Ausgangssituation

Familien, die unter belastenden Lebensumständen, wie Langzeitarbeitslosigkeit und Armut, mangelnde soziale Integration und geringe familiäre Ressourcen, Kinder großziehen, haben einen besonderen Unterstützungsbedarf, damit auch diese Kinder eine Chance auf Teilhabe und Erfolg im Bildungssystem haben. Doch jenseits der Vielfalt der Angebote an Familien zur Unterstützung ihrer Erziehungsleistung wird schnell deutlich: Gerade diejenigen Familien, die einen besonderen Unterstützungsbedarf haben, nutzen vorhandene Angebote wie Beratungsstellen oder Familienbildungsstätten kaum oder gar nicht. Ursachen für dieses „Präventionsdilemma“ liegen zum einen eben in den mangelnden Ressourcen der belasteten Familien, so dass keine aktive Suche nach Beratung und Unterstützung mehr möglich ist. Auf der anderen Seite fühlen sich sozial benachteiligte Familien durch die Art der Angebote und die Zusammensetzung des mittelschichtorientierten Klientels nicht in ihrer Lebenswirklichkeit angesprochen. In der Studie „Niederschwellige Angeboten der Elternbildung“ (Haug-Schnabel G., Bensel J., 2003) wird daher gefordert, zielgruppenspezifische und besonders niederschwellige Angebotsformen zu entwickeln, um auch diese Gruppe von Familien zu erreichen. Als besonders erfolgversprechend werden dabei Hausbesuchsprogramme eingeschätzt.

Mit dem Modellprojekt „Opstapje – Schritt für Schritt“ wurde ein zielgruppenangepasstes Angebot für sozial benachteiligte Familien zur Unterstützung ihrer Erziehungsleistung und zur frühen Förderung ihrer Kinder erstmals in Deutschland eingesetzt. Opstapje ist als Hausbesuchsprogramm konzipiert und dauert zwei mal 30 Wochen. Das Konzept des Programms zielt auf „Empowerment“, also Nutzung und Erweiterung vorhandener Kompetenzen und Ressourcen der Familien. Schwerpunkt ist die Verbesserung der Mutter- bzw. Vater-Kind-Interaktion. Entwicklungsförderliche Verhaltensweisen der Eltern werden modellhaft angeleitet und im alltäglichen Kontext eingeübt. Altersgerechte, anregende Materialien und Bilderbücher werden in den Familien bereitgestellt. Auf diese Weise sollen sich die Spiel- und Lernerfahrungen der Kinder erweitern und ihre kognitive, motorische, sozio-emotionale und sprachliche Entwicklung gefördert werden. Die Eltern, und aufgrund ihrer Alltagspräsenz hierbei in erster Linie die Mütter, werden als wichtigste Partner des Kindes im Prozess der frühen Entwicklung und Bildung angesehen. Sie sollen für die alters- und entwicklungsspezifischen Bedürfnisse ihrer Kinder sensibilisiert werden und durch praktische Anleitung an erzieherischer Kompetenz gewinnen. Durch regelmäßige Gruppentreffen erhalten sie zudem Informationen über Entwicklung und Erziehung und Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen auszutauschen. Auch Geschwisterkinder können von den neuen Fähigkeiten der Eltern und den Angeboten des Programms profitieren. Um das Angebot möglichst niederschwellig zu gestalten und auch Familien in belasteten Lebenssituationen zu erreichen, die erfahrungsgemäß die gängigen Angebote der Familienbildung und Erziehungsberatung wenig oder gar nicht nutzen, wurde für Opstapje bewusst eine aufsuchende Form (Geh-Struktur) mit semiprofessionellen Kräften (Hausbesucherinnen) als zentralen Vermittlerinnen gewählt. Diese sind selbst Mütter mit hoher sozialer Kompetenz und eigener Erfahrung im Umgang mit kleinen Kindern, die aus dem soziokulturellen Umfeld der Zielgruppe stammen. Die Hausbesucherin soll so ein für die Familien akzeptables Modell darstellen, vor allem was Erziehung und Lebensführung anbelangt. Sie wird durch eine sozialpädagogische Fachkraft, die Koordinatorin, in das Programm eingewiesen und für ihren Aufgabenbereich geschult.

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