sich auch als deutlicher Risikofaktor für das Erziehungsverhalten der Eltern, die Eltern- Kind-Beziehungen und die Entwicklung der Kinder erwiesen (Harold/Sellers 2018, Walper/Beckh 2006).
Die Qualität des Coparenting umfasst neben der Kooperation und Solidarität der Eltern in ihrer Verantwortung für die Kinder auch negative Aspekte wie Divergenzen in den Erziehungseinstellungen und -praktiken, Konflikte über kindbezogene Themen und mögliche Versuche, das Kind beziehungsweise die Kinder in den Konflikt einzubeziehen (Triangulation) und/oder die Erziehungsbemühungen des anderen Elternteils zu untergraben (Teubert/Pinquart 2009). Ein Vergleich unterschiedlicher Typen des Coparenting in Trennungsfamilien hat gezeigt, dass kooperatives Coparenting mit deutlich weniger Problemverhalten der Kinder einhergeht – nicht nur im Vergleich zu konflikthaftem Coparenting, sondern auch im Vergleich zu einem weniger konflikthaften, aber untergrabenden Coparenting (Lamela u.a. 2016).
Solche Versuche, den Einfluss des anderen Elternteils zu schwächen, bringen Kinder in Loyalitätskonflikte und belasten deren psychische Gesundheit. Was den so agierenden Elternteilen oft nicht bewusst ist: Auch die Beziehung der Kinder zu ihnen leidet, und zwar als Bumerangeffekt. Der Schaden ist größer für die Beziehung zum untergrabenden Elternteil, der damit versucht, die Kinder in eine Koalition gegen den anderen Elternteil einzubinden (Zimmermann u.a. 2023). Insgesamt sind Coparenting-Probleme der Eltern in Kern- wie auch in Trennungsfamilien ein deutlicher Risikofaktor für die Kinder (McHale/Sorotkin 2019, Walper/Langmeyer 2019).
Das Erziehungsverhalten ist Ansatzpunkt in Beratung und Elternkursen
Doch was hilft speziell den Kindern im Falle eines Elternkonflikts? Beratungsund Gruppenangebote für Trennungsfamilien zielen in aller Regel darauf ab, trennungsbedingte Belastungen und Konflikte der Eltern abzubauen und die Eltern-Kind-Beziehungen zu stärken. In der Erziehungsberatung machen Alleinerziehende und Eltern in Stieffamilien einen Großteil der Klient:innen aus, wobei Konflikte im Vordergrund ihrer Beratungsanliegen stehen (Deutscher Bundestag 2021). Hierbei auch das Erziehungsverhalten zu adressieren ist umso wichtiger, da dieses einen entscheidenden Ansatzpunkt darstellt, mit dem familiale Belastungen in ihrer Wirkung auf die Kinder abgefangen und kompensiert werden können.
Ein Beispiel für ein Gruppenangebot ist „Kinder im Blick“. Es legt den Schwerpunkt auf (1) die Stärkung des elterlichen Wohlergehens durch Entlastung und verbesserte Selbstfürsorge, (2) die Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen, insbesondere im Umgang mit schwierigen, belastenden Gefühlen der Kinder und (3) den Abbau von Konflikten und den Aufbau einer Coparenting-Beziehung, die wechselseitige Grenzen respektiert und am Kindeswohl orientiert ist. Das Programm umfasst inzwischen sieben je dreistündige Sitzungen in einer Gruppe von acht bis maximal zwölf Eltern. Um das Angebot auch für hochstrittige Trennungseltern zu öffnen, werden Ex- Partner:innen nicht in dieselbe Gruppe aufgenommen, sondern nach Möglichkeit in parallele Kurse vermittelt.
