Schutz und Unterstützung für von Gewalt betroffene Kinder unter einem Dach
Die Bundesregierung plant, die Weiterentwicklung von Childhood-Häusern zu fördern. Wichtige Erkenntnisse zu den neuen Anlaufstellen im Kinderschutz bündelt eine gerade veröffentlichte Broschüre des DJI und der World Childhood Foundation
Kinder und Jugendliche, die Vernachlässigung, Missbrauch oder Gewalt erlebt haben, werden im Laufe der Ermittlungen oft mehrfach von Polizei, Gericht, Jugendamt und Klinik befragt – und dadurch erneut belastet. Um die von Gewalt betroffenen Minderjährigen sensibel und kindgerecht zu behandeln, zu unterstützen und zu begleiten, sind in Deutschland erste Childhood-Häuser entstanden: ambulante Anlaufstellen, in denen Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen wie soziale Arbeit, Psychologie, Pädiatrie, Gynäkologie, Rechtsmedizin, Strafverfolgung und Jugendhilfe zusammenarbeiten. Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung festgeschrieben, die weitere Entwicklung der Childhood-Häuser künftig mit Bundesmitteln zu unterstützen. „Dieser Schritt bietet eine wichtige Chance zur Weiterentwicklung des Kinderschutzsystems in Deutschland sowie zur Wahrung der Kinderrechte“, betont DJI-Kinderschutzexperte Prof. Dr. Heinz Kindler anlässlich der Veröffentlichung einer Broschüre mit dem Titel „Kinderrechte im Fokus: Vom europäischen Barnahus Modell zum deutschen Childhood-Haus Konzept – Praxis, Forschung und Perspektiven“.
Wohlergehen von betroffenen Kindern und Eltern verbessern
Die Broschüre, die vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) und der World Childhood Foundation Deutschland (WCF) veröffentlicht wurde, bündelt bisherige Erkenntnisse zu dem international anerkannten Barnahus-Modell, auf dem die Childhood-Häuser basieren. Das Modell stammt ursprünglich aus Island und wird mittlerweile in vielen europäischen Ländern, insbesondere in Skandinavien, umgesetzt. In Deutschland existieren derzeit elf Häuser in zehn Bundesländern. Bislang fehlt es allerdings an umfassender Forschung zur Verbreitung und praktischen Umsetzung des Konzepts, den damit verbundenen Herausforderungen sowie den Potenzialen für den deutschen Kontext. Hier leistet die Broschüre einen wichtigen Beitrag. Sie fasst vielfältige Erfahrungen bei der Adaption des Konzepts in Europa zusammen, die auf einer Tagung im März 2025 in Helsinki diskutiert wurden. Außerdem gibt sie einen Überblick über relevante wissenschaftliche Studien und Evaluationen, vornehmlich aus Skandinavien. Sie weisen nach, dass der Barnahus-Ansatz in den untersuchten Ländern die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgung und Hilfesystem verbessert, Mehrfachbefragungen und -untersuchungen verringert, dadurch zusätzliche Belastungen für die Betroffenen reduziert und das Wohlergehen von betroffenen Kindern und Eltern insgesamt verbessert sowie Abläufe im Kinderschutzverfahren beschleunigt hat.
Mehr Information und Partizipation im Sinne der Kinderrechte
Weitere Studien deuten darauf hin, dass junge Menschen durch den Barnahus-Ansatz weitaus besser als in weniger spezialisierten Einrichtungen informiert werden und zudem mehr altersgerechte Möglichkeiten zur Partizipation haben als in herkömmlichen Kinderschutz-Verfahren. „Damit trägt das Konzept zur Verwirklichung der UN-Kinderrechtskonvention und der im Grundgesetz verankerten Rechte von Kindern und Jugendlichen bei“, erklärt Kindler.
Herausforderung und Chance für die Fachkräfte: Strukturiertes Zusammenzuarbeiten und Abstimmen
Mit Blick auf die Umsetzung des Modells in Form der Childhood-Häuser in Deutschland berichtet die Broschüre auch über Herausforderungen – etwa dass die verschiedenen Professionen lernen, strukturiert zusammenzuarbeiten, sich interdisziplinär auszutauschen und Zuständigkeiten und Aufträge aufeinander abzustimmen. Vor diesem Hintergrund betont Kindler: „Um die notwendigen Anpassungen und eine langfristige Qualitätsentwicklung zu ermöglichen, sind neben einer dauerhaften und planbaren Finanzierung eine solide Datenerfassung und bundesweite Evaluation der Arbeit der Childhood-Häuser in Deutschland dringend erforderlich."
„Kinderrechte im Fokus: Vom europäischen Barnahus Modell zum deutschen Childhood-Haus Konzept – Praxis, Forschung und Perspektiven" (PDF) [1]Zur Themenseite Kinderschutz[2]World Childhood Foundation Deutschland (WCF): Bundesföderung des Childhood-Haus-Konzepts [3]
Kontakt
Prof. Dr. Heinz Kindler
Leitung der DJI-Fachgruppe „Familienhilfe und Kinderschutz“
089/62306-245
kindler@dji.de
Uta Hofele
Abteilung Medien und Kommunikation
089/62306-446
hofele@dji.de