Pflegekinderhilfe
Foster Care Service
Kooperationsprojekt des DJI mit dem DIJuF zum Pflegekinderbereich
Entwicklungen des internationalen Forschungsstands zu Pflegekindern
Die Forschung zu Pflegekindern hat international in der unmittelbaren Vergangenheit stark zugenommen.<footnote>Beispielsweise sind in einer der großen wissenschaftlichen Literaturdatenbanken (Psychinfo©) für die vergangenen vier Jahre bereits nahezu genauso viele in Qualitätszeitschriften (d. h. mit Peerreview) erschienene Artikel verzeichnet wie für das gesamte vergangene Jahrzehnt von 1990 bis 1999 (307 zu 349 Veröffentlichungen. Zuvor waren in den 60er und 70er Jahren jährlich nur ein bis zwei empirische Arbeiten erschienen, danach hat deren Zahl begonnen allmählich zu wachsen.</footnote> Bedeutsame, auf empirischer Forschung aufbauende neue Informationen haben sich zu verschiedenen Bereichen wie der (zeitlichen) Entwicklung von Bindungsbeziehungen in Pflegefamilien,<footnote>Z. B. Stovall-McClough/Dozier, Forming attachments in foster care: Infant attachment behaviours during the first 2 months of placement, Development & Psychopathology 16 (2004), 253-271.</footnote> Interventionsmöglichkeiten bei Verhaltens- und Bindungsstörungen bei Pflegekindern,<footnote>Z. B. Fisher et al., The Early Intervention Foster Care Program: Permanent Placement Outcomes From a Randomized Trial, Child Maltreatment, im Druck; MacDonald/Kakavelakis, Helping foster carers to manage challenging behavior. University of Exeter: Centre for Evidence-based Social Services, 2004.</footnote> prognostischen Kriterien für Rückführungsentscheidungen,<footnote>Z. B. Bullock/Gooch/Little, Children Going Home. The Reunification of Families. Aldershot: Ashgate, 1998.</footnote> Wirkungen von Umgangskontakten<footnote>Z. B. McWey/Mullis, Improving the Lives of Children in Foster Care: The Impact of Supervised Visitation. Family Relations 53 (2004), 293-300.</footnote> oder der Auswahl und Vorbereitung von Pflegeeltern<footnote>Z. B. Dozier & the Infant-Caregiver Lab, The attachment and biobehavioral catch-up intervention: A training manual for foster parents. Newark: University of Delaware, 2002.</footnote> ergeben. International wurden umfassende Erhebungen zur körperlichen und psychischen Gesundheit von Pflegekindern durchgeführt,<footnote>Z. B. Richardson/Lelliott, Mental health of looked after children. Advances in Psychiatric Treatment 9 (2003), 249-251; Leslie et al., Developmental delay in young children in child welfare by initial placement type. Infant Mental Health 23 (2002), 496-516.</footnote> die Nutzung angemessener Hilfsangebote überprüft<footnote>Z. B. Hulburt et al., Contextual predictors of mental health service use among children open to child welfare. Archives of General Psychiatry 61 (2004), 1217-1224.</footnote> und Konzepte einer effizienteren Versorgung zur Verhinderung von Fehlentwicklungen in verschiedenen Bereichen (z. B. Schule, Kriminalität) erprobt.
<footnote>Z. B. Zeanah et al., Evaluation of a preventive intervention for maltreated infants and toddlers in foster care. Journal of the American Academy for Child and Adolescent Psychiatry 40 (2001), 214-221.</footnote> Neben den Fortschritten der Forschung zu Pflegekindern finden wir bedeutsame internationale Weiterentwicklungen in verschiedenen relevanten Bereichen der Grundlagenforschung, etwa zur Bindungsforschung,<footnote>Z. B. Grossmann et al., Die Bindungstheorie: Modell, entwicklungspsychologische Forschung und Ergebnisse. In H. Keller (Hrsg.), Handbuch der Kleinkindforschung, 3. Aufl. 2003, S. 223-282.</footnote> der Bedeutung von Trennungserfahrungen,<footnote>Z. B. Schaffer, The early experience assumption: Past. present, and future. International Journal of Behavioral Development 24 (2000), 5-14.</footnote> der Relevanz von Umgangskontakten,<footnote>Z. B. Friedrich et al., (Begleiteter) Umgang und Kindeswohl: Eine Forschungsübersicht. In M. Klinkhammer/Klotmann/Prinz (Hrsg.), Handbuch Begleiteter Umgang. Pädagogische, psychologische und rechtliche Aspekte, 2004, S. 13-39.</footnote> den Auswirkungen erfahrener Kindeswohlgefährdungen<footnote>Z. B. Myers et al., The APSAC Handbook on Child Maltreatment, 2nd Ed. 2002. Thousand Oaks: Sage.</footnote> und der Einschätzung von Gefährdungsrisiken.<footnote>Z. B. Kindler, Verfahren zur Einschätzung der Gefahr zukünftiger Misshandlung bzw. Vernachlässigung: Ein Forschungsüberblick, in: Deegener/Körner (Hrsg.), Kindesmisshandlung und Vernachlässigung, im Druck.</footnote> Die Rezeption dieser internationalen Weiterentwicklungen in der Praxis der deutschen Pflegekinderhilfe ist bislang unzureichend. Selbst wenn sie ausnahmsweise zur Kenntnis genommen werden, fehlt eine ausreichende inhaltliche Debatte. Auch setzt eine Übertragung von Empfehlungen aus dem Ausland stets Anpassungen an bundesdeutsche Gegebenheiten voraus. Erforderliche Erhebungen zur Überprüfung der Übertragbarkeit auf die Situation in Deutschland bleiben aus.