Interethnische Beziehungen zwischen jungen und älteren FacharbeiterInnen in Großbetrieben
Interkulturalität und Generation
Ausgehend von unterschiedlich ausgeprägten interkulturellen Kompetenzen und (Vor-)Erfahrungen jüngerer und älterer FacharbeiterInnen, besteht das Projektziel darin, Handlungsspielräume und Barrieren ihrer interkulturellen Zusammenarbeit im Betrieb zu analysieren, um auf dieser Basis betriebliche Maßnahmen zur nachhaltigen Förderung der interethnischen Beziehungen zu entwickeln. Dazu ist es geplant, den interkulturellen und intergenerationellen Integrationsprozess junger und älterer FacharbeiterInnen unter ‚ganz normalen’ Produktionsbedingungen in drei industriellen Großbetrieben zu untersuchen, die eine generationenübergreifende und zugleich interethnisch strukturierte Belegschaft beschäftigen. Auf der Grundlage qualitativer Interviews mit jüngeren und älteren FacharbeiterInnen werden empirisch gestützte Betriebsanalysen durchgeführt und darauf beruhend in Kooperation mit betrieblichen AkteurInnen zielgerichtete Maßnahmen zur Förderung der interkulturellen Zusammenarbeit im Betrieb entwickelt. Der Umsetzungsprozess der Maßnahmen wird wissenschaftlich begleitet und die Projektergebnisse werden in einem der Praxis zugänglichen Handbuch dokumentiert.
Kooperartionspartner des Projekts ist die IG Metall.
Ein zentrales Ergebnis des DJI-Xenos-Projekts "Auszubildende und junge ArbeitnehmerInnen werden aktiv" ist, dass Auszubildende aufgrund ihrer interkulturell erfolgten Sozialisation in Kindergarten und Schule vielfach eine hohe interkulturelle Kompetenz beim Eintritt in die Berufsausbildung mitbringen. Damit unterscheiden sie sich von älteren Belegschaften, für die das gemeinsame und selbstverständliche Aufwachsen in einem interkulturell geprägten sozialen Setting noch nicht die Regel war. Unsere Annahme ist, dass diese Unterschiede zwischen interkulturell hoch, aber beruflich noch wenig erfahrenen jüngeren Arbeitskräften und den durch die langjährige Berufspraxis geschulten älteren Arbeitskräften Konfliktpotentiale im interethnischen Umgang miteinander bergen. Daraus erwachsende mögliche Schwierigkeiten können sich ungünstig auf die effiziente und reibungslose Zusammenarbeit auswirken und die Zufriedenheit einer interethnischen Belegschaft beeinträchtigen. Für Unternehmen, die aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland sowohl auf den Einsatz qualifizierter junger Nachwuchskräfte als auch auf beruflich erfahrene ältere Arbeitskräfte angewiesen sind, sowie dauerhaft Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund benötigen, birgt dies die Gefahr von Produktivitätsverlusten.
Mit der Beschäftigung interkulturell erfahrener junger Nachwuchskräfte geht aber auch die Chance einher, dass die Betriebe deren interkulturelle Kompetenz als Potential erschließen und nutzen. Die jungen Nachwuchskräfte können aufgrund ihrer Einstellung und Arbeitshaltung dazu beitragen, offener oder latenter Kulturdistanz anderer Beschäftigten präventiv zu begegnen. Sie stellen ein Arbeitskräftepotential dar, das geeignet ist, die Kooperationsfähigkeit und Problemlösungskompetenz in interkulturell zusammengesetzten Belegschaften unterschiedlichen Alters zu fördern.
Zielgruppen
Vor diesem Hintergrund geht es in dem geplanten Forschungsprojekt darum, den betrieblich-sozialen Integrationsprozess junger FacharbeiterInnen in ihren ersten Berufsjahren und unter ganz normalen Produktionsbedingungen zu untersuchen. Die Zielgruppen sind technisch-gewerblich ausgebildete BerufsanfängerInnen verschiedener Herkunftskultur und unterschiedlichen Geschlechts. Dabei steht im Vordergrund, unter welchen betrieblichen Bedingungen sich positive bzw. negative Entwicklungen in der Zusammenarbeit von interkulturell zusammengesetzten und verschiedenen Altersgenerationen angehörenden Belegschaften zeigen und in welcher Weise das in interethnischer Hinsicht konfliktvermindernde Potential der jungen Nachwuchskräfte Wirkung entfalten kann. Die Untersuchung wird in der Metallbranche durchgeführt, in der traditionell vor allem Männer arbeiten. Die vorliegenden Ergebnisse des o.g. DJI-Xenos-Forschungsprojekts zeigen, dass die wenigen in dieser Branche technisch-gewerblich ausgebildeten Mädchen eine sehr hohe soziale Kompetenz mitbringen, die bereits im Ausbildungsalltag zur Föderung der interkulturellen Beziehungen wesentlich beiträgt. Ob und inwieweit ihnen dies auch künftig als junge Facharbeiterinnen in einem männerdominierten Arbeitszusammenhang gelingt, ist eine weitere Fragestellung des Projekts.
Konzeptionelle Grundlagen
Das konzeptionelle Design des Forschungsvorhabens liegt im Schnittpunkt von Migrationsforschung, Frauen- und Geschlechterforschung sowie Generationenforschung. Aus einer sozialkonstruktivistischen Perspektive werden die Herausbildung, Veränderung und gegebenenfalls Neukompositionen von Ethnie-, Generationen- und Geschlechterverhältnissen auf der mikropolitischen Ebene von Betrieben analysiert.