Wie der Austausch verschiedener Akteure im Kinderschutz ermöglicht werden kann

Expertise des DJI beschreibt datenschutzrechtlich legitime Kooperation von Fachpraxis und Gesetzgebung

22. Mai 2024 -

Fachkräfte im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) oder Jugendamt müssen mögliche Gefährdungslagen von Kindern akut und mittelfristig einschätzen, gegebenenfalls unmittelbar Schutzmaßnahmen einleiten sowie längerfristige Hilfe- und Schutzkonzepte zusammen mit Familien erarbeiten und deren Gelingen überprüfen. Häufig ist es hierbei notwendig, sich mit Fachkräften anderer Institutionen und unterschied­lichen Berufsfeldern auszutauschen, wie etwa mit freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe, der Gesundheitshilfe oder des Bildungssystems. Die Kommunikation mit Fachkräften verschiedener Institutionen ist somit ein wichtiges Element multidisziplinärer Kooperation im Kinderschutz und dient vor allem dazu, Informationen, die sich auf die Gefährdung beziehen, zu gewinnen und zu bewerten. Fachkräfte sind jedoch oft unsicher, an welche Kooperationspartnerinnen und -partner unter welchen Voraus­setzungen im Verlauf eines Kinderschutzfalles Informationen weiter­gegeben werden dürfen oder von wem sie diese einholen dürfen.

Hier setzt die vorliegende Expertise des Deutschen Jugendinstituts (DJI) an: Sie bezieht sich auf die Zusammenarbeit unterschiedlicher professioneller Akteure im Rahmen einer fallbezogenen Kooperation. Die Publikation richtet sich primär an Fachkräfte der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, die Orientierung hinsichtlich eines datenschutzrechtlich legitimen Austauschs in Kinderschutzfällen suchen.   

Zentrale Ergebnisse

Für den Aufbau und Erhalt eines professionellen Vertrauens sind Verlässlichkeit und Transparenz gegenüber Familien wichtig. Daher sollten ASD-Fachkräfte die Bedeutung von Wahrnehmungen, Informationen, eigenen und externen Arbeitsaufträgen, Kooperationen, Arbeitsschritten sowie den Zweck des Austauschs von Informationen zwischen unterschiedlichen Fachkräften gegenüber den Familien sensibel und klar kommunizieren sowie erklären können. Zudem müssen sie Sorgeverantwortliche über die Weitergabe von Informationen aufklären. Familien erleben das Handeln von Fachkräften des Jugendamts häufig als Einmischung und Kontrolle und reagieren zunächst mit Ablehnung. Der Beratungskontakt entsteht somit meistens nicht freiwillig, sondern im Rahmen institutionalisierter sozialer Kontrolle.

Ein Verständnis von Widerständen und hilfeabwehrenden Verhaltens­weisen von Eltern sowie geeignete Beratungskonzepte, wie beispielsweise Ansätze der motivierenden Gesprächsführung, können ASD-Fachkräften helfen, eine Beratungsbeziehung im Kinderschutz aufzubauen.

Für Fälle, in denen der Aufbau einer vertrauensbasierten Arbeitsbeziehung mit Familien im Kinderschutz nicht gelingt, hat der Gesetzgeber im Jahr 2021 mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wichtige Rahmenbe­dingungen geschaffen. Wenn eine multidisziplinäre Gefährdungs­einschätzung erforderlich ist, können Jugendamt und Berufsgeheimnis­träger sich wechselseitig austauschen. Weiterhin kann das Jugendamt externe Expertise von Fachkräften, die nicht mit den Beteiligten aus der Familie arbeiten, einbeziehen.

Bei der vorliegenden Expertise handelt es sich um die letzte von insgesamt 26 Expertisen, die im Rahmen des Projekts „Qualitätsentwicklung im Kinderschutz in Baden-Württemberg“ des DJI entstanden ist: Forschende befragten dabei Fachkräfte des ASD zu ihrer Arbeitssituation im Kinderschutz. Insgesamt beteiligten sich 84 Prozent der Fachkräfte mit Kinderschutzaufgaben. Die Ergebnisse wurden vor Ort mit dem befragten Personal und den Leitungen diskutiert und interpretiert. Jedes Jugendamt legte auf dieser Grundlage bis zu drei Qualitätsentwicklungsbedarfe fest, zu denen dann Expertisen erstellt wurden.

Das Projekt wurde vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg gefördert.

 

Wie kann im Kinderschutz ein Austausch verschiedener Akteurinnen und Akteure vor dem Hintergrund der bestehenden datenschutzrechtlichen Regelungen ermöglicht werden? Lydia Schönecker, Dr. Aline Dittmann-Wolf, Susanna Lillig, Christine Gerber, Dr. Thomas Meysen, 48 Seiten, ISBN: 978-3-86379-524-5 (PDF)DJI-Meldung zur Veröffentlichung der Kinderschutz-ExpertisenDJI-Projekt „Qualitätsentwicklung im Kinderschutz in Baden-Württemberg“ mit Download der PublikationenDJI-Themenseite Kinderschutz


Kontakt
Dr. Stepanka Kadera
Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“
Tel.: 089/62306-503
kadera@dji.de

Sonja Waldschuk
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-173
waldschuk@dji.de