Vier Fragen an das Projekt SprabiPiKs
Im Projekt „Sprachbildungsprofis in mehrsprachigen Kitas (SprabiPiKs)“ geht ein interdisziplinäres Team aus Erziehungswissenschaftlerinnen und Linguistinnen der Frage nach, wie die sprachbezogene Interaktionsqualität mit den individuell-professionellen Voraussetzungen von frühpädagogischen Fachkräften, mit der Leitung und Teamorientierungen in Bezug auf sprachliche Bildung und Mehrsprachigkeit sowie Bedingungen im Sozialraum in Beziehung stehen. Hierzu wurden qualitative Fallstudien in sechs Kitas durchgeführt. Je Kita stand dabei eine Fachkraft mit hohem formal-linguistischen Wissen im Fokus. In SprabiPiKs werden diese Fachkräfte als Sprachbildungsprofis bezeichnet. Aus der Perspektive der funktional-pragmatischen Linguistik haben die Forscherinnen der Universität Hildesheim die sprachbezogene Interaktionsqualität bestimmt und untersucht. Aus interkulturell-erziehungswissenschaftlicher Sicht haben die Hamburger Forscherinnen die professionellen Voraussetzungen der Fachkräfte sowie die Bedingungen, unter denen sie handeln, beleuchtet.
Um einen Einblick in die Arbeit des Projektes zu bekommen, haben wir vier Fragen an das Projektteam – bestehend aus den Wissenschaftlerinnen Drorit Lengyel, Tanja Salem, Elke Montanari und Barbara Graßer – gestellt.
Was ist das Ziel Ihrer Forschung?
Studien belegen wiederkehrend, dass die sprachbezogene Interaktionsqualität in sprachlich diversen Kitas in Deutschland verbesserungswürdig ist. Untersuchungen verweisen darauf, dass die Qualität nicht nur von den Fachkräften und ihren individuell-professionellen Voraussetzungen, sondern von einem kompetenten System abhängt. Bisher fehlen aber Studien, die die sprachbezogene Interaktionsqualität im Zusammenhang mit den Voraussetzungen frühpädagogischer Fachkräfte sowie den Bedingungen, unter denen sie handeln, tiefgehend untersuchen. Unser Ziel ist es, diese unterschiedlichen Facetten und ihre Wechselbeziehungen auszuleuchten und somit fundierte Erkenntnisse darüber zu erlangen, wie die sprachliche Bildung in mehrsprachigen Kitas so weiterentwickelt werden kann, dass Kinder bestmöglich in ihrem Sprachaneignungsprozess unterstützt werden. Die Studie soll damit einen Beitrag zur individuellen und institutionellen Professionalisierung in der Migrationsgesellschaft leisten.
Was macht für Sie eine gute Kita aus?
Eine gute Kita in der sprachlich diversen Migrationsgesellschaft Deutschland kennzeichnet, dass sprachliche Bildung als Thema verstanden wird, das die gesamte Einrichtung und alle Akteur:innen betrifft. Dazu gehören unter anderem die Leitungskräfte, die frühpädagogischen Fachkräfte, die Kinder und die Eltern. Eine gute Kita ermöglicht es den Kindern, dass sie auf all ihre Sprachen zurückgreifen dürfen und Sprachbildung in all ihren Sprachen erfahren. Sie berücksichtigt zudem, dass sprachliche Diversität alle Kinder betrifft, denn sie alle wachsen in einer sprachlich diversen Gesellschaft auf. Fachkräfte in einer guten Kita reflektieren ihre Interaktionen mit Kindern gemeinsam und fragen danach, wie ihr Handeln und die Bedingungen in der Kita kindgerichtet und differenziert gestaltet werden können.
Was sind aus Ihrer Sicht wichtige Baustellen für eine Verbesserung der Qualität in Kitas?
Eine wichtige Baustelle ist das Verständnis der sprachbezogenen Interaktionsqualität. Sprachlehrstrategien wie das korrektive Feedback, das handlungsbegleitende Sprechen oder das Stellen offener Fragen sind wichtige Elemente dieser. Dabei kommt es jedoch darauf an, dass sie in längere Interaktionen eingebettet sind und zur jeweiligen Situation und dem Kind passen. Es geht darum, dass Fachkräfte ihren Blick auf das individuelle Kind schärfen und die Verwobenheit sprachlicher Entwicklung mit weiteren Entwicklungsbereichen durchdringen, um dem Kind Angebote in der Zone der nächsten Entwicklung machen zu können. Eine weitere Baustelle ist die Berücksichtigung sprachlicher Diversität in der Kita. Es geht dabei nicht nur darum, über die Wertschätzung von Mehrsprachigkeit zu sprechen und sie in der Kita sichtbar zu machen, sondern viel grundlegender darum, dass Kita-Teams ihre Normen und Werthaltungen im Hinblick auf Mehrsprachigkeit reflektieren und sich angesichts einer sprachlich diversen Gesellschaft professionalisieren.
Wie können Kitas von Ihren Ergebnissen profitieren?
Unser forschungspraktisches Vorgehen sowie unsere Ergebnisse bieten wertvolle Anknüpfungspunkte, um Professionalisierungsprozesse durch praktische Reflexion zu unterstützen, die für die Konzeption und Gestaltung von Aus- und Weiterbildungsangeboten, aber auch im Rahmen von Reflexionsgesprächen in Kitas genutzt werden können.
Unsere Untersuchung bekräftigt Bemühungen, die sich auf die Wahrnehmung und Interpretation von sprachbezogenen Interaktionen zwischen Fachkräften und Kindern richten. Sie zeigt Potenziale für die Unterstützung von kindlichen Sprachaneignungsprozessen in unterschiedlichen Situationen auf, die über die Verwendung von einzelnen Sprachlehrstrategien hinausgehen. Zudem können unsere Ergebnisse Anregungen dafür bieten, dass Kita-Teams die eigenen Normen und Wertmaßstäbe im Hinblick auf Mehrsprachigkeit reflektieren und Möglichkeiten entwickeln, wie Mehrsprachigkeit als Ressource für die Bildungsprozesse aller Kinder zum Tragen kommen kann.
Nähere Informationen zum Projekt finden Sie hier:
Webseite des Projekts SprabiPiKs[1]
Weitere Projektvorstellungen finden Sie hier: