Von der häuslichen Betreuung zum garantierten Kita-Platz
Am 1. Juni ist Internationaler Kindertag: Wie Kinder in den ersten Lebensjahren betreut werden, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert
Während heute fast alle Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt eine Kindertagesbetreuung besuchen und sogar mehr als ein Drittel aller Kinder unter drei Jahren, galt eine Betreuung jenseits der Familie in den frühen siebziger Jahren noch als falsch und gefährlich. Das Modellprojekt „Tagesmütter“, bei dem mehrere Hundert Kinder in den ersten drei Lebensjahren werktags stundenweise in der neu entwickelten Kindertagespflege untergebracht wurden, löste entsprechend scharfe öffentliche Kritik aus.
Die wissenschaftliche Bilanz für die Tagespflege fiel positiv aus
Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) begleitete dieses Vorhaben im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit mehrere Jahre lang und bilanzierte damals, dass die Kleinkinder unter der außerfamiliären Betreuung nicht gelitten, sondern in ihrer sozialen Entwicklung sogar davon profitierten. Dr. Felix Berth, Dominik Hank, Prof. Dr. Bernhard Kalicki und Birgit Riedel aus der Abteilung „Kinder und Kinderbetreuung“ des DJI markieren das Modellprojekt „Tagesmütter“ und seine wissenschaftliche Evaluation im Forschungsmagazin DJI Impulse als einen von mehreren kindheits- und familiengeschichtlichen Wendepunkten: „Die Kinderärzteschaft, bis dahin in der Bundesrepublik unangefochten in ihrer Expertise für die ersten Lebensjahre, verlor damit die Debattenhoheit. Fortan waren Fachleute aus Psychologie, Pädagogik und Soziologie mindestens genauso gefragt“.
Die Weichen für den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz werden gestellt
Ein weiterer Wendepunkt war der Analyse zufolge die DJI-Studie „Wer betreut Deutschlands Kinder?“, die zur Triebfeder des Krippenausbaus und des späteren Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz wurde. In der Befragung von mehr als 8.000 deutschen Haushalten mit Kindern unter 7 Jahren Ende des Jahres 2004 bis Anfang 2005 artikulierten 30 Prozent der Eltern für ihre 1-jährigen Kinder einen Betreuungsbedarf; bei 2-Jährigen sogar 60 Prozent. „Man mochte anderer Meinung sein und frühe institutionelle Kindertagesbetreuung ablehnen, doch der Bedarf der Eltern war nun unbestreitbar belegt“, schreiben die DJI-Forschenden. Auch wenn in Westdeutschland eine solche Nachfrage zu dieser Zeit unmöglich erfüllbar erschien, führte die große Resonanz der Studie bald dazu, dass solche Befragungen kontinuierlich fortgeführt wurden – inzwischen unter dem Namen DJI-Kinderbetreuungsstudie; in der Welle von 2022 äußerten 60 Prozent der Eltern von 1-Jährigen und 77 Prozent der Eltern von 2-Jährigen einen Betreuungsbedarf.
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Kontakt
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Abteilung Kinder und Kinderbetreuung
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berth@dji.de
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Abteilung Medien und Kommunikation
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hofele@dji.de