Netzwerk Prävention von Schulmüdigkeit und Schulverweigerung
Bericht aus der Werkstatt I
„Schülerfirmen in Haupt- und Förderschulen“ (Elke Schreiber, Ulrike Richter)
In Werkstatt I wurde der Frage nachgegangen, ob das Konzept der Schülerfirmen auch geeignet für Haupt- und Förderschulen ist. 48 Tagungsgäste aus den unterschiedlichsten Bereichen fanden sich zu dem Thema zusammen. Die Moderation hatte Dr. Cortina Gentner (Universität Hannover) übernommen.
Foto Pupils GMBH
Vorgestellt wurden zwei sehr unterschiedliche Schülerfirmen:
der Cirque Belle Europe, Gesamtschule Riegelsberg durch Frau Julia Pape, Trainerin der Zirkusschule
sowie die „Pupils GMBH“ (Ghana Mit Bäumen Helfen), Förderschule Ganderkesee durch Herrn Norbert Klüh. Lehrer und Abteilungsleiter Holz/Metall und Sarah Erdmann, Dennis Holschen, Mike Lüschen, Schüler und Mitarbeiter der Pupils GMBH
Anliegen der Präsentationen war es aufzuzeigen
welche Aktivitäten notwendig waren, die Schülerfirmen ins Leben zu rufen,
welche Rahmenbedingungen erforderlich sind, Schülerfirmen als feste Angebote an den Schulen zu installieren (Personal, Finanzierung, Kooperationspartner, regionale Vernetzung etc.),
welche Zielgruppen erreicht werden,
welche konkreten Produkte erwirtschaftet bzw. welche Leistungen im Rahmen der Firma erbracht werden,
welche Effekte durch die Mitarbeit und das Engagement der Schülerinnen und Schüler erzielt werden.
Präsentation Cirque Belle Europe, Julia Pape
Unter dem Namen Cirque Belle Europe vernetzen sich verschiedene Schulzirkusgruppen aus verschiedenen europäischen Ländern zu einem „Zirkus – Unternehmen“ für gemeinsame Shows in Europa. Eine Zirkusgruppe von ihnen ist an der Gesamtschule Riegelsberg angesiedelt. Sie ging im Jahre 1994 aus einer Schüler-AG hervor. Im Jahr 2005 fand die Gründung der Cirque Belle Europe an der Gesamtschule Riegelsberg statt. Obwohl es sich in Riegelsberg um eine Gesamtschule handelt, sind insbesondere Mädchen und Jungen im Zirkus engagiert, die besondere schulische und soziale Problemlagen aufweisen.
Exkurs Gesamtschule im Saarland
In der Gesamtschule wird nach der Klassenstufe 6 der Klassenverband teilweise aufgelöst und der Unterricht in einzelnen Fächern je nach Leistungsfähigkeit und Neigung der Schüler in Kursen organisiert (Kursunterricht). Je nach Einstufung erwerben die Schüler beider Pflichtschulen am Ende der Klassenstufe 9 nach bestandener Abschlussprüfung den Hauptschulabschluss. Am Ende der Klassenstufe 10 wird nach bestandener Abschlussprüfung der mittlere Bildungsabschluss erlangt. Anschließend können die Schüler eine Lehre beginnen oder ihren Bildungsweg in beruflichen Schulen fortsetzen. Befähigte Schüler der Erweiterten Realschule und der Gesamtschule können nach der Klassenstufe 10 in die gymnasiale Oberstufe eintreten, wenn sie gute Noten haben. Die Gesamtschule vermittelt in der Sekundarstufe I eine erweiterte allgemeine Bildung, die zugleich Grundlage einer Berufsausbildung oder weiterführender berufsbezogener oder studienbezogener Bildungsgänge ist. Der Unterricht findet in Klassen und Kursgruppen statt. Die Kursgruppen werden nach Leistungsfähigkeit und Neigung der Schüler gebildet. (http://www.saarland.de/dokumente/ressort_bildung_kultur_und_wissenschaft/WelcheSchule.pdf)
Link der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule ggg-bund.de
Das Zirkusprojekt ist ein Angebot für alle 5. Klassen der Schule, davon entschließen sich jeweils einige Kinder, weiter im Zirkusprojekt mitzuwirken. Am Projekt sind auch Grundschüler bis zu Jugendlichen der gymnasialen Stufe sowie Schülerinnen und Schüler anderer Schulen beteiligt. Trainiert wird in der Freizeit. Die Mädchen und Jungen treten mit ihren akrobatischen Künsten auf vielfältigsten Veranstaltungen auf, werden regional und international zu Auftritten geladen und haben sich einen guten Ruf erarbeitet. Das Zirkusprojekt wird wirtschaftlichund verwaltungstechnisch nicht selbst von den Jugendlichen verwaltet, sondern vom Schulleiter Günter Engel. Die Einnahmen dienen der Erneuerung der Gerätschaften und zur Finanzierung der vielfältigen Aktivitäten. Julia Pape ist ehemalige Zirkusschülerin, Weltmeisterin im Einradfahren und trainiert heute mehrere Zirkusgruppen an zwei Schulen.