Evaluationen des Programms „Kinder im Blick“ zeigen, dass dieses der reinen Beratung oder Mediation von Paaren überlegen ist, auch mit Blick auf die Trennungsbewältigung der Kinder (Krey 2010). Auch Eltern mit geringen sozioökonomischen Ressourcen profitieren von dem Kurs (Steigemann 2013), und positive Entwicklungen sind auch in hochstrittigen Trennungsfamilien zu beobachten – sowohl unter freiwillig Teilnehmenden als auch bei verpflichtender Teilnahme(Amberg/Walper 2018). Gerade der letztgenannte Punkt ist wichtig, da oft Vorbehalte gegenüber verpflichtenden Angeboten bestehen, weil die Motivation zur Teilnahme als entscheidender Erfolgsfaktor gesehen wird. Wie qualitative Befunde zeigen, entsteht diese Motivation jedoch oft erst im Kursverlauf (Retz/Walper 2015).
Unterstützungsangebote sollten neben den Eltern auch Kinder und Jugendliche adressieren
Nicht zuletzt brauchen Kinder und Jugendliche, die durch eine Trennung der Eltern belastet werden, auch eigene Unterstützungsangebote. Entsprechende Gruppen für Trennungskinder werden an vielen Beratungsstellen angeboten, häufig erhalten die Kinder auch Spieltherapie oder andere Einzelangebote. Die Wirksamkeit solcher Angebote, die Kinder direkt adressieren und hierbei keinen weiteren Schwerpunkt auf die Elternarbeit legen, scheint jedoch begrenzt zu sein (Kuschick u.a. 2021). Sie können zwar dabei helfen, die Coping-Kompetenzen der Kinder zu stärken, also die Fähigkeit mit Stress und überfordernden Situationen umzugehen, ändern jedoch wenig an den familialen Konflikt- und Belastungslagen.
Einen neuen Weg eröffnen digitale Angebote wie die Informationsplattform STARK, die sowohl Eltern vielfältige Informationen zu den Themen Partnerschaftsprobleme und Trennung beziehungsweise Scheidung bietet als auch Kinder und Jugendliche mit Informationen und Bewältigungshilfen bei einer Trennung der Eltern anspricht. Die Inhalte für Kinder und Jugendliche wurden unter Beteiligung eines Jugendbeirats entwickelt und fanden in der Evaluation hohe Akzeptanz unter den befragten jungen Menschen. Insgesamt bieten solche kostenfreien Online-Angebote einen geeigneten, niederschwelligen Zugang auch zu Kindern und Jugendlichen.
Rechtliche Reformen können Nachteile von Trennungsfamilien entschärfen
Den geeigneten rechtlichen Rahmen für Trennungsfamilien zu schaffen und die erforderlichen Unterstützungsangebote verfügbar zu machen, gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Politik. Vor allem das Familienrecht, aber auch das Sozial-, Arbeits- und Steuerrecht stellen wichtige Weichen für das Familienleben in Trennungsfamilien und bieten damit Ansatzpunkte zur Entschärfung von Erschwernissen. Der Vorteil, den das Ehegattensplitting den verheirateten Eltern verschafft, bedeutet gleichzeitig für andere Familienformen Nachteile, die bislang nur unzureichend aufgefangen werden. Das nach wie vor deutlich höhere Armutsrisiko von Alleinerziehenden und deren Kindern ist vielen strukturellen Faktoren geschuldet, darunter fallen die nur schwer nachholbaren Qualifikationen, wenn diese bei Geburt des Kindes beziehungsweise der Kinder noch fehlten, notwendige Kompromisse bei der Wahl einer passenden, aber schlechter bezahlten Erwerbstätigkeit oder die fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, die einer umfangreicheren Erwerbstätigkeit entgegenstehen. An diesen „Schaltstellen“, wie der Vermittlung von Angeboten der Aus- und Weiterbildung in Teilzeit, der Entlastung von vollzeiterwerbstätigen Alleinerziehenden durch haushaltsnahe Dienstleistungen und dem weiteren Ausbau hochwertiger Kindertagesbetreuung, muss weiterhin angesetzt werden, zumal diese nicht nur Alleinerziehenden zugutekommen würden.
Intensiv in der Diskussion stehen aktuell die geplanten familienrechtlichen Reformen im Unterhaltsrecht, das bislang nur zwei Modelle für die Betreuung von Trennungskindern durch ihre Eltern kennt: das sogenannte Residenzmodell, bei dem die Kinder überwiegend bei einem Elternteil leben und von diesem betreut werden, während der andere Elternteil für den finanziellen Kindesunterhalt aufkommt, und das symmetrische Wechselmodell, das eine exakt hälftige Aufteilung der Betreuungszeiten und eine entsprechende anteilsmäßige Aufteilung des Kindesunterhalts zwischen beiden Eltern vorsieht.
