Bildungsfragen dürfen nicht als Machtfragen verstanden werden

DJI-Direktor Thomas Rauschenbach zur Debatte über den Nationalen Bildungsrat

03. Dezember 2019 -

Der Nationale Bildungsrat sollte für mehr Vergleichbarkeit und gemeinsame Qualitätsstandards im Bildungswesen sorgen, beispielsweise beim Abitur oder um den Umzug von Familien mit Schulkindern von einem Bundesland in ein anderes zu erleichtern. So sah es der Koalitionsvertrag für dieses Beratungsgremium vor, dem Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Schulpraxis und Bildungspolitik angehören. Doch nachdem Bayern und Baden-Württemberg ausgestiegen sind, steht der gerade gegründete Bildungsrat vor dem Aus, bevor er seine Arbeit aufnehmen konnte. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts (DJI) und Mitglied des Nationalen Bildungsrats, kritisiert die Absage der süddeutschen Bundesländer und fordert einen neuen Anlauf.

„Wenn man Bildungsfragen wieder als reine Machtfragen versteht, hat man etwas Wesentliches nicht verstanden: dass es in Deutschland beim Thema Bildung längst viel fundamentalere Probleme von nationaler Tragweite gibt. Sie gehen weit über das Thema des Zentralabiturs oder der Schulsommerferien hinaus. Wir müssen uns beispielsweise damit beschäftigen, wie Bildung von Anfang an sichergestellt werden kann und wie wir mit der zunehmenden Heterogenität der Familien umgehen – manche fördern ihre Kinder maximal, manche sehr wenig. Dazu gehören auch Fragen wie die nach der Inklusion oder dem Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrungen im Bildungssystem. In Teilen ist bereits ein durchaus zeitgemäßer Umgang mit diesen Themen erkennbar – etwa beim Gute-Kita-Gesetz, beim Digitalisierungspakt Schule oder bei der Exzellenzinitiative für die Hochschulen. Der Nationale Bildungsrat ist ein notwendiges Gremium, um die genannten Fragen fachlich und öffentlich zu diskutieren. Es geht um nationale Debatten über ein hoch bedeutsames Zukunftsthema. Mit einer Beschneidung der Länderrechte oder einer Zunahme des Zentralismus, wie sie manche nun offenbar befürchten, hat das nichts zu tun. Denn das Gremium wird keine Entscheidungen treffen. Insofern stellen die Absagen an den Bildungsrat eine Diskursverweigerung dar, die dem Bildungsthema nicht angemessen ist.“

„Bildungsrat: Führende Wissenschaftler üben scharfe Kritik an der Politik“, Blogbeitrag von Jan Martin Wiarda vom 28. November 2019

 

Kontakt
Prof. Dr. Thomas Rauschenbach
Direktor des Deutschen Jugendinstituts
rauschenbach@dji.de

Uta Hofele
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-173
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