Präsentation - Schülerfirma Cirque Belle Europe
Foto Cirque Belle Europe
Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie im Internet:
http://www.gesamtschule-bellevue.de/
Kontakt
Gesamtschule Riegelsberg
Schulleiter Günter Engel
Lindenstrasse 9
66292 Riegelsberg
Tel.: 0 68 06 99 21 0
Fax: 0 68 06 99 21 40
E-Mail: info@gesri.de
www.gesri.de
Julia Pape
JuliaPape@gmx.de
Präsentation Pupils GMBH (Ghana Mit Bäumen Helfen), Norbert Klüh
Bei der Pupils GMBH handelt es sich um das Modell einer nachhaltigen Schülerfirma in den klassischen Produktionsbereichen Bistro, Holz, Metall, Stoff und Papier. Damit nachhaltige Entwicklung Wirklichkeit wird, bemüht sich die Schülerfirma, Produkte herzustellen und zu vermarkten, die umweltgerecht zu nutzen sind und nach Gebrauch wiederverwertet oder recycelt werden können. Schülerinnen und Schüler der Förderschule Ganderkesee organisieren, wirtschaften, produzieren und vermarkten eigene Produkte. Dabei können sie sich beruflich orientieren, sich Arbeitstugenden aneignen, sie werden selbstbewusster und gewinnen dadurch (wieder) Motivation für schulische Inhalte. Die Pupils GMBH wurde im Jahre 2000 gegründet. Das Beispielhafte an dieser Schülerfirma ist ihre feste Einbindung in das Schulkonzept als „Pflichtveranstaltung“ für alle 8. und 9. Klassen. Jede Schülerin/jeder Schüler arbeitet ein Schuljahr (=Geschäftsjahr) in der Schülerfirma, und hat dabei die Auswahl zwischen den drei Abteilungen: der Kreativabteilung, der Abteilung Holz-Metallwerkstatt sowie der Cafeteria- und Cateringabteilung. Die Leitung der Schülerfirma für diese Zielgruppe liegt im Aufgabenbereich der Lehrkräfte. Buchführung, Lagerhaltung, Produktion, Verkauf und Marketing werden von den Mitarbeitern – den Förderschülern – selbstständig übernommen. Die Lehrkräfte übernehmen dort beratende Funktion. Die Schülerfirma Pupils GMBH beweist eindrucksvoll, dass die Methode Schülerfirma für Förderschüler ein wichtiges Förderinstrument darstellen kann.
Foto Pupils GMBH
Präsentation - Schülerfirma Pupils GMBH (Ghana Mit Bäumen Helfen)
Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie in den ausführlicheren Beschreibungen:
- http://www.nasch21.de/firmen/pupils_gmbh_01.html
- http://www.nasch21.de/firmen/pupils_gmbh_na.pdf
Kontakt
Pupils GMBH (Ghana Mit Bäumen Helfen)
Schule am Habbrügger Weg – Förderschule Lernen
Habbrügger Weg 4
27777 Ganderkesee
Tel.: 04222-2358
E-Mail: Pupils.GMBH@sfl-ganderkesee.de / foerderzentrum@sfl-ganderkesee.de
Ergebnisse der Werkstatt
Im Anschluss an die beiden Präsentationen entwickelte sich eine rege Nachfrage an Herrn Klüh und Frau Pape zu konzeptionellen, organisatorischen, rechtlichen Fragen sowie zum Alltag in den Schülerfirmen.
