Nachfrage nach außerunterrichtlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten für Grundschulkinder steigt

In einem Jahr, zum 1. August 2026, greift der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. Für Kinder, die eingeschult werden, äußern die Eltern im Rahmen der bundesweiten DJI-Kinderbetreuungsstudie besonders hohen Bedarf

04. August 2025 -

Ab dem Schuljahr 2026/27 haben Grundschulkinder ein Recht auf ganztägige Förderung in Horten oder Ganztags­schulen. Zunächst gilt der gesetzliche Anspruch für alle neu eingeschulten Kinder und wird dann jährlich um eine Stufe erweitert, bis er im Schuljahr 2029/30 die erste bis vierte Klassen­stufe umfasst. Um die not­wendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, haben Länder und Kommunen noch Einiges zu tun. 

Auswertungen repräsentativer Daten der DJI-Kinder­betreuungs­studie (KiBS) des Deutschen Jugendinstituts (DJI) aus dem Jahr 2023 zeigen, dass der bundesweite Betreuungs­bedarf für alle Grundschul­kinder erstmals seit dem Jahr 2020 wieder leicht angestiegen ist, und zwar um zwei Prozent­punkte auf 75 Prozent. Für die Kinder, die im Frühjahr 2023 die erste Klassenstufe besuchten, äußerten mit 82 Prozent besonders viele Eltern einen Betreuungs­bedarf. Für die Schüler:innen der zweiten Klasse lag der von den Eltern genannte Bedarf im Jahr 2023 bei 79 Prozent. Mit jeder weiteren Klassen­stufe und steigendem Alter der Kinder werden außerunterrichtliche Bildungs- und Betreuungs­angebote etwas weniger nachgefragt und genutzt.

Der Anstieg beim bundesweiten Betreuungs­bedarf für alle Grundschul­kinder ist besonders auf die erhöhte Nachfrage nach Angeboten der Übermittags­betreuung zurückzuführen. Bei Ganztags­schulangeboten, Hortplätzen oder anderen Angeboten mit Betreuungs­ende nach 14.30 Uhr stagniert der Bedarf seit dem Jahr 2020 deutschlandweit bei 64 Prozent.

Obwohl in den letzten beiden Jahrzehnten massiv in den Ausbau ganztägiger Angebote für Grundschul­kinder investiert wurde, reichte es im Jahr 2023 in Westdeutschland nicht aus: 4 Prozent der Eltern haben keinen Platz für ihr Kind gefunden, obwohl sie sich einen wünschten. Weitere 3 Prozent der Eltern gaben an, dass ihr Bedarf den aktuell von ihnen genutzten Betreuungs­umfang um mehr als fünf Stunden pro Woche übersteigt. Damit müssen in West­deutschland für insgesamt 7 Prozent aller Grundschul­kinder noch Plätze neu geschaffen oder in ihrem Umfang erweitert werden.

Potenzial für demokratiebezogenes Lernen wird bislang nicht ausgeschöpft

Während die meisten Eltern ihren Betreuungs­bedarf für Grundschul­kinder mit ihrer beruflichen Tätigkeit und einem dafür erforderlichen verlässlichen Betreuungs­angebot begründen, wird mit der Ganztags­schule politisch und gesellschaftlich auch das Ziel verbunden, soziale Ungleichheiten zu verringern und die Kompetenzen der Schüler:innen umfassender zu fördern, beispielsweise durch Demokratie­bildung.

Ergebnisse der DJI-Studie „Demokratiebildung im Ganztag“ veran­schaulichen, wie Demokratiebildung in der pädagogischen Praxis im grundschulischen Ganztag verstanden und konkret praktiziert wird - und was verbessert werden kann. So werden aktuelle gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen – etwa Kriege, Klimakrise, Menschen- und Demokratie­feindlichkeit – von Lehr- und Fachkräften des Ganztags zum Anlass genommen, Demokratie verstärkt zum Bildungsthema zu machen, aber meist nur innerhalb von kurzfristigen Projekten. 

Die DJI-Forschenden empfehlen stattdessen didaktisch fundierte Konzepte, die langfristiges Erfahrungs­lernen sowie Wertebildung und die Entwicklung von Resilienz im Umgang mit gesellschaftlichen Veränderungen ermöglichen. Um Verbindlichkeit und Transparenz sicherzustellen, sei es zudem notwendig, Demokratiebildung in Schulkonzepten zu verankern und einen Schulentwicklungsprozess anzustoßen, der die gesamte Organisationsstruktur und -kultur sowie alle Beteiligte betrifft. Potenziale für die Demokratiebildung schreiben die DJI-Forschenden vor allem dem gebundenen Ganztag zu, bei dem die Kinder verpflichtend auch nachmittags die Schule besuchen.

Veranstaltungsreihe zum Ganztag 

Gelegenheit zum Austausch über den Stand der Forschung zur Ganztagsbildung und-betreuung für Grundschulkinder bietet eine aktuelle Veranstaltungsreihe des DJI und des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) mit dem Titel „Ganztägige Bildung und Betreuung im Fokus der Wissenschaft“. 

DJI-Kinderbetreuungsstudie

Die DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) ist eine jährliche bundesland­repräsentative Befragung von etwa 33.000 Eltern von Kindern ab der Geburt bis zum Ende der Grundschulzeit. Die Untersuchungs­schwerpunkte der Studie sind die aktuelle Betreuungs­situation sowie die elterlichen Bedarfe an Bildung und Betreuung, die von den Eltern wahrgenommene Qualität der Angebote und die Gründe dafür, weshalb Eltern ihr Kind ausschließlich privat betreuen. Das BMBFSFJ fördert die Studie. 

DJI-Studie „Demokratiebildung im Ganztag“

Im Rahmen der Studie untersuchten die Forschenden den Schulalltag an acht Ganztags­grundschulen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Bayern. Um Aufschluss über die Demokratie­bildung zu erhalten, führten sie teilnehmende und videogestützte Beobachtungen im Unterricht, am Nachmittag, in Pausen und Übergangs­situationen, wie beispielsweise Aufräumsituationen, durch. Zudem erhoben sie die Perspektive der Lehrkräfte, der pädagogischen Fachkräfte sowie der Schüler:innen anhand von Gruppendiskussionen. Auch Einrichtungs­konzeptionen wurden von den Forschenden analysiert. 

Veranstaltungsreihe „Ganztägige Bildung und Betreuung im Fokus der Wissenschaft“Handreichung mit Praxisbeispielen “Demokratiebildung im Ganztag”DJI-Studie „Demokratiebildung im Ganztag“DJI-Kinderbetreuungsstudie


Kontakt
Katrin Hüsken
089/62306-288
huesken@dji.de

Dr. Katja Flämig
Leiterin der Fachgruppe „Pädagogische Konzepte für die Kindheit” 
089/62306-146
flaemig@dji.de

Uta Hofele
Abteilung Medien und Kommunikation
089/62306-446
hofele@dji.de