Kinderschutzsysteme und Kinderschutzhandeln

Zusatzerhebung der Gefährdungseinschätzungen gemäß § 8a Abs. 1 SGB VIII anlässlich der SARS-CoV-2-Pandemie

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) führte vom 29. Mai 2020 bis 31. Oktober 2021 eine Online-Erhebung bei Jugendämtern über die von diesen zwischen dem 1. Mai 2020 und dem 31. August 2021 durchgeführten Gefährdungseinschätzungen gemäß § 8a Abs. 1 SGB VIII durch. Technisch umgesetzt wurde die Erhebung durch die Ramboll Management Consulting GmbH. Die Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik – im Forschungsverbund DJI/TU Dortmund – begleitete die Erhebung fachwissenschaftlich und wertete die Daten aus.

Weitere Informationen zum Projekt[1]

„Gefährdungseinschätzungen sind nur die halbe Miete“

Das 2021 in Kraft getretene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz soll die Situation von benachteiligten Kindern verbessern. Der DJI-Kinderschutz-Experte Prof. Dr. Heinz Kindler bewertet im Vorfeld der Gesetzesverabschiedung die geplanten Änderungen.

INFO: KInderschutz im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz[4]

Qualitätsentwicklung im Kinderschutz ­– ein Projektbereich des NZFH

2008 fassten die Regierungschefs der Länder und die Bundeskanzlerin beim zweiten Kinderschutzgipfel den gemeinsamen Beschluss, das Thema „Lernen aus Fehlern“ als Strategie für die Qualitätsentwicklung im Kinderschutz stärker in den Blick zu nehmen. Hierzu wurde das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) in Trägerschaft der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Kooperation mit dem DJI beauftragt, in Abstimmung mit Bund und Ländern eine „Plattform für einen regelhaften Erfahrungsaustausch zu problematisch verlaufenen Kinderschutzfällen“ einzurichten.

Der Projektbereich „Lernen aus problematischen Kinderschutzverläufen“, 2020 umbenannt in „Qualitätsentwicklung im Kinderschutz“ befassst sich seitdem mit institutionellen Risiken im Kinderschutz sowie der fachlichen Gestaltung der Schnittstelle zwischen Frühen Hilfen und dem Handeln bei Kindeswohlgefährdung in multiprofessionellen Hilfesystemen. Ein Modul des aktuellen Projekts ist die Fortführung von Fallanalysen und Weiterentwicklung der Methode „Gemeinsam lernen aus Kinderschutzverläufen“, die zwischen 2011 und 2015 entwickelt wurde.

Weitere Informationen zum NZFH-Projektbereich[5]

Qualitätsentwicklung im Kinderschutz in Baden-Württemberg

Eine Befragung von Fachkräften des Allgemeinen Sozialen Dienstes in Baden-Württemberg im Jahr 2021 verdeutlicht Verbesserungsbedarf im Kinderschutz.

Im Projekt „Qualitätsentwicklung im Kinderschutz in Baden-Württemberg“ fließen in der jugendamtlichen Praxis wahrgenommene Entwicklungsbedarfe, Lehren aus Fallanalysen und wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen. Ziel des gemeinsamen Konzepts des Deutschen Jugendinstituts, des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg und des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (Landesjugendamt) ist die praxisorientierte Weiterentwicklung der Kinderschutzverfahren in Baden-Württemberg.

Die Studie zeigt unter anderem Mängel im Studium sowie in der Unterstützung von Fachkräften. Zudem wünschen sich die Fachkräfte mehr zeitliche und eine bessere personelle Ausstattung.

Weiterer Informationen zum Projekt[6]

Ergebnispräsentation im Rahmen der Lunchbag-Session „Familie am Mittag" (PDF)[7]

Stimme von Kindern im Kinderschutz bislang zu wenig gehört

Kinder und Jugendliche werden an der Abklärung von Kindeswohlgefährdungen in England, Deutschland und den Niederlanden bisher nur wenig beteiligt. Und dies, obwohl die Beteiligung gesetzlich verankert ist. Zu diesem Ergebnis kommt das Europäische Forschungsprojekt HESTIA.