Mit der Berücksichtigung auch einer weniger symmetrisch geteilten Betreuung (asymmetrisches Wechselmodell) im Unterhaltsrecht soll den Leistungen des mitbetreuenden Elternteils besser Rechnung getragen und so die Attraktivität geteilter Betreuung gestärkt werden. Entscheidend wird nun sein, wie die Grenzen zwischen den Modellen gezogen werden, mit welchen Anforderungen an die Erwerbstätigkeit beziehungsweise Einkommenssicherung beider Eltern die Betreuungsmodelle verbunden sein sollen und wie transparent die Folgen für den Unterhalt sind (Walper u.a. 2021). Anders als in der Vergangenheit wird nun die Anzahl der Übernachtungen des Kindes bei jedem Elternteil in der Geldbörse zu spüren sein. Das verändert auch die Trennungsberatung, die bislang – abgesehen vom symmetrischen Wechselmodell – finanzielle Fragen ausklammern konnte.
Unterschiedliche Hilfesysteme gut zusammenzubringen, ist eine ungelöste Aufgabe
In Trennungsfamilien treffen oft vielfältige Erschwernisse zusammen, die je eigene Lösungen erforderlich machen, aber auch in ihren Zusammenhängen gesehen und verstanden werden müssen. So können etwa psychische Belastungen der Eltern im Rahmen einer konflikthaften Trennung oder existenzielle finanzielle Probleme deren Erziehungsverhalten beeinträchtigen und zu einer Bandbreite von Problemen der Kinder beitragen. Die unterschiedlichen Hilfesysteme – von der Psychotherapie Erwachsener über Schuldner- und Erziehungsberatung bis zur Schulpsychologie oder Suchtberatung – gut zusammenzubringen, ist eine noch ungelöste Aufgabe. Wie die Vernetzung unterschiedlicher Professionen gelingen kann, wird in den Frühen Hilfen für Familien mit Kleinkindern zwar intensiv bearbeitet, aber für spätere Entwicklungsphasen fehlen bislang vergleichbare Initiativen der Politik.
Besonders relevant ist das Verhältnis von Familiengerichten und psychosozialen Beratungsdiensten, vor allem im Fall hochstrittiger Trennungen. Um Konfliktverschärfungen im juristischen Verfahren zu vermeiden und die Erfolgschancen von Beratung zu erhöhen, hat sich die Zusammenarbeit von Vertreter:innen der Familiengerichte, der Rechtsanwaltschaft, Mediation, Beratung und Sozialarbeit sowie der psychologischen Begutachtung und Verfahrenspflegschaft bewährt. Die fallbezogene Zusammenarbeit kann jedoch an Grenzen stoßen, wenn Beratungsstellen großen Wert auf die Vertraulichkeit ihrer Beratungsarbeit legen und den Familiengerichten kaum Auskunft über die Erfolge ihrer Bemühungen geben. Dann müssen die Familiengerichte entsprechend wenig informierte Entscheidungen treffen. Mittlerweile gibt es eine Bandbreite an Vorgehensweisen, die zu evaluieren sich lohnen würde, um der Fachpraxis entsprechende Empfehlungen an die Hand geben zu können.
Nicht zuletzt besteht eine entscheidende Herausforderung in familiengerichtlichen Verfahren darin, auch die Stimme der Kinder gebührend zur Geltung zu bringen. Deren Interessen und Wünsche unbeeinflusst zu hören, ist oft nicht leicht, aber wichtig. Ihnen im Familienrecht systematisch größeres Gewicht zu geben, würde Kinderrechte stärken.
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Weitere Analysen gibt es in Ausgabe 3+4/2024 von DJI Impulse „Elternkonflikte meistern: Wie Kinder gstärkt aus Familienkrisen hervorgehen“ (Download PDF).