Publikationen

Adaptives Verhalten

Selmayr, Anna/Kölbl, Sabine
Adaptives Verhalten. Ein psychologisches Konstrukt und seine Bedeutung für die Sonderpädagogik.
Sektion Sonderpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) Dortmund "59. Jahrestagung der Sektion Sonderpädagogik der DGfE." 25.09.2024
Adaptives Verhalten wird als Sammlung von Verhaltensweisen verstanden, die erlernt wurden und für das alltägliche Leben nötig sind. Sie umfassen konzeptuelle Fähigkeiten, z.B. das Beherrschen der Kulturtechniken, soziale Fähigkeiten, wie dem Aufbau und der Pflege von Beziehungen und praktische Fähigkeiten, beispielsweise der Selbstversorgung. Adaptives Verhalten spielt im Zuge der Novellierung der psychologisch-medizinischen Klassifikationen DSM-5 und ICD-11 eine zentrale Rolle bei der Diagnose einer intellektuellen Beeinträchtigung. Neben „Defizite[n] in intellektuellen Funktionen“ sind „Defizite in der Anpassungsfähigkeit“ (DSM-5, S. 43) gleichberechtige Diagnosekriterien. Auch die aktuellen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur schulischen Bildung, Beratung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung (2021) fordern die Diagnostik „adaptive[r] Fähigkeiten und Fertigkeiten“ (S. 18) explizit zur Erfassung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs. Die adaptiven Fähigkeiten der betreffenden Schülerinnen und Schüler sollten gemäß der in den psychologisch-medizinischen Klassifikationen angelegten Kriterien im weit unterdurchschnittlichen Bereich angesiedelt sein. Die Forschungslage in deutschsprachigen Ländern ist hier noch unbefriedigend. Das Forschungsprojekt Adaptive Kompetenzen bei geistiger Behinderung (AKo) verfolgt die Erhebung und Beschreibung der adaptiven Fähigkeiten der Schülerinnen und Schülern an Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Dazu wurden die adaptiven Kompetenzen in einem Querschnitt-Design mittels des Vineland-3 durch die Lehrkräfte als Vollerhebung im Regierungsbezirk Niederbayern eingeschätzt (Frühjahr 2023). Ziel dieses Vorhabens ist die differenzierte Beschreibung des adaptiven Funktionsniveaus. Im Einzelbeitrag werden erste Ergebnisse der Auswertung vorgestellt, mit Fokus auf die Veränderung des Gesamtwerts Adaptiven Verhaltens über die Schullaufbahn hinweg.