Berufliche Bildung zukunftsfähig gestalten
Interdisziplinäre Arbeitsgruppe legt wissenschaftsbasierte Handlungsempfehlungen für bessere Berufsbildung in Deutschland vor
Klimawandel, Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Energiewende stellen die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Doch wer montiert die Windräder oder Solaranlagen? Wer meistert die steigenden Anforderungen in der Pflege? Und wer sorgt dafür, dass in Schulen und Unternehmen digital vernetzt gearbeitet werden kann? Diese Aufgaben lassen sich nur mit ausgebildeten Fachkräfte bewältigen. Berufsausbildungen werden jedoch zunehmend unattraktiver: Die Zahl der Ausbildungsverträge geht seit längerem zurück – ein Trend, der sich in der Corona-Pandemie deutlich verschärfte. Bereits für das Jahr 2020 wurde ein Minus von 57.600 Ausbildungsverträgen registriert, 11 Prozent weniger als 2019.
Unter der Leitung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) haben Forscherinnen und Forscher ein wissenschaftliches Diskussionspapier mit „9+1“ Thesen veröffentlicht mit dem Ziel, die Berufsausbildung weiterzuentwickeln und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Wo heute Auszubildende fehlen, fehlen morgen Fachkräfte
Die Thesen decken alle wichtigen Phasen der beruflichen Bildung ab: berufliche Orientierung, Übergangssystem, duale Berufsausbildung, Berufsbildung im Pflegebereich, formale berufliche Weiterbildung, non-formale berufliche Weiterbildung, Übergänge zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, Qualifizierung des Berufsbildungspersonals sowie Entrepreneurship und Intrapreneurship. Sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben bei der Entstehung des Diskussionspapiers mitgewirkt. Leiter der Arbeitsgruppe waren Prof. Dr. Karl Wilbers von der FAU und Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Präsident des BIBB. „Mit den Thesen möchten wir wissenschaftsbasierte Handlungsempfehlungen in die Diskussion um die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung einbringen, um die berufliche Ausbildung vor allem für junge Menschen attraktiv zu halten beziehungsweise wieder verstärkt Interesse zu wecken,“ sagt Prof. Dr. Birgit Reißig, Mitautorin der Thesen und Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Übergänge im Jugendalter“ am Deutschen Jugendinstitut (DJI) sowie der DJI-Außenstelle Halle/Saale.
Aus den Thesen lassen sich Empfehlungen ableiten, wie sich Berufsausbildungen attraktiver gestalten lassen. Die wichtigste Erkenntnis: Es reicht angesichts der großen Aufgaben, die auf die Gesellschaft zukünftig zukommen, nicht aus, lediglich einen Bereich im Blick zu haben. Vielmehr ist es nötig, das Thema aus den verschiedenen Perspektiven anzugehen und vielfältige Lösungen zu finden. Unterlegt werden die Thesen mit der +1 Komponente durch grundlegende Prinzipien, die moderne Berufsbildung kennzeichnen. So ist berufliche Bildung beispielsweise nicht nur ein bedeutender Standortfaktor und treibende Kraft bei der Ausgestaltung des Strukturwandels in Deutschland, sondern trägt auch bei zur gesellschaftlichen Integration, Inklusion und Sozialisation.
Beteiligt an der Arbeitsgruppe 9+1 waren neben FAU und BIBB die Eberhard-Karls-Universität Tübingen, die Universität Paderborn, die Universität zu Köln, die Universität Osnabrück, das Deutsche Jugendinstitut sowie die Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd.
Diskussionspapier „Zukunftsfähig bleiben! 9 +1 Thesen für eine bessere Berufsbildung“ sowie eine Kurzfassung [1]Forschungsschwerpunkt Übergänge im Jugendalter[2]
Kontakt
Prof. Dr. Birgit Reißig
Forschungsschwerpunkt „Übergänge im Jugendalter“, Abteilungsleitung
Tel.: 0345 68178-33
reissig@dji.de
Marion Horn
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-311
horn@dji.de