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Grenzverhandlungen in der (sozial-)pädagogischen Bearbeitung lokaler Konflikte in der Einwanderungsgesellschaft

Hohnstein, Sally
Grenzverhandlungen in der (sozial-)pädagogischen Bearbeitung lokaler Konflikte in der Einwanderungsgesellschaft. Zwischen Grenzreproduktion und Grenzverschiebung.
Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt/Institut Integration und Partizipation der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW Olten/Centre de Documentation sur les Migrations Humaines CDMH Dudelange/Kompetenzplattform für Migration, interkulturelle Bildung und Entwicklung (KOPF) der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der Technischen Hochschule Köln/Institut für Regional- und Migrationsforschung IRM Trier Digital "21. International Conference on Migration." 17.06.2021
In den vergangenen Jahren, insbesondere auch in Folge der verstärkten Fluchtmigration ab 2015, kam es in Deutschland vielerorts zu kleinräumigen konflikthaften Situationen, die mitunter auch gewaltförmige Ausmaße annahmen und traurige überregionale Bekanntheit erfuhren. In einer empirisch-qualitativen Grounded-Theory-Interviewstudie des DJI werden seit 2018 (sozial-)pädagogische Praxen untersucht, deren Ziel es ist, solche lokalen Konfliktgeschehnisse zu bearbeiten. Im Vortrag wird zunächst empirisch dargestellt, dass in den bearbeiteten Konflikten der Definition und Verteidigung etablierter mehrheitsgesellschaftlicher Normen und Regeln des Zusammenlebens durch alteingesessene Menschen eine zentrale Rolle zukommt. Sie werden durch die Vielfalt von Lebensmodellen in der sich zunehmend diversifizierenden Gesellschaft und die Zunahme konkurrierender Vorstellungen von der Nutzung öffentlicher und gemeinschaftlicher Nachbarschaftsräume herausgefordert und in Frage gestellt. Dabei werden alltagsweltliche Konfliktthemen wie Lärm und Sauberkeit sowie sozialräumliche Problemfelder wie Kriminalitätsbelastung oder Konflikte zwischen Jugendlichen gruppenbezogen, anhand kultureller und ethnischer Differenzen, gedeutet und zum Ausgangspunkt eskalisierender Konfliktdynamiken, in denen auch grundsätzliche Haltungen zur Einwanderung verhandelt werden. Diskutiert wird ferner, inwieweit die Grenzmarkierungen der Alteingesessenen in der Bearbeitung der Konflikte aufgegriffen, als Status Quo hinterfragt und zugunsten eines gleichberechtigten Miteinanders zur Neuaushandlung gestellt werden. Es finden sich Praxen, die dies zum Ziel haben. Es finden sich aber auch andere Vorgehensweisen, mit denen die Aneignung der Regeln und Normen der Herkunftsgesellschaft durch Neuzugewanderte bewirkt werden soll. In letzterem Fall muss gefragt werden, inwieweit diese Normierung tatsächlich der Bearbeitung des dem Konflikthaften zu Grunde liegenden Problems zuträglich ist und ob nicht im Gegenteil Ab- und Ausgrenzungspraktiken sowie Fremdenängste und rassistische Vorurteile weiter bestärkt werden.