Deutsches Schulbarometer: Kinderarmut wird sichtbarer

Repräsentative Umfrage der Robert Bosch Stiftung zeigt, dass sich immer mehr Kinder um die finanzielle Situation ihrer Familien sorgen

03. Oktober 2023 -

Das Deutsche Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung beschäftigt sich mit aktuellen Herausforderungen von Lehrkräften und Schulen. In der nun vorliegenden Ausgabe stellen die Lehrkräfte fest, dass Kinderarmut im Vergleich zum Schuljahr 2021/22 sichtbar zuge­nommen hat, in sozial benachteiligten Lagen wird das besonders deutlich. DJI-Direktorin Prof. Dr. Sabine Walper ist bei der Vorstellung des Schul­barometers als Expertin aufgetreten.

„Die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien stehen merklich unter Druck, sowohl finanziell als auch in der Bewältigung schulischer An­forderungen. Der hohe Anteil psychisch belasteter Schülerinnen und Schüler legt nahe, dass die Nachwirkungen der Coronapandemie noch nicht vorbei sind – Ängste der Kinder waren in der letzten COPSY-Befragung (COrona und PSYche) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) Ende 2022 noch deutlich erhöht. Und jetzt sind sie mit dem Krieg gegen die Ukraine konfrontiert. Zudem haben die langen Lockdown-Phasen eine Steilvorlage für übermäßige Online-Nutzung geliefert. In dieser angespannten Situation bei zunehmender Heterogenität der zu großen Schulklassen wieder zu einem normalen Schulalltag zu finden, ist für alle Beteiligte enorm schwer“, sagt Sabine Walper.

Neben den Sorgen um die finanzielle Situation der Eltern (33 Prozent; in sozial schwieriger Lage: 48 Prozent) beobachtet jede dritte Lehrkraft häufiger, dass den Kindern Schulmaterialien fehlen (37 Prozent; in sozial schwieriger Lage: 64 Prozent) und sie ohne Frühstück in die Schule kommen (30 Prozent; in sozial schwieriger Lage: 54 Prozent). Auch verzeichnen 29 Prozent der Lehrkräfte, dass die Einbindung der Kinder und Jugendliche in Vereine rückläufig ist (in sozial schwieriger Lage: 51 Prozent). Jede vierte Lehrkraft (24 Prozent) beobachtet, dass Kinder seltener an Aufenthalten im Schullandheim teilnehmen (in sozial schwieriger Lage: 37 Prozent).

Lehrkräfte beklagen Konzentrationsprobleme der Kinder und beobachten Ängste

Ferner geht aus dem Ergebnisbericht hervor, dass das Verhalten der Kinder und Jugendlichen (34 Prozent) und die eigene Arbeitsbelastung (31 Prozent) aktuell die größten Herausforderungen für die Lehrkräfte sind. Mehr als drei Viertel beobachten Konzentrationsprobleme in ihren Klassen (81 Prozent; 2022: 80 Prozent) und beklagen eine übermäßige Online-Nutzung (79 Prozent; an Grundschulen 66 Prozent). Beinahe jede dritte Lehrkraft (31 Prozent) nimmt zudem Ängste bei den Kindern und Jugend­lichen wahr. 

Zwei Drittel der Teilzeit-Lehrkräfte würden aufstocken

Seit Beginn des Jahres werden Maßnahmen gegen den akuten Lehrkräfte­mangel diskutiert. Als kurzfristige Lösung wird unter anderem die Auf­stockung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten vorgeschlagen. Vor diesem Hintergrund geben 38 Prozent der Befragten an, derzeit in Teilzeit zu arbeiten. Zwei Drittel dieser Teilzeit-Lehrkräfte sind grundsätzlich be­reit, aufzustocken – bei den unter 40-Jährigen sind es sogar 73 Prozent. Aller­dings nur unter bestimmten Bedingungen. So fordern sie unter an­derem die Umstellung des sogenannten Deputatsmodells, das nur abzu­haltende Unterrichtsstunden erfasst, auf ein Arbeitszeitmodell, das die tatsächliche Arbeitszeit abbildet und auch Aufgaben außerhalb des Unter­richts berücksichtigt (73 Prozent). Weniger private Sorgearbeit in der Familie (40 Prozent) und eine bessere Betreuungssituation für die eigenen Kinder (26 Prozent) sind weitere Voraussetzungen dafür, dass Lehrkräfte mehr Stunden arbeiten würden.

Im Juni 2023 wurden bundesweit 1032 Lehrkräfte allgemein- und berufs­bildender Schulen vom Meinungsforschungsinstitut forsa zu den Themen Kinderarmut, Teilzeitarbeit sowie aktueller Stand der Digitalisierung und Inklusion befragt. Mit dem Deutschen Schulbarometer lässt die Robert Bosch Stiftung seit 2019 regelmäßig repräsentative Befragungen zur aktuellen Situation der Schulen in Deutschland durchführen.

Deutsches Schulportal der Robert Bosch Stiftung mit Download des Deutschen Schulbarometers


Kontakt
Prof. Dr. Sabine Walper
Vorstandsvorsitzende und Direktorin des DJI
Tel.: 089/62306-289
walper@dji.de

Sonja Waldschuk
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-173
waldschuk@dji.de