Alleinerziehende in der Kita-Platzvergabe benachteiligt
Studie untersucht Kriterien und Verfahren in der Betreuungsplatzvergabe von unter-dreijährigen Kindern und gibt Handlungsempfehlungen

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Alleinerziehende Eltern und ihre Kinder können besonders von frühkindlicher Bildung und Betreuung profitieren. Die Kindertagesbetreuung fördert zum einen die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit und reduziert damit das Armutsrisiko für Alleinerziehende. Zum anderen sind frühkindliche Bildungs- und Betreuungsangebote besonders entscheidend für die Entwicklung von Kindern aus benachteiligten Familien, zu denen besonders häufig Alleinerziehende zählen. Trotz dieser bekannten Zusammenhänge haben alleinerziehende Eltern mit Kindern unter drei Jahren in Deutschland einen höheren ungedeckten Betreuungsbedarf als Eltern in Paarfamilien. Eine Analyse des Deutschen Jugendinstituts (DJI) zeigt, wie sich dieses Ungleichgewicht durch bundesweit transparente Vergabekriterien beheben ließe und wie diese durch geeignete Zuteilungsverfahren wirksamer umgesetzt werden könnten.
Gesamte Analyse in Fachzeitschrift „Wirtschaftsdienst“ erschienen
Der kürzlich in der Fachzeitschrift „Wirtschaftsdienst“ veröffentlichte Beitrag „Alleinerziehende in der Betreuungsplatzvergabe: Status quo und Handlungsempfehlungen“ zeigt, dass die derzeitige Priorisierung von Alleinerziehenden bei der Platzvergabe unzureichend ist. Denn sowohl Befragungen unter Einrichtungsleitungen als auch die Recherche öffentlich zugänglicher Kriterienkataloge zeigen, dass der Alleinerziehenden-Status bei der Platzvergabe zwar ein wichtiges Kriterium ist, dass dieser oft jedoch mit dem Erwerbsstatus bewertet wird. Zudem wird die Umsetzung dieser Kriterien durch die aktuellen Vergabeverfahren nicht gewährleistet.
Die derzeit vorherrschenden intransparenten und langwierigen Vergabeprozesse führen häufig zu unfairen Entscheidungen in der Vergabepraxis. „Angesichts der Knappheit von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren ist es von zentraler Bedeutung, wie Plätze vergeben werden“, betont Hannah Sinja Steinberg, Wissenschaftliche Referentin am DJI und Autorin des Beitrags. Laut der Autor:innen-Gruppe, der neben Steinberg die DJI-Wissenschaftlerinnen Dr. Simone Schüller und Yasmin Öztürk sowie Prof. Dr. Thilo Klein (Hochschule Pforzheim, ZEW) und Prof. Dr. Pia Schober (Universität Tübingen) angehören, wird insbesondere in westdeutschen Regionen der relativ hohe ungedeckte Bedarf durch den aktuellen Fachkräftemangel zusätzlich verstärkt werden. Vor allem in diesen Regionen sollte der besondere Bedarf von Alleinerziehenden als eigenständiges Kriterium zusätzlich zu anderen Faktoren, wie Erwerbstätigkeit und dem Alter des Kindes, berücksichtigt werden.
IDAT-Algorithmus würde faire und effiziente Verteilung ermöglichen
Die Autor*innengruppe beschreibt Best-Practice-Ansätze, die kostengünstig implementiert werden können, die Einrichtungsleitungen in den Entscheidungsprozess einbeziehen und die Umsetzung von transparenten Aufnahmekriterien gewährleisten können. Explizit wird die Nutzung des frei verfügbaren IDAT-Algorithmus vorgeschlagen. IDAT steht für Iterative Deferred Acceptance. Dieser könnte deutschlandweit angewendet werden und bei der Durchsetzung der Vergabekriterien, wie dem Alleinerziehenden-Kriterium, helfen. Erste Anwendungen finden sich bereits in Großstädten und Landkreisen. Statt langwieriger Vergabeprozesse könnte die Vergabe damit innerhalb eines Tages erfolgen.
Zum Artikel in der Fachzeitschrift „Wirtschaftsdienst“Weitere Forschungsarbeiten des DJI zum Thema FamilieDJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS)Entwicklung von Rahmenbedingungen in der Kindertagesbetreuung (ERiK)
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Fachgruppe Lebenslagen und Lebensführung von Familien
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Abteilung Medien und Kommunikation
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