Kooperationen für bessere Bildung schaffen
Der Open Access verfügbare Sammelband präsentiert empirische Befunde und Praxiseinsichten zur Zusammenarbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen, Bildungseinrichtungen und kommunaler Politik und Verwaltung

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Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit beginnen nicht erst in der Schule und enden auch nicht mit dem Schulabschluss. Bildung findet überall dort statt, wo sich Kinder und Jugendliche aktiv mit ihrer Umwelt auseinandersetzen, beispielsweise in der Familie, im Freundeskreis, durch Medien oder außerschulische Angebote. Auch Bibliotheken und Museen sowie Freizeitaktivitäten tragen entscheidend zur Bildung bei. Werden diese Bildungsorte und -gelegenheiten auf kommunaler Ebene in einen systematischen Zusammenhang gebracht, spricht man von kommunalen Bildungslandschaften. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zur Entwicklung vernetzter Bildung wurde über die Jahre durch vielfältige Programme gefördert. Bundesweit gibt es inzwischen zahlreiche Netzwerke, die sich als Bildungslandschaft verstehen oder ihnen zugerechnet werden.
Zusammenspiel von zivilgesellschaftlichen und kommunalen Akteuren
Die vernetzte Zusammenarbeit kann gerade auch in der kommunalen Praxis viele Vorzüge haben, wie zum Beispiel der Abbau von sozial selektiven Bildungszugängen oder auch die Unterstützung einer selbstbestimmten Lebensführung. Dabei spielen zivilgesellschaftliche Akteure wie Vereine oder Initiativen eine wichtige Rolle. Obwohl über das Bildungsengagement der organisierten Zivilgesellschaft bereits seit längerem diskutiert wird und etwa beim Ausbau von Ganztagsschulen deutlich wurde, wird sie in den bisherigen Förderprogrammen oder kommunalen Planungsprozessen kaum als Mitgestaltende kommunaler Bildung thematisiert. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt „Kooperationsbeziehungen zivilgesellschaftlicher Akteure im kommunalen Raum“ (ZivilKoop) des Deutschen Jugendinstituts (DJI) hat das Engagement der Zivilgesellschaft in kommunalen Bildungslandschaften untersucht und stellt die zentralen Ergebnisse im vorliegenden Sammelband „Gemeinsam für bessere Bildung?!“ vor. Der Band geht am Beispiel zivilgesellschaftlicher Organisationen der Frage nach, für wen kommunale Bildungslandschaften wirklich offen sind. Untersucht wird aber auch, welches transformative Potenzial ihnen innewohnt und welche Risiken beziehungsweise Nebenwirkungen von einer kommunalen Bildungspolitik ausgehen können. Neben den Ergebnissen des ZivilKoop-Projekts werden auch Ergebnisse aus anderen Forschungsprojekten, vor allem aber auch die Erfahrungen aus Praxisprojekten vorgestellt.
Gemeinsam spielen, lernen, wachsen mit BasKIDball
So widmet sich ein Beitrag dem Projekt BasKIDball, das von der iSo gGmbH Bamberg entwickelt wurde und in Würzburg von der Dirk Nowitzki-Stiftung umgesetzt wird. Mit seinem Konzept der „Offenen Sporthalle“ im Netzwerk von Schule, Jugendhilfe und Sport bietet es Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich kostenlos und ohne verpflichtende Teilnahme zum Basketballspielen zu treffen. Die „BasKIDs“ werden dabei durch fachlich qualifizierte Trainerinnen und Trainer unterstützt.
BasKIDball versteht sich als inklusives Programm, dessen Bildungsziel es ist, mit Hilfe von geschultem Personal der eigenen sozialen Kompetenzen bewusst zu werden und soziales Handeln zu erproben. Nach dem Sport haben die jungen Menschen zudem die Möglichkeit, ein von Pädagoginnen und Pädagogen gestaltetes, offenes Angebot zur Unterstützung und Orientierung in Alltagsfragen wahrzunehmen.
Das Programm wird mittlerweile an 22 Standorten in Deutschland umgesetzt und in Bamberg übergreifend von iSO e. V., dem Jugendhilfeträger der innovativen Sozialarbeit, koordiniert. Je nach den örtlichen Voraussetzungen wird BasKIDball von sozialen Organisationen, Bildungseinrichtungen, Trägern von offenen Ganztagesangeboten, Sportvereinen oder Stiftungen umgesetzt.
