Zugang zu früher Bildung und Hürden im internationalen Vergleich
Neuerscheinung: Wie beeinflussen strukturelle Rahmenbedingungen den Zugang zu frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten?
Wenn es um Chancengleichheit für Kinder unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft geht, kommt der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) eine Schlüsselrolle zu. Für Kinder aus weniger privilegierten Familien ist der Zugang zu Kindertagesbetreuung und die Teilhabe an bedarfsgerechten Angeboten häufig erschwert.
Auswertung der Ergebnisse der Equal-Access-Studie
Die aktuelle Publikation von Britta Menzel und Dr. Antonia Scholz, Wissenschaftlerinnen am Deutschen Jugendinstitut (DJI), präsentiert empirische Ergebnisse zu (potenziellen) Zugangshürden im lokalen Kontext. Dafür wurden in Deutschland, Kanada und Schweden Fallstudien auf der kommunalen Ebene durchgeführt. Ziel war es, die Handlungsspielräume und Ansätze lokaler Akteure in der Gestaltung von Zugängen zu untersuchen.
Dazu wurden Daten der Equal-Access-Studie ausgewertet, die von 2017 bis 2021 im Internationalen Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (ICEC) am DJI durchgeführt wurde. Das Forschungsprojekt nahm eine besondere Perspektive ein, indem es den Fokus auf die noch wenig beachtete kommunale Steuerungsebene legte und herausarbeitete, wie diese die lokale Umsetzung von Zugang zu FBBE für benachteiligte Gruppen erleichtert oder erschwert.
Für die Equal-Access-Studie wurden zunächst Expertisen zu den FBBE-Systemen der untersuchten Länder erstellt, um die spezifischen Rahmen- und Zugangsbedingungen zu verstehen. Die zentralen Fragestellungen lauteten, wie die jeweiligen Länder (ungleiche) Zugangsbedingungen adressieren und wie die Ansätze der Zugangssteuerung anhand der jeweiligen wohlfahrtsstaatlichen Traditionen eingeordnet werden können.
„Wir stellten fest, dass die wohlfahrtsstaatlichen Ausrichtungen der drei Länder maßgeblich zur jeweiligen strukturellen Ausgangslage für die unterschiedlichen Zugangsbedingungen beitragen. Gleichzeitig lassen sich sowohl auf nationaler wie auch lokaler Ebene Abweichungen erkennen, die Zugangshürden abbauen oder auch verfestigen können“, erläutert Dr. Antonia Scholz.
Das Konzept der Governance als theoretischer Rahmen
Im Mittelpunkt der Dreiländerstudie stehen sechs Fallanalysen. Für deren Einordnung wählten die Autorinnen eine Analyse lokaler Akteurskonstellationen. Durch die Darstellung der lokalen Governance-Strukturen konnten sie zeigen, welche Akteure in Deutschland, Kanada und Schweden für die Gestaltung frühkindlicher Bildungs- und Betreuungsangebote wie verantwortlich sind und wie die verschiedenen Seiten interagieren.
Zentrale Stellschrauben, um Zugangsbedingungen zu gestalten
Um die lokalen Zugangsbedingungen empirisch zu untersuchen, wurden in je zwei ausgewählten Kommunen qualitative Interviews mit unterschiedlichen Entscheidungsträgerinnen und -trägern lokaler Kita-Steuerung geführt. Die Forscherinnen identifizierten dabei zentrale Stellschrauben der Zugangsgestaltung, die sie entlang der vier Dimensionen Verfügbarkeit, Bezahlbarkeit, Zugänglichkeit und Bedarfsgerechtigkeit beschreiben. Dabei werden in den drei untersuchten Ländern Gemeinsamkeiten und auch Unterschiede sichtbar. Kommunales Steuerungshandeln ist in allen Fällen geprägt vom Abwägen zwischen Quantität und Qualität, mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Zugangshürden können nicht nur durch lokalen Platzmangel und Betreuungskosten entstehen, sondern auch im Rahmen der Aufnahmeverfahren. Bedarfsgerechtigkeit wird zwar in allen sechs Kommunen durch verschiedene Ansätze verfolgt, kommt jedoch im regulären Angebot oft noch zu kurz. Bei der Mehrsprachigkeit von Informationen, aber auch bei der Bedarfsplanung gibt es beispielsweise Verbesserungspotenzial.
Kommunale Verwaltungen sind im Feld der Kindertagesbetreuung wichtige Akteure mit Handlungsspielräumen, auch international. In allen Kommunen stellt es sich als große Herausforderung dar, die unterschiedlichen Lebenslagen von Familien umfassend zu berücksichtigen. Hier gilt es, neben zielgruppenspezifischen und sozialraumorientierten Überlegungen, Familien aus benachteiligten Verhältnissen stärker in den regulären Strukturen mitzudenken, um den Zugang zur FBBE für alle gleichermaßen gewährleisten zu können. Durch eine gezielte Zusammenarbeit von Verwaltungen und Trägern, unter anderem zu einem aktiv gesteuerten Aufnahmeverfahren, kann die Zugänglichkeit verbessert werden.
Frühkindliche Bildung und soziale Ungleichheit. Die lokale Steuerung von Zugang im internationalen Vergleich, Britta Menzel, Antonia Scholz, 279 Seiten, 978-3-7799-6946-4 (Buch, broschiert)Frühkindliche Bildung und soziale Ungleichheit. Die lokale Steuerung von Zugang im internationalen Vergleich, Britta Menzel, Antonia Scholz, 279 Seiten, 978-3-7799-6947-1 (E-Book/Open Access)Internationales Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (ICEC)
Kontakt
Dr. Antonia Scholz
Internationales Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (ICEC)
Tel.: 089/62306-370
ascholz@dji.de
Britta Menzel
Internationales Zentrum Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (ICEC)
Tel.: 089/62306-128
menzel@dji.de
Sonja Waldschuk
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-173
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