Beratung stärken für Paare und Trennungseltern
Aktuelle Publikationen richten sich an Fachkräfte in der Partnerschafts- und Trennungsberatung
Partnerschaftsbeziehungen sind oft herausfordernd und konfliktbelastet. Eine stabile Beziehung ist für Paare und deren Kinder jedoch von großer Bedeutung, da langanhaltende schwere Konflikte nicht nur für die Eltern fast immer starke negative Konsequenzen haben, sondern auch für mitbetroffene Kinder.
Paarberatung unterstützt darin, Beziehungsprobleme zu erkennen sowie konstruktiv zu bearbeiten und trägt dazu bei, die Partnerschaft zu konsolidieren. Wenn es zu einer Trennung kommt, kann Trennungsberatung Eltern helfen, ihre weitere gemeinsame Verantwortung für Kinder möglichst konstruktiv zu gestalten. Forschende am Deutschen Jugendinstitut (DJI) haben sich nun mit Partnerschafts- und Trennungsberatung beschäftigt. Sie befragten in den Jahren 2020 und 2021 2.679 Fachkräfte unterschiedlicher Beratungs- und Unterstützungsdienste zu ihrer Arbeit.
Beratende für präventive Ansätze sensibilisieren
Fachkräfte der Paarberatung stellen immer wieder fest, dass belastete Paare lange zögern, bevor sie Hilfe in Anspruch nehmen. Meistens sind die Chancen einer konstruktiven Lösung von Beziehungskonflikten dann bereits gering. Hier stellt sich die Frage, mit welchen Ansätzen frühzeitig unterstützend eingegriffen werden kann. Dabei ist auch von Interesse, inwieweit Partnerschaftsprobleme auch in anderen Beratungsfeldern wie etwa Sucht- oder Erziehungsberatung ein Thema sind und sich hier Chancen einer frühen Ansprache oder Vermittlung belasteter Paare bieten. Dies wirft die Fragen auf, welche Herausforderungen dies für die nicht dafür spezialisierten Fachkräfte darstellt und welche ergänzenden Formate die Beziehungspflege präventiv unterstützen können.
Prävention von Partnerschaftsproblemen
Im Bericht „Ehe und Partnerschaft in verschiedenen Beratungskontexten“ bieten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Einblick in die Alltagspraxis der Beratenden und geben Auskunft über die Fortbildungsbedarfe der Fachkräfte sowie ihre Einstellungen hinsichtlich verschiedener Strategien zur Verbesserung der Beratungsstrukturen. „Eine zentrale Frage ist, inwiefern auch in anderen Beratungskontexten Anzeichen von Partnerschaftsproblemen sichtbar werden und wie diese zur Vermittlung an spezialisierte Einrichtungen genutzt werden. Ziel ist es, die Beratungspraxis zu verbessern und den präventiven Ansatz der Paarberatung stärken“, erläutert DJI-Wissenschaftlerin Dr. Laura Castiglioni. Da frühzeitige Interventionen wesentlich bessere Erfolgschancen haben als Beratungen in Krisensituationen, ist ein präventiver Ansatz sinnvoll. Paare sollen ermutigt werden, in die Beratung zu kommen, bevor ernste Probleme entstehen.
Herausforderungen der Beratung von Trennungsfamilien
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DJI befragten im parallelen Projekt „Trennungsberatung im Wandel“ Fachkräfte aus der Trennungs- und Scheidungsberatung und nutzten die Ergebnisse für die Broschüre „Beratung hilft! Ein Leitfaden für Fachkräfte, die Eltern zu Trennung und Scheidung beraten“. Vier Themen beschäftigen die Fachkräfte in der Trennungs- und Scheidungsberatung besonders: der schwierige Umgang mit Hochkonflikthaftigkeit, die Vor- und Nachteile verschiedener Betreuungsmodelle, der Einbezug von Kindern in die Trennungs- und Scheidungsberatung sowie Fragen der Vernetzung. Zu diesen vier Themen bietet die Broschüre daher einen aktuellen Forschungsüberblick und Empfehlungen.
Ergebnisse und Empfehlungen für die Praxis
Für Hochkonflikthaftigkeit präsentieren die Forschenden etwa ein Modell verschiedener Entstehungswege und beschreiben unterschiedliche Bewältigungsstrategien von Kindern, die für die Psychoedukation von Eltern genutzt werden können. Weitere Ansatzpunkte für die Beratung leiten sie aus den Konfliktmustern und der psychischen Verfassung der Eltern ab. Zudem wird mit „Kinder im Blick“ ein Gruppenprogramm mit belegten positiven Wirkungen dargestellt. Zu verschiedenen Modellen der Betreuung nach einer Elterntrennung wird erläutert, dass kein Modell als generell besonders kindeswohldienlich gelten kann. Die wichtigsten Kriterien für die Wahl einer im Einzelfall passenden Regelung werden erklärt. Empfohlen wird ein stärkerer Einbezug von Kindern in die Trennungs- und Scheidungsberatung. Solange sie nicht zu Positionsnahmen im Elternstreit gedrängt werden, wollen Kinder mehrheitlich gehört werden und elterliche Vereinbarungen profitieren davon.
Ein Ausbau der Kooperation von Familiengerichten und Trennungsberatungsstellen ist für die Arbeit mit hochkonflikthaften Eltern sehr wichtig. Da Elterntrennungen aber in vielen Beratungsbereichen eine Rolle spielen (zum Beispiel in der Schuldenberatung), wünschen sich viele Beratungsfachkräfte, die nicht auf Trennungs- und Scheidungsberatung spezialisiert sind, mehr Möglichkeiten einer Co-Beratung, mehr Vernetzung mit spezialisierten Beratungsstellen und mehr Grundinformation zu Trennung und Scheidung. Hier will die Broschüre zur Trennungsberatung Fachkräften Möglichkeiten aufzeigen, um sie in schwierigen Situationen zu unterstützen.
Rechtsvorstellungen in der Elternberatung
Ein weiterer Forschungsbericht des DJI und der Universität Hildesheim geht auf die Rechtsvorstellungen von Beratungsfachkräften ein. Die Forschenden stellten unter anderem die Thesen auf, dass es nicht möglich sein wird, finanzielle Fragen in der Beratung zu Umgangs-, Betreuungs- und Sorgerechtsfragen auszuklammern, wenn die Bedeutung der geteilten Betreuung weiter zunimmt. Weiterhin sind sie der Auffassung, dass rechtliches Hintergrundwissen der Beratenden stärker in der Aus- und Weiterbildung verankert werden sollte und dass ein höherer Personaleinsatz und stärker spezifisch qualifiziertes Personal erforderlich ist, um qualitativ hochwertige Beratung gewährleisten zu können.
Ehe und Partnerschaft in verschiedenen Beratungskontexten, Laura Castiglioni, Eva Esteban, 55 Seiten, 978-3-86379-433-0 (PDF)Beratung hilft! Ein Leitfaden für Fachkräfte, die Eltern zu Trennung und Scheidung beraten, Sabeth Eppinger, Heinz Kindler, 50 Seiten, 978-3-86379-435-4 (PDF)Projekt Beratung im Elternkonflikt (BiK) des DJI und der Universität Hildesheim mit Download des AbschlussberichtsDJI-Projekt Partnerschafts- und Trennungsberatung im Wandel
Kontakt
Dr. Laura Castiglioni
Tel.: 089/62306-423
castiglioni@dji.de
Prof. Dr. Heinz Kindler
Tel.: 089/62306-245
kindler@dji.de
Sonja Waldschuk
Abteilung Medien und Kommunikation
Tel.: 089/62306-173
waldschuk@dji.de