Potenziale von sportbasierten Jugendhilfeangeboten
Über den Sport wird den Akteuren einer kommunalen Bildungslandschaft ermöglicht, niederschwellig mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu kommen. Das Potenzial des Sports erfährt somit innerhalb einer vernetzten Bildungslandschaft eine noch breitere Wirkung. Eine grundlegende Voraussetzung ist, dass alle Kooperationspartner in der Lage sind, die Perspektiven junger Menschen einzunehmen, sodass aus deren Sicht gedacht und gehandelt werden kann.
Die jahrelange Erfahrung im Projekt hat gezeigt, dass es einer regelmäßigen Vergewisserung der Prozesse, Aufgaben, Ziele und Zuständigkeiten bedarf. Wichtig ist, dass sich die Beteiligten im Vorfeld auf einen geteilten Bildungsbegriff verständigen. Verbunden mit der Beziehungsqualität ist der Aspekt der Regelmäßigkeit relevant, um die Projektarbeit nachhaltig zu gestalten.
Das Bildungsbüro als hybrider Vermittler
In einem weiteren Beitrag geht es um Bildungsbüros als „hybride Vermittler“ im kommunalen Bildungsmanagement, die einerseits in der kommunalen Verwaltung verankert sind, andererseits aber mit verwaltungsexternen Partnerinnen und Partnern in Projekten zusammenarbeiten. Sie sind „hybride Vermittler“ weil sie häufig gerade nicht wie klassische Verwaltungseinheiten agieren müssen oder können. Am Beispiel des Landkreises Forchheim erläutert der Beitrag diese Rolle näher.
Der 2007 gegründete Verein FOrsprung entstand aus der persönlichen Überzeugung der Gründerinnen und Gründern, dass abgestimmtes Handeln und regelmäßiger Austausch zur Verbesserung der Bildungschancen in der Region beitragen können. Er bewirbt die Förderung der Bildungschancen in der Region sowie die Vernetzung aller Beteiligten mit dem Slogan „Neues Denken und Handeln in Bildung und Erziehung“. Diese Initiative zur Entwicklung des Bildungsbereichs ist als zivilgesellschaftliches Engagement zu werten. Im Jahr 2012 wurde schließlich ein Bildungsbüro als Stabsstelle im Landratsamt Forchheim eingerichtet.
Synergien durch Kooperationen
Kooperationsbeziehungen sind das Kernstück der Arbeit im Kommunalen Bildungsmanagement im Landkreis Forchheim. Das Bildungsbüro sieht eine seiner Hauptaufgaben darin, Akteurinnen und Akteure aus dem Bildungsbereich zusammenzubringen und bei ihren Ideen und Projekten zu unterstützen. Dies geschieht durch Bündelung von Ressourcen und Bereitstellung von Infrastruktur.
Das Bildungsbüro im Landkreis Forchheim hat durch seine langjährige und kontinuierliche Arbeit eine wichtige Mittlerfunktion zwischen Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft eingenommen. Auf der Homepage wird über Veranstaltungen und Projekte der Bildungspartner in der Region berichtet und der Newsletter ist ebenfalls ein wirksames Medium für Öffentlichkeitsarbeit, das Bildungsakteurinnen und -akteuren unentgeltlich zur Verfügung gestellt und von diesen auch rege genutzt wird. Dank finanzieller Zuschüsse können Projekte abgesichert oder überhaupt erst ermöglicht werden.
Zum Erfolg dieses Arbeitsmodells tragen zum einen die personelle und finanzielle Kontinuität bei. Zum anderen wurde im Bildungsbüro von Anfang an nicht in Zuständigkeiten, sondern in Verantwortungen gedacht. Dies bezieht sich unter anderem darauf, an das Bildungsbüro herangetragene Fragestellungen weiter zu vermitteln und sich um die Weiterbearbeitung zu kümmern. Mit dem Bildungsbüro leistet der Landkreis Forchheim einen Beitrag zur Gestaltung eines attraktiven Lern- und Lebensraumes für seine Bevölkerung.
Gemeinsam für bessere Bildung?! Zivilgesellschaftliche Akteure in kommunalen Bildungslandschaften. Christine Steiner, Alexander Kanamüller, Ronald Langner, Tabea Schlimbach (Hrsg.), 202 Seiten, Beltz Juventa 2024, ISBN: 978-3-7799-7473-4DJI-Projekt „Kooperationsbeziehungen zivilgesellschaftlicher Organisationen im kommunalen Raum (ZivilKoop)“Projekt BasKIDballHomepage der Bildungsregion Forchheim
Kontakt
Dr. Christine Steiner
Forschungsschwerpunkt „Übergänge im Jugendalter“
Tel.: 089/62306-227
steiner@dji.de
Sonja Waldschuk
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-173
waldschuk@dji.de