Publikationen

Muslimische Jugendarbeit in Krisenzeiten

Langner, Joachim/Jungmann, Annika
Muslimische Jugendarbeit in Krisenzeiten.
Universität Innsbruck/Österreichisches Netzwerk Jugendforschung "Österreichische Jugendforschungstagung." 23.06.2023
Ausgehend von einer qualitativen Studie fragen wir, wie sich aktuelle politische und gesellschaftliche Krisen in Freizeitangebote für muslimische Jugendliche widerspiegeln. Muslimische Jugendarbeit ist ein in Deutschland noch relativ junges Praxisfeld, das von verschiedenen strukturellen Herausforderungen geprägt ist. So ist es bspw. (noch) vergleichsweise wenig in die Qualifizierungs- und Finanzierungsstrukturen von Jugendarbeit eingebunden (vgl. Greschner 2020; Böllert u.a. 2020). Zugleich sind die Akteure muslimischer Jugendarbeit (d.h. sowohl die Träger, die Mitarbeitenden, als auch die Teilnehmenden) in besonderer Weise von krisenhaften Diskursen um „den Islam“ betroffen, die mit aktuellen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen in Verbindung stehen: etwa in Bezug auf Konflikte um Einwanderung und daran anknüpfende gesellschaftliche Pluralität (vgl. Nordbruch 2022; Foroutan 2020; El-Mafaalani 2018) oder um Radikalisierung (vgl. Amir-Moazami 2022). In unserem Vortrag gehen wir den Fragen nach: Welche Krisen betreffen muslimische Jugendarbeit? Wie gehen die Angebote muslimischer Jugendarbeit mit diesen Krisen um? Als empirische Grundlage dienen narrative Interviews, die 2022-2023 mit Mitarbeitenden muslimischer Freizeitangebote geführt und entlang der Prämissen der Dokumentarischen Methode (vgl. Nohl 2017) ausgewertet wurden. Sie sind Teil der Studie „(sozial-)pädagogischen Praxis muslimischer Akteure und ihrer Rolle für die politische Sozialisation junger Menschen“ (MusAk), die 2022-24 am Deutschen Jugendinstitut durchgeführt und vom BMFSFJ gefördert wird. Im Vortrag stellen wir Typen pädagogischer Angebote für junge Muslim:innen vor und diskutieren inwiefern Jugendarbeit (multiple) Krisenerfahrungen und deren Bewältigung aufgreift. Im Ergebnis zeigt sich u.a., dass die untersuchten Angebote vor allem von Krisen geprägt werden, die mit Islambildern, Migration und Diskursen um Pluralität in der (Post-)Migrationsgesellschaft verwoben sind. Diese zeigen sich als wesentliche Rahmenbedingungen und teilweise sogar als Ausgangspunkt der Angebote. Ein Teil der interviewten Fachkräfte verbindet diese Diskurse eng mit ihrer eigenen Biografie und leitet gesellschaftliche Partizipationsbedarfe davon ab. Die Auseinandersetzung mit anderen gesellschaftlichen Herausforderungen, wie die Corona-, Klima- oder Ukrainekrise, tritt darüber in den Hintergrund.