Mehr als 55.000 Fälle von Kindeswohlgefährdung durch Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung meldeten die deutschen Jugendämter im Jahr 2019 laut Statistischem Bundesamt. Vorausgegangen war eine Prüfung von 173.000 Verdachtsfällen. Doch inwiefern sind Kinder und Jugendliche an sie selbst betreffenden Verfahren und Entscheidungsprozessen beteiligt? Hierzu liegen Analysen vor, die im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts HESTIA (Policies and responses with regard to child abuse and neglect in England, Germany and the Netherlands: a comparative multi-site study) erhoben wurden. Forscher:innen aus DJI, der Universität Groningen und der Universität York werteten gemeinsam mit Jugendämtern in den jeweiligen Ländern Fallakten zur Abklärung einer möglichen Kindeswohlgefährdung aus.

INFO: Die Stimme der Kinder im Kinderschutz[10]

Weitere Informationen zum DJI-Projekt HESTIA[11]

Weitere Informationen zum Verbundprojekt HESTIA[12]

Rückblick auf Maßnahmen des Kinderschutzes

Um wichtige Erkenntnisse für den künftigen Kinderschutz zu erhalten, wurden in dem Projekt "Kinderschutzkarrieren" hunderte Fallakten aus drei Jahrzehnten einer Kinderschutzambulanz einer westdeutschen Großstadt  ausgewertet. Die Akten zeigen die Historie der Abklärung von Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung. Dies ermöglichte eine Rekonstruktion des Kinderschutzhandelns in Bezug auf organisationale Entwicklungen, Gefährdungserfahrungen, diagnostische Vorgehensweisen, Interventionen und biografische Verläufen. Bei 54 Fallakten war es zudem möglich diese mit den weiteren Fallverläufen aus den Jugendamtsakten zu verknüpfen und auszuwerten.

Die Befunde liefern wichtige Erkenntnisse zur organisationalen Herstellung des Kinderschutzes hinsichtlich der (Weiter-)Entwicklung von Konzepten, handlungsleitenden Orientierungen und Interventionsformen, Arbeitsabläufen und Verfahren, Problemkonstruktionen und Diagnosen sowie interorganisationaler Kooperation und multiprofessioneller Zusammenarbeit im Kinderschutz. Das Projekt wurde in Kooperation mit der Universität Koblenz-Landau (Herr Prof. Schrapper) durchgeführt.

Weitere Informationen zum DJI-Projekt Kinderschutzkarrieren[13]

Ergebnisse des Projekts[14]

Wie der Umgang mit radikalisierten Kindern und Jugendlichen gelingen kann

Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe kommen immer häufiger und direkter in Kontakt mit Kindern aus fundamentalistischen oder demokratiefeindlich gestimmten Elternhäusern oder treffen auf bereits selbst radikalisierte Kinder und Jugendliche. Sie stehen dabei oft vor der konflikthaften Frage, wie sie sich professionell verhalten und positionieren sollen. Das Projekt "Radikal, fundamentalistisch, anders – Fachkräfte im Kontakt" (RaFiK) untersuchte Einstellungen und Handlungsorientierungen im Umgang mit religiös begründetem Extremismus und undemokratischen Milieus. Zudem zeigten die Analysen, wie Fachkräfte praktische und ethische Dilemmata im Kontext von Kindeswohl und Religions- bzw. Meinungsfreiheit ausbalancieren.

Ergebnisse der Untersuchung mündeten zum einen in Handlungsempfehlungen für Fachkräfte, um zum Wohl von Kindern und Jugendlichen im Kontakt mit "anderer", fundamentalistischer und radikaler Religiosität und Weltanschauung zu agieren. Zum anderen entstanden eine Rechtsexpertise zum religiösen Neutralitätsgebot sowie die Expertise „Prävention und Intervention gegen Menschen- und Demokratiefeindlichkeit: Angebote und Ansätze“.

Weitere Informationen zum DJI-Projekt RaFiK[15]

Zur Handlungsempfehlung und den Expertisen des Projekts[16]

INFO: Drei Publikationen des RaFiK-Projekts beschreiben, wie der Umgang mit radikalisierten Kindern und Jugendlichen gelingen kann[17]

Bücher zur Forschung im Kinderschutz ­– Nur über den Buchhandel erhältlich

Maria Albrecht
Kompetenz im Umgang mit ethnisch-kultureller Vielfalt im Kinderschutz[18]
Eine Analyse zu Dimensionen und Einflussfaktoren
Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2021