Foto Matthias Möller/Medial Mirage
Beide Schülerfirmen verdeutlichen die Bandbreite an Möglichkeiten, in denen sich das Konzept der Schülerfirma auch für benachteiligte Kinder- und Jugendliche umsetzen lässt. Die Ziele und auch der Betreuungsaufwand von Schülerfirmen mit benachteiligten Jugendlichen unterscheiden sich jedoch von denen mit Realschülern oder Gymnasiasten. Der Betreuungsaufwand und der Anleitungsbedarf sind in der Anfangsphase zwangsläufig intensiver bei Haupt- und Förderschüler als in Schülerfirmen mit Jugendlichen anderer Schulformen, in denen die Jugendlichen die Schülerfirma selbst leiten. Durch die Arbeit in der Schülerfirma haben die Jugendlichen – oft erstmalig – Erfolg. Sie lernen Betriebsabläufe kennen und nutzen diese für ihre Berufsorientierung. Durch die Ergebnisse ihrer Arbeit und den Kontakt zu Kunden und Unternehmen wird ihr Selbstbewusstsein gestärkt, sie trainieren soziale Kompetenzen und sie entdecken, dass es sich lohnt, wieder zu lernen.
„Es gibt echte Kunden, die mein Produkt kaufen und wertschätzen. Sie bezahlen dafür Geld. Es lohnt sich, sich dafür Mühe zu geben.“
Die Palette der Geschäftsideen kann sehr vielseitig sein und umfasst nicht nur „handfeste“ Produkte sondern auch Dienstleistungen in klassischen wie auch ungewöhnlichen Bereichen, wie die vorgestellte Artistikshow. Die Aktivitäten in den Schülerfirmen ermöglichen den Mädchen und Jungen, ihre Talente und Begabungen zu entdecken, Teamgeist und kommunikative Fähigkeiten zu entwickeln, Verlässlichkeit und Pünktlichkeit einzuüben sowie die Motorik (Zirkusschule) zu trainieren.
Foto Cirque Belle Europe
Ebenso ergeben sich neue Erfahrungsmöglichkeiten im Umgang mit den Mitschülern in der neuen Rolle als Mitarbeiter einer Firma, aber vor allem im Umgang mit anderen Erwachsenen, die als Kunden auftreten. Die Mädchen und Jungen sehen in den Schülerfirmen eine Chance, Geschäftsideen umzusetzen und berufsbezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, sie können durch die Mitarbeit im Projekt ihre Stärken und Schwächen im Hinblick auf einen späteren Beruf besser einschätzen und sich frühzeitig beruflich ausprobieren. Hinsichtlich des Übergangs von der Schule in die Arbeitswelt bereitet die Schülerfirma an Förder- und Hauptschulen die Jugendlichen auf das Betriebspraktikum vor. Ferner bieten Schülerfirmen ein betriebliches Erfahrungsfeld, was den Schülerinnen und Schülern hilft Kompetenzen zu entwickeln, die es ihnen ermöglichen, sich auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu orientieren.
Weiterführende Links zum Thema
www.transfer-21.de nachhaltige Schülerfirmen
www.wegefinden.net
Wege finden! gestärkt erwachsen werden.
Ein Förderprogramm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung.
www.schuelerfirmen.com
Was ist eine Schülerfirma? Wie gründet man eine Schülerfirma? Was gehört zu einem erfolgreichen Schülerfirmenkonzept? - Das und vieles mehr findet sich auf dieser informativen Internetseite
Dasecke, Rolf (o. J.): Nachhaltige Schülerfirmen, Wirtschaften in ökologischer, gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung
http://www.uni-koeln.de/ew-fak/konstrukt/didaktik/schuelerfirmen/artikel.pdf