Arbeitsgruppe II: Sorgeökonomie in sozialen Dienstleistungsberufen
Moderation: Dr. Holger Seibert, IAB Berlin-Brandenburg
In der Arbeitsgruppe II stand die Frage nach ökonomischen Faktoren der sozialen Dienstleistungen im Vordergrund und betrachtet dabei verschiedene Dimensionen.
Dafür stellte Prof. Dr. Günter Thiele (Alice Salomon Hochschule) seine, wie er sie nennt, „Utopie“ einer reflexiven Verwaltung in der Sorgearbeit vor. Ausgangspunkt ist der Handlungsrahmen der Sorgearbeit, der durch die Finanzierung und Verwaltung vorgegeben wird. Die vorherrschende Marktökonomie in den sozialen Dienstleistungsberufen wird kritisch einer Gesellschaftlichen Ökonomie gegenübergestellt. Das Ziel ist ein Gemeinwohlmanagement, welches in Anlehnung an die Neo-Weberianische Bürokratie das Kindeswohl, oder das Wohl des Patienten in den Vordergrund stellt und ökonomische Faktoren erst an zweiter Stelle stehen. Der Leitgedanke dahinter ist eine soziale Effizienz und Gemeinwohlbindung des Verwaltungshandelns mit der Berücksichtigung aller Gemeinwohlfaktoren. Die Verwaltung muss unter dem Druck stehen sich selbst zu legitimieren, bzw. sich ihrer reflexiven Rolle bewusst zu werden, sodass entsprechende Ressourcen für tatsächliche Bedarfe bereit gestellt werden und ein flexibles, situatives Handeln möglich ist.
Im zweiten Vortrag lenkt Frau Prof. Dr. Claudia Gather (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) den Blick weg von der Makroebene hin zur Mikroebene der ausführenden Personen. Sie stellt Ergebnisse eines Projekts vor, das sich mit der Selbstständigkeit von Frauen in der Pflegebranche unter anderem mit der Berücksichtigung von Gleichstellungsaspekten beschäftigt. Sie kritisiert, dass in vielen Studien nur die Branchen, nie aber die Selbstständigen in den Blick genommen werden, die häufig in sehr prekären Verhältnissen ihre Dienstleistungen vollziehen. Im Fokus des Vortrags standen Motivlagen, die zur Gründung der Selbstständigkeit geführt haben, die in einer qualitativen Fallstudie erhoben wurden. Dabei wurden vier Typen klassifiziert und vorgestellt, die sich ein einem Range zwischen altruistisch- bis hin zu gewinnorientiert verorten. Die Studie zeigt, dass sich Selbstständige im einem Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und professionsethischen Gesichtspunkten befinden und dies in verschiedener Weise